Praktikum: Warum Corona für BBS-Schüler aus Duderstadt ein Problem ist

Lockdown und Beschränkungen sollen helfen, die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu bremsen. Die Auswirkungen bekommen nicht nur Betriebe zu spüren, die derzeit geschlossen sind. Für viele junge Menschen ist es zurzeit schwer, ein Praktikum zu absolvieren. Doch genau das ist vielfach Voraussetzung, um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Aileen Müller und Jana Celine Dorenwendt besuchen die Berufsqualifizierende Berufsfachschule an der BBS Duderstadt. Die beiden angehenden Kosmetikerinnen stehen derzeit genau vor diesem Problem. Innerhalb ihrer zweijährigen Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin müssen sie 560 berufspraktische Stunden in einem externe Betrieb nachweisen können. Normalerweise sind die 16-jährige Dorenwendt und die 19-jährige Müller zwei Tage in der Woche in der Schule, drei Tage arbeiten sie in einem Kosmetikstudio. Doch das ist zurzeit nicht möglich, denn in Niedersachsen mussten Kosmetikstudios im Zuge des Teil-Lockdowns schließen. Das betrifft auch das Kontur Kosmetikstudio von Kerstin Vollmer in Göttingen, wo Dorenwendt ihre Praxisstunden absolvieren wollte. Und auch Müller hat zurzeit keine Möglichkeit, ihre betrieblichen Erfahrungen in der Ruhe-Lounge in Duderstadt zu sammeln. In Niedersachsen geschlossen, in Thüringen geöffnet: Schüler, die indes im benachbarten Thüringen einen Betrieb für den berufspraktischen Teil gefunden haben, seien da im Vorteil, sagt Sabine Freese, Schulleiterin der BBS Duderstadt. Dort seien nämlich Kosmetikstudios weiterhin geöffnet. „Das ist nicht nachvollziehbar und sollte einheitlich geregelt sein,“ meint Studioinhaberin Vollmer. Und die Göttingerin geht noch weiter: „Selbst die Kanzlerin kann nicht erklären, warum ein Kosmetikstudio schließen muss, ein Friseur aber geöffnet bleiben darf.“ Für die 16-jährige aus Rittmarshausen sei das natürlich eine missliche Situation, denn die praktische Arbeit im Betrieb soll ja die Ausbildung an der Schule ergänzen. „Es ist ein Unterschied, ob man den Fuß eines älteren Menschen kosmetisch behandelt oder den einer jungen Mitschülerin“, sagt Vollmer. Auch sollen die betrieblichen Einsätze den angehenden Kosmetikerinnen den Umgang mit Kunden und die Arbeitsabläufe im Alltag nahe bringen. „Es geht nichts über learning by doing“: Vollmer stellt ihrer jungen Mitarbeiterin für die Zeit, in der diese keine Möglichkeit habe, praktisch im Betrieb zu arbeiten, Material und Linktipps zu Videos über spezielle Behandlungsmethode wie etwa das Schröpfen zur Verfügung. Doch ohne das praktische Üben – „es geht nichts über learning by doing“ – sei das auch nur eine Notlösung, weiß Vollmer. Lesen Sie auch: Schwierige Lage durch Corona: Schüler in Göttingen finden kein Praktikum Das sehen auch Müller und Dorenwendt so. „Im Betrieb ist man mehr auf sich allein gestellt und auch die Abläufe sind anders“, sagt die 19-jährige Gieboldehäuserin. Zusätzlicher Unterrichtstag: Die BBS Duderstadt bietet den Schülerinnen im Kosmetikbereich zurzeit einen zusätzlichen Tag Unterricht an, sagt Fachlehrerin Iris Schwedhelm. Doch auch wenn das organisatorisch für die Schule einen Mehraufwand bedeute, sei das nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, ergänzt die Schulleiterin. So versuche die Schule zu helfen, wo es geht, doch ob die Auszubildenden der Berufsqualifizierenden Berufsschule bis zu ihrer Prüfung alle geforderten Praxisstunden vorweisen können, sei nicht klar. Offen sei noch, ob am Ende entschieden werde, dass aufgrund der besonderen Situation die Stunden als geleistet angerechnet werden oder vielleicht nach der Prüfung nachgeholt werden können. Mehrere Absagen bekommen: Ähnlich gelagert ist das Problem von Kimana Kowalski. Die 17-Jährige besucht die elfte Klasse der Fachoberschule Gesundheit und Soziales an der BBS in Duderstadt. Sie muss an drei Tagen in der Woche ein schulbegleitendes Betriebspraktikum von zusammen mindestens 960 Stunden absolvieren. Dieses soll laut Vorgabe „in einschlägigen Einrichtungen, das heißt in ambulanten beziehungsweise stationären Therapieeinrichtungen“abgeleistet werden. Doch wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen ist es zurzeit schwierig, gerade in diesen Bereichen entsprechende Einsatzstellen zu finden. Das hat die junge Frau aus Jützenbach schon festgestellt. Sie hätte gerne das Praktikum bei einem Kinderarzt oder Allgemeinmediziner gemacht, oder aber in einer Rehapraxis oder im Fitnessstudio – doch von den angefragten Betriebe habe sie Absagen erhalten. Jetzt hofft Kowalski, dass ihre anderen Bewerbungen Erfolg haben. Denn sonst sehe es eng aus, bis zum Abschluss des Schuljahres die geforderten 960 Stunden zu absolvieren. Lesen Sie auch: Neue Corona-Regeln an den Schulen in Göttingen: Das sagen Betroffene Duderstadt: Corona-Fall an den Berufsbildenden Schulen aufgetreten Corona-Schulstart: Auch an den Berufsschulen läuft der Unterricht wieder an Schwierige Lage durch Corona: Schüler in Göttingen finden kein Praktikum Fachoberlehrerin Sandra Beitze gibt zu bedenken, wie wichtig die Praktika seien. Denn die Fachoberschüler müssten sich ja mit denjenigen messen, die eine dreijährige Ausbildung haben. Da helfe es nicht, wenn die Praktikumsstunden zwar als geleistet angerechnet würden, obwohl sie tatsächlich nicht möglich waren. Von Britta Eichner-Ramm