Karneval in der Region Göttingen: Wenn Kinder zu viel Alkohol trinken

Ob Büttenabend, Umzug oder Karnevalsdisko: Der Alkohol ist aus den närrische Veranstaltungen nicht wegzudenken. Übermäßiger Alkoholkonsum ist auch bei Minderjährigen ein Thema. Im Jahr 2017 sind 14 900 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren stationär im Krankenhaus behandelt worden, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Dies seien zwar 1,6 Prozent weniger als noch 2016, aber seit der Jahrtausendwende habe sich die Zahl mehr als verdoppelt. Regelmäßiger Alkoholkonsum nimmt ab: Dieter Seliger ist in der Jugendarbeit in der Samtgemeinde Gieboldehausen tätig. Er bestätigt, dass Alkohol für Jugendliche immer noch dazu gehöre – getreu dem Motto: „Feiern ohne Alkohol ist keine Party.“ Dennoch sei die Zahl von Jugendlichen, die trinken, „gefühlt“ zurückgegangen. „Es gab Zeiten, da wurde exzessiver getrunken“, sagt Seliger über das Trinkverhalten der Jugendlichen. Aktuelle Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) geben Seliger Recht. So sei der regelmäßige Konsum – mindestens einmal in der Woche trinken – von Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren im Jahr 2018 auf 8,7 Prozent gesunken. 2004 lag der Wert in dieser Altersgruppe noch bei 21,2 Prozent. Cannabis ähnlich problematisch wie Alkohol: Suchttherapeutin Friederike Smilge von der Fachstelle für Suchtprävention und Rehabilitation vom Caritas-Centrum in Duderstadt berichtet, dass in die Suchtberatung Minderjährige eher wegen illegaler Drogen, insbesondere Cannabis, kämen. Was den Konsum angehe, sei „Cannabis so gut wie gleich auf mit Alkohol“. Im vergangenen Jahr hätten 42 Prozent der Ratsuchenden ein Problem mit Alkohol gehabt, 34 Prozent mit Cannabis. Ein Großteil von ihnen sei zwischen 15 und 25 Jahre alt. Der Kontakt entstehe oft durch Auflagen des Gerichts. Laut Jacqueline Emmermann, Beauftragte für Jugendsachen der Polizeiinspektion Göttingen, sind für das Eingreifen der Polizei besonders zwei Faktoren entscheidend. Zum einen ginge es darum, ob ein Erziehungsberechtigter anwesend und zum anderen wie hoch der Grad der Alkoholisierung sei. Sind die Erziehungsberechtigten nicht anwesend, werden sie von der Polizei über den Zustand des Kindes informiert und müssen ihr Kind dann abholen. Die Polizei kann das Kind unter Umständen vorläufig in Obhut nehmen und gegebenenfalls auch den Rettungswagen alarmieren. Für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes, unter anderem also auch den Ausschank von alkoholischen Getränken, sind die Kommunen zuständig. Doch auch die Polizei kann hier in dringenden Fällen eingreifen. Alkoholische Getränke dürfen an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht abgegeben werden, branntweinhaltige Getränke gibt es erst ab 18 Jahren. Volljährige, die Alkohol an minderjährige Freunde weitergeben, die ihn noch nicht konsumieren dürfen, begehen eine Ordnungswidrigkeit. asw Ähnliche Beobachtungen macht auch Aline Rheinfurth von der Fachstelle für Sucht und Suchtprävention der Diakonie in Göttingen. Von circa 350 Personen, die im vergangenen Jahr wegen Alkoholmissbrauch in die Beratungsstelle kamen, waren knapp 20 minderjährig. 130 Personen, suchten wegen Cannabis die Beratung auf. Von ihnen waren ebenfalls 20 minderjährig. Alkoholmissbrauch trotzdem weiter Thema: Laut Smilge sei die größte Gruppe der Personen, die sich wegen Alkoholmissbrauch bei der Caritas in Duderstadt beraten ließen, zwischen 45 und 65 Jahren alt. Als „fatal“ beurteilt Smilge jedoch die Aussage einiger Eltern „Hauptsache, mein Kind nimmt nichts Illegales!“, wenn es zu übermäßigem Alkoholkonsum bei Jugendlichen komme. Für den Ball der Lutze in Gieboldehausen zieht Seliger eine positive Bilanz – bis jetzt seien noch keine besonderen Vorkommnisse bekannt, sagte er am Montag. Generell seien die Vereine und Verbände für die Problematik sensibilisiert und hielten den Jugendschutz gut ein. „Was außerhalb passiert“, sagt Seliger weiter, „kann natürlich niemand kontrollieren“. Er bezieht sich dabei auf das sogenannte „Vorglühen“ – das Trinken von größeren Mengen Alkohol vor dem eigentlichen Beginn der Veranstaltung – und das Selbstmitbringen von alkoholischen Getränken. In Göttingen bleibt es ruhig: Jörg Arnecke, Hauptkommissar der Polizeiinspektion Göttingen, hat in den vergangenen Jahren keinen Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen bei Rosenmontagsveranstaltungen feststellen können. Auch in die Universitätsmedizin Göttingen seien weder in diesem noch im vergangen Jahr zu Karneval vermehrt Kinder und Jugendliche aufgrund von Alkoholmissbrauch eingeliefert worden, teilt Pressesprecher Stefan Weller mit. Von Asja Wortmann und Pascal Wienecke

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