Zwischen Pommesknick und Kochbegeisterung: Auch in Südniedersachsen veränderter Kartoffelmarkt durch Corona

Für Niedersachsens Landwirtschaft spielt die Kartoffel durchaus eine Rolle, in Niedersachsen werden bundesweit die meisten Kartoffeln angebaut. Veränderungen des Marktes bekommen die Bauern zu spüren. Während des Lockdown in der Corona-Krise wurden die meisten Mahlzeiten zu hause eingenommen. Kantinen, Mensen und Gastronomie waren geschlossen. Das führte beim Absatz zu einer Verschiebung von verarbeiteten Produkten hin zu frischen Kartoffeln. Die Lager, so der Bauernverband, seien voll mit Tausenden Tonnen Kartoffeln, die eigentlich zu Pommes verarbeitet werden sollen, für die es aber lange keine Abnehmer gab. Vom Pommesknick spricht die Branche. Laut einer Einschätzung des Bauernverbandes vor der Wiederöffnung der Gastronomie, könne es um 350000 Tonnen Kartoffeln gehen, die auf dem Müll landen könnten. Auf noch sehr gut gefüllte Lager schaut auch Anja Freckmann vom Kartoffelhof Freckmann in Seulingen. Der Betrieb verkauft seine Kartoffeln auch geschält, in verschiedenen Schnitten, und auch vorgegart. „Wir liefern viel an Kantinen, Schulen und Kindergärten“, so Freckmann. Das sei in den vergangenen Wochen alles weggefallen und damit auch ein beträchtlicher Teil des Umsatzes. Der Verkauf über die Supermärkte und Wochenmärkte sei aber gut bis normal gewesen. Und bis August könnten die Kartoffeln noch eingelagert werden, so Freckmann. Der Betrieb verfügt über ein eigenes Kartoffellager. Die Kartoffeln lagern hier bei einer Idealtemperatur zwischen 4,5 Grad und 6 Grad, sowie einer Luftfeuchtigkeit von konstant 95 Prozent. Ab August muss aber Platz gemacht werden für die neue Ernte. Lager werden leer sein: Eher mehr Kartoffeln verkauft hat der Werderhof in Göttingen. Ein Gastronom werde beliefert, ansonsten „verkaufen wir nur über unseren Hofladen, die Wochenmärkte und Straßenstände“, so Cornelia Rabe vom Werderhof. Und da hätten sie profitiert vom erwähnten Trend der Coronazeit, dass die Leute wieder mehr zu Hause kochen. Die Lager, so schätzt Rabe, werden bei ihnen zum Spätsommer hin leer sein. Manchmal, wie nach dem besonders trockenen Sommer 2018, seien die Kartoffeln auch schon in Frühjahr ausverkauft. Im vergangenen Jahr sei die Ernte jedoch noch recht gut gewesen, der Regen sei noch rechtzeitig für die Kartoffeln gekommen, so Rabe. In Niedersachsen werden bundesweit die meisten Kartoffeln angebaut. Das sind etwa 40 Prozent der deutschen Erntemenge. Im vergangenen Jahr ernteten die niedersächsischen Kartoffelbauern auf einer Anbaufläche von 114000 Hektar insgesamt 4,1 Millionen Tonnen Kartoffeln. Für die Anbauer sei die Kartoffelernte 2019 ähnlich wie bei allen anderen Feldfrüchten eher enttäuschend ausfallen, so der Landvolk-Pressedienst. Schätzungen vom Oktober 2019 gingen von einer Gesamternte in Höhe von 10,4 Millionen Tonnen aus. Der Kartoffelverzehr der Bundesbürger pendelte lange hart unter der Menge von 60 Kilogramm je Kopf und Jahr und sei im Wirtschaftsjahr 2017/18 wieder leicht angezogen. Er erreichte eine Marke von 60,4 Kilogramm. In den vergangenen Jahren hatte der Verbrauch frischer Kartoffeln für die Verwertung in der eigenen Küche eher abgenommen, der Konsum an fertigen Kartoffelerzeugnissen dagegen sei gestiegen, so der Landvolk Pressedienst. In der Lüneburger Heide werden bereits jetzt die ersten Frühkartoffeln geerntet. Windgeschützte Lagen, eine Frostschutzberegnung und viel wärmendes Vlies haben auch im Burgdorfer Land eine frühe Ernte ermöglicht. In Südniedersachsen ist es noch nicht so weit „Wir warten noch ein bisschen“, sagt Freckmann. Das tue dem Geschmack der Knollen gut. Erst im Juni geht es hier in der Region los. So um den 20. herum könne es soweit sein, sagt Rabe. Preise stabil: Insgesamt dürften die Frühkartoffelpreise in diesem Sommer nach Angaben des Landvolk Niedersachsen auf Vorjahresniveau liegen. Die Corona-Krise hätte die Nachfrage nach Kartoffeln im März deutlich steigen lassen. Es sei aber noch zu früh, über Preise der später zu erntenden Sorten nachzudenken. Von Christiane Böhm

Veränderter Markt - Kartoffelbauern: Zwischen Pommesknick und neuer Kochbegeisterung