Eichsfelder CDU-Urgestein Lothar Koch zieht sich aus der Politik zurück

Über Jahrzehnte kam man auf der politischen Bühne in Niedersachsen und in Südniedersachsen nicht am Namen Lothar Koch vorbei. Seit mehr als 48 Jahren ist der CDU-Mann nun schon aktiv – öffentlich wahrnehmbar, vielfach aber auch als Netzwerker im Hintergrund. „Politik ist mein Leben“, sagt Koch. Jetzt soll damit Schluss sein. Der 82-jährige Duderstädter hat seinen Rückzug zum Ende der laufenden Kommunalwahlperiode angekündigt. „Ich höre jetzt mit allem auf“, sagt Koch und meint damit seine Mandate im Kreistag Göttingen, im Rat der Stadt Duderstadt und als Ortsbürgermeister von Langenhagen-Brochthausen. Aus der Landespolitik hatte er sich bereits 2017 zurückgezogen – nach mehr als 23 Jahren. Er stecke in vielen Themen drin und „lebe Politik“, so Koch. „Aber die örtlichen Probleme sehe ich zunehmend mit Distanz.“ Das war nicht immer so, wie im Gespräch mit dem Christdemokraten über seine Zeit als Politiker aus dem Eichsfeld schnell klar wird. Seine Heimat und die Menschen in der Region bestimmten stets Kochs Einsatz. In nackten Fakten liest sich das auf kommunalpolitischer Ebene so: Seit 1973 ist er ununterbrochen Ortsbürgermeister und ebenso lange Mitglied im Rat der Stadt Duderstadt. Zehnmal wurde er zudem in den Kreistag wiedergewählt, dem er seit 1981 angehört. Außerdem war Koch von 1986 bis 2001 Bürgermeister der Stadt Duderstadt. „Handelnde Personen einbinden“: Vor allem sei es wichtig, „die handelnden Personen einzubinden und Interessensidentität herzustellen“, meint der Politiker, „egal wo sie weltanschaulich oder politisch stehen.“ Rückblickend auf seine politischen Aktivitäten sei das meist gelungen, bilanziert Koch. Der Christdemokrat spricht von „guten Kontakten“, und zwar auch zu Menschen, die nicht in seiner Partei seien. Mit dem verstorbenen Göttinger SPD-Bundestagsabgeordneten Thomas Oppermann sei er beispielsweise eng befreundet gewesen, und auch mit dem Grünen-Landratsabgeordneten Stefan Wenzel sei die Zusammenarbeit unproblematisch gewesen, erinnert sich Koch. „Ideen als Potenzial und auch als Chance zu begreifen“ hält der altgediente Politiker für wichtig. So seien in der Stadt viele Zeugnisse der Heimatliebe des Duderstädter Ehrenbürgers und Unternehmers Hans Georg Näder zu finden, so Koch. Lothar Koch wurde am 27. September 1939 in Hilkerode geboren. Er ist seit 60 Jahren verheiratet mit Eva-Maria Koch. Das Paar lebt in Langenhagen und hat drei Söhne und drei Enkelkinder. Koch studierte nach seinem Abitur 1961 Lehramt in Göttingen und Germanistik und Politikwissenschaften in Göttingen und Berlin, zeitweise parallel zu seiner Tätigkeit als Schulleiter in Desingerode, Langenhagen und Gieboldehausen. Später leitete Koch das Schulaufsichtsamt in Göttingen. Seit 1973 ist er Ortsbürgermeister der Ortschaften Langenhagen und Brochthausen und Mitglied im Rat der Stadt Duderstadt. 1976 trat er in die CDU ein. Seit 1981 sitzt Koch, der von 1986 bis 2001 Bürgermeister der Stadt Duderstadt war, im Kreistag. Von 1994 bis 2017 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtages. 2001 wurde er zum Ehrenbürgermeister der Stadt Duderstadt und zum stellvertretenden Landrat des Landkreises Göttingen ernannt, seit 2020 ist er Ehrenlandrat. Abgesehen von seinen politischen Aktivitäten ist Lothar Koch in zahlreichen Vereinen und ehrenamtlich engagiert. Außerdem erhielt er zweimal das Bundesverdienstkreuz – 1998 durch Bundespräsident Roman Herzog und 2018 (1. Klasse) durch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier. Lang ist die Liste der verschiedenen Ämter Kochs, von denen er sich ebenfalls zurückzieht oder bereits zurückgezogen hat: unter anderem aus den Aufsichtsräten der Eichsfelder Wirtschaftsbetriebe und der Landesausstellung Niedersachsen im Städtebau Duderstadt, aus dem Verwaltungsrats der Sparkasse Duderstadt oder dem Brandkassenausschuss der VGH Hannover. Auf der „Erreicht“-Liste Kochs steht unter anderem der Erhalt des Bundesgrenzschutzes (heute Bundespolizei) am Standort Duderstadt, die Landesausstellung Natur im Städtebau (LNS) 1994 in Duderstadt oder der Fortbestand von Amtsgericht und Berufsbildender Schule vor Ort. Auch dass Duderstadt mit gleich fünf Dörfern in die Dorfentwicklung gekommen sei und ein „Investment von 32 Millionen für das Krankenhaus St. Martini festgeschrieben werden konnte“, freut Koch. „Es ist für uns ein Riesengewinn, dass wir das Krankenhaus haben“, ist der 82-Jährige überzeugt. Ja und Nein zu Fusionen: Ehrenlandrat Koch lobt die Arbeit von Landrat Bernhard Reuter (SPD) und bezeichnet die Fusion Göttingens mit dem Landkreis Osterode. „Das war ein Kraftakt“, so Koch. Dass sich der Duderstädter Rat gegen Reuters favorisierte Fusion der Sparkassen und für die Eigenständigkeit der Sparkasse Duderstadt ausgesprochen hat, hält Koch hingegen nach wie vor für die richtige Entscheidung. Was den zunächst nicht bewilligten Bundeszuschuss für die Sanierung des Freibades Duderstadt angeht, sagt Koch: „Das kann nicht das letzte Wort sein“. Da bedürfe es der großem Koalition, was die Fürsprache der Bundestagsabgeordneten angeht. Mit Blick auf die Zukunft der Hallenbad-Immobilie äußert sich das Kreistagsmitglied Koch „traurig, dass ich im Kreistag keine Mehrheit für die Nutzung als Sportstätte finde“. Lesen Sie auch Lothar Koch scheidet aus dem Landtag aus Lothar Koch erhält Bundesverdienstkreuz Lothar Koch wird 80 Rat Duderstadt Piri rückt für Feike nach, Koch gibt Amt ab Landkreis Göttingen bekommt zwei Ehrenlandräte Sorgen macht sich Koch über die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Lockdowns. „Ich fürchte, dass das noch erhebliche soziale Folgen hat“, meint er und nennt zum Beispiel die Vereinsarbeit oder den Verlust kultureller Begegnungen. Außerdem hoffe er, dass die Duderstädter Innenstadt lebendig bleibe. Viel Zeit zum Lesen: Kochs Rückzug aus der Politik hat auch gesundheitliche Gründe. Im November vergangenen Jahres musste er sich einer Herz-OP unterziehen. Während er als Landtagsabgeordneter noch viele Nächte im Monat in Hannover im Hotel zugebracht habe, verbringt er inzwischen die meiste Zeit in seinem Wohnort Langenhagen und verbringt viel Zeit mit Lesen. „Ich bin ein leidenschaftlicher Leser“, sagt er. Vom Tageblatt bis hin zum Wirtschaftsmagazin lese er alles, was ihm in die Finger komme, „und wenn es eine Frauenzeitschrift ist“. „Auf dem Land wohnt man wunderbar“, betont er. Gleichwohl stellt er auch fest, dass es vielfach kaum noch eine Grundversorgung auf den Dörfern gebe und es auch um den ÖPNV nicht besonders gut bestellt sei. Um diese Aufgaben werden sich nach der Kommunalwahl andere kümmern müssen. Von Britta Eichner-Ramm