Hann. Münden: Kino steht kurz vor dem Aus

Die Schiller-Lichtspiele in Hann. Münden, das traditionsreiche Kino in der Langen Straße, stehen vor dem Aus: Momentan wird nach der Insolvenz des Lichtspieltheaters im Dezember das Inventar versteigert, und sollte sich bis zum Auktionsende Ende Januar kein neuer Pächter finden, dürfte das Kino bereits im Februar Geschichte sein. Lesen Sie auch Kino und Corona: Betreiber Flebbe fürchtet um Existenz der Branche Kinos in der Region Göttingen und Duderstadt im Überlebenskampf Göttinger Programmkino Méliès: Rundgang durch eine Kirche Ausstehende Mietzahlungen, Insolvenzantrag, Zwangsräumung, Zwangsvollstreckung: Nicht nur wegen der Corona-Pandemie, die im vergangenen Jahr kaum Einnahmen ermöglichte, geht das Jahr 2020 als das bisher schwärzeste in die Geschichte des Traditionskinos ein. Laut Rechtsanwalt Andreas Kilian aus Wiershausen, der den Eigentümer, die Erbengemeinschaft Schiller vertritt, hatte der bisherige Kinobetreiber versucht, über eine „Eigeninsolvenz“, also eine Insolvenz in Eigenverwaltung, das Kino weiterzubetreiben. Diesem Ansinnen habe jedoch Insolvenzverwalter Dr. Peter Staufenbiel aus Göttingen einen Riegel vorgeschoben. Die Insolvenz sei am 18. Dezember am Amtsgericht Göttingen beantragt worden. Auktion läuft bis zum 28. Januar um 9 Uhr: Wie Kilian bestätigte, war dem Insolvenzantrag eine für die Erbengemeinschaft wenig einträgliche Zeit vorausgegangen: Offenbar zahlte der Kinobetreiber jahrelang keine Miete, zudem wurden Nebenkosten nicht beglichen. Ein Rechtsanwalt aus Witzenhausen, der von der Erbengemeinschaft konsultiert worden war, habe das Verfahren verschleppt, bis schließlich Kilian als neuer Rechtsbeistand sowohl Mietzahlungen als auch Räumung beantragt habe. Das Inventar der beiden Kinosäle und die Projektoren sollen nun beim Göttinger Auktionshaus Proventura in einer Auktion, die bis zum 28. Januar um 9 Uhr läuft, unter den Hammer kommen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit der sogenannten Komplettübernahme zur Nachmiete. „Wir hätten nichts dagegen“, sagt Carsten Engel vom Auktionshaus Proventura, das bundesweit operiert. Die Schiller-Lichtspiele seien das einzige Kino, das von ihnen momentan „inventarisiert“ wird, so Engel. In der Hann. Mündener Altstadt verbergen sich die „Schiller-Lichtspiele“ hinter einer historischen Tür und einem Eingangsbereich mit Hinterhofcharme. Das Kino dürfte inzwischen das mit der längsten Geschichte in der Region sein: Bereits 1910 zeigte Friedrich Paul Schiller Stummfilme in seinem „Bioskoptheater“ am Markt, zwei Jahre später erfolgte der Umzug an den heutigen Standort an der Langen Straße. Im Laufe der Zeit gab es wechselnde Inhaber, der bis dato letzte Betreiber-Wechsel erfolgte 2006. 2009 wurden die Schiller-Lichtspiele digitalisiert, 2012 der Balkon zu einem zweiten Kinosaal umgebaut. Seitdem verfügt das Kino über mehr als 250 Plätze. Unterdessen ist die Chance auf eine Übernahme und einen Weiterbetrieb seit Mitte Januar weiter gesunken, wie Rechtsanwalt Kilian am vergangenen Donnerstag berichtete: Am Tag zuvor sei einer von zwei ernsthaften Interessenten abgesprungen. Damit bleibt nur noch einer übrig, und die Zeit bis Ende Januar wird knapp. „In Zeiten von Corona einen neuen Kinobetreiber zu finden, ist schwierig“, unterstreicht Kilian. Eine Verlängerung der Auktion, etwa um einen Monat, wäre in dieser Hinsicht „spannend“, findet Kilian, müsse jedoch von Insolvenzverwalter Staufenbiel zusammen mit Proventura entschieden werden. Staufenbiel, der noch andere Gläubiger vertritt, winkt jedoch ab: „Ich bin nicht vom Gericht beauftragt worden zu spekulieren. Man kann sich noch mal mit Fachleuten abstimmen, aber die Erfahrung sagt mir, dass man nicht mehr zuwarten sollte“, sagt der Insolvenzverwalter. „Mir ist der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach, und es hängen mehrere Gläubiger dran.“ Er drücke jedoch für einen schnellen Erfolg die Daumen. Das tut auch Tobias Vogeley, Wirtschaftsförderer der Stadt Hann. Münden: „Es wäre sehr unglücklich, wenn es in Hann. Münden keinen Kinobetrieb mehr geben sollte“, sagt er. Damit sich ein Weiterbetrieb rechnet, könne er sich eine kombinierte Nutzung mit einerseits „Blockbuster“-Kinoprogramm und andererseits Veranstaltungen vorstellen, wie es das„Capitol“ in Witzenhausen handhabt: „Es kann nur in einer gemischten Nutzung stattfinden.“ Erbengemeinschaft hat Interesse an Weiterbetrieb: Die Erbengemeinschaft Schiller jedenfalls hat laut Rechtsanwalt Kilian aus historischen Gründen ein großes Interesse an einem Weiterbetrieb – nur wird die Zeit knapp. „Die Auffassung ist, dass man ein schönes, charmantes Kino mit zwei Sälen in Fachwerkkulisse und guten Rahmenbedingungen zu bieten hat, mit dem man nach dem Lockdown gutes Geld verdienen kann“, sagt Kilian. Ende vergangener Woche stand noch eine Besichtigung an, aber seitdem der aussichtsreiche Kandidat am Mittwoch das Interesse verloren hat, ist Kilian skeptisch, ob es doch noch mit einer Komplettübernahme klappt. So wie es aussieht, wird Ende Januar das Buch der Schiller-Lichtspiele in Hann. Münden zugeklappt. Von Eduard Warda