Region Göttingen/Eichsfeld/Harz: Weihnachtskrippen sind aufgebaut

In Fredelsloh sind die Krippenfiguren aus Ton, in Gieboldehausen aus der Holzschnitzer-Hochburg Oberammergau, in St. Albani in Göttingen gibt es einen ganzen Christgarten. In vielen Kirchen wurden in den vergangenen Tagen die Krippen aufgebaut, sie sind über Weihnachten und in den Tagen danach zu besichtigen – immer unter Einhaltung der Hygienevorschriften. Text Gieboldehausen: Detailverliebt bis hin zu den Vögeln: Seit mehr als 50 Jahren wird die große Krippe in der Gieboldehäuser Kirche aufgebaut. Den gesamten Chorraum nutzt die Krippenbruderschaft in St. Laurentius für ihre Darstellung. Noch bis zum 27. Januar lässt sie sich bestaunen. Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium wird im Altarraum der St.-Laurentius-Kirche plastisch. In der Mitte befindet sich der Stall mit der Krippe, darüber ist das Kreuz des Altars zu sehen und über allem die Taube als Zeichen des Heiligen Geistes. Nur allmählich entdecken Besucher die Detailverliebtheit der rund 15 Krippenbauer, die sich vor mehr als 55 Jahren zu einer Krippenbruderschaft zusammenfanden. Tannen werden in Etagen verbaut, der Altarraum gleicht einem großen Weihnachtswald. Mehrere Tage dauerte der Aufbau, der in diesem Jahr nur in Kleingruppen stattfand. Jeweils zwei Ehepaare arbeiten zusammen. In den Wipfeln sind Vögel Zuschauer des Geschehens. Der Esel liegt im Stall, es duftet nach Tannen, Moos und Rinde. Gersten, Rogge und Weizen liegen im Stall, daneben steht ein Weinstock. Ein echtes, ausgestopftes Lämmchen zieht besonders die Kinder an. Fast 40 Figuren, handgeschnitzt aus Oberammergau und um die 80 Zentimeter groß, machen seit 1971 biblische Geschichte lebendig, auf Augenhöhe mit den Besuchern der Krippe. Das Heilsgeschehen von vor 2000 Jahren wird hier mit der Gegenwart verknüpft: Viele der Figuren tragen Trachten, genäht von den Frauen der Krippenbrüder. Friedland: Pater bringt das Jesuskind an Heiligabend: In der Friedländer Heimkehrer-Kirche pflegt Pater Tomasz Sałapata, seit 2015 als Pfarrvikar für die Sankt Norbert Gemeinde und auch für die polnisch-katholische Mission zuständig, ein ganz besonderes Ritual. Das Christkind wird, wie es auch in der Realität geschehen sein soll, in einer Höhle geboren, berichtet Marlies Schügl vom Patroralrat. „Lange Jahre wurde die Darstellung der Geburt Christi, auch in Friedland, in einem von vielen ehrenamtlich engagierten Pfarreimitgliedern wunderbar gestalteten, großen Stall präsentiert. Dann hat man sich gemeinsam für einen anderen, kleineren, den im Evangelium verkündeten Ort der Höhlendarstellung, entschieden.“ Seither legt der Pater, begleitet durch eine feierliche Kerzenprozession zu Beginn der Christmette, das Jesuskind in einer im Umfeld höhlenartig dargestellten Krippe ab. Die Christmette am Heiligen Abend beginnt um 22 Uhr. Eine Anmeldung ist erforderlich. Die St.-Norbert-Kirche am Heimkehrerplatz in Friedland, direkt gegenüber des Aufnahmelagers, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, sofern sich keine Änderung wegen der bestehenden Covid-19 Pandemie und der behördlichen Vorgaben ergeben. Private Krippensammlung aus aller Welt in Mingerode: Ihre erste Krippe habe sie im Alter von zehn Jahren geschenkt bekommen, erinnert sich die heute 80-jährige Hiltrud Deppe. Inzwischen hat sie eine stattliche Sammlung von Krippen aus aller Welt zusammengetragen. Dabei sind Exponate aus allen Teilen der Erde vertreten: ob Namibia oder Burkina Faso, die Mongolei, Mexiko oder Neuseeland, Israel oder Polen – die private Krippensammlung von Familie Deppe wächst stetig – auch einige kuriose Stücke sind dabei. So zum Beispiel Tier- und Heiligenfigürchen aus Margarine, die ein bekannter Margarine-Hersteller in den 50er-Jahren als Sammelstücke herausgegeben hat. Viele Krippen bekomme sie geschenkt, andere findet sie auf Basaren oder Flohmärkten. Und fehlt einmal ein passender Stall zu den Figuren, kommt Alois Deppe (81) ins Spiel, der dann in seiner Werkstatt sein handwerkliches Geschick unter Beweis stellt. Bislang hatten Hiltrud und Alois Deppe ihre Krippensammlung in der Adventszeit zu einer Ausstellung im privaten Wintergarten an der Hildesheimer Straße 33 in Mingerode aufgebaut und diese Besuchern gezeigt – sogar mit Bussen kamen Interessierte nach Mingerode, um die private Krippensammlung zu sehen. Wegen Corona wird in diesem Jahr auf die große Ausstellung verzichtet. Auf Anfrage zeigt Familie Deppe Einzelbesuchern aber gerne eine Auswahl. Besichtigungstermine müssen unter Telefon 05527/2541 vereinbart werden. St. Albani zeigt einen Göttinger Christgarten: Eine Göttinger Tradition hat die St.Albanikirche in diesem Jahr wieder belebt. In der Kirche ist noch bis Anfang Januar ein Christgarten mit Modellen von Göttinger Bürgerhäusern sowie der Kirchen St.Albani und St. Jacobi zu sehen. Hierbei handelt es sich um eine von der Gemeinde erweiterte Leihgabe des Städtischen Museums. Im 19. Jahrhundert war Göttingen Volkskundlern zufolge eine Hochburg der Christgärten. Sie wurden in vielen Bürgerhäusern aufgebaut, so mancher soll dafür die halbe Wohnung leergeräumt haben. Da kaum jemand das Heilige Land aus eigener Anschauung kannte, verlegte man das Weihnachtsgeschehen in die heimische Umgebung. Und so zeigt der Christgarten nicht nur die Weihnachtsgeschichte und den Stall von Bethlehem. Großen Raum nehmen Landschaft und Häuser, Menschen und Tiere ein. Erstmals ist ein Modell der St. Albanikirche zu sehen. Alicia Kulks, Miriam Dück und Johanna Reiß, Schülerinnen an der BBS II Gewerbeschule, haben diese Nachbildung 2017 bei einem Schulprojektes gebaut. Der Göttinger Zahnarzt Dr. Jan Heppeler fertigte in den vergangenen Monaten mehrere Wohngebäude für den Christgarten. Böhmische Figuren und vieles mehr hat Diakon Wolfgang Ziehe aus seiner Sammlung bereitgestellt. Ziehe hat 2003 mit dem Sammeln von Weihnachtskrippen angefangen, mittlerweile umfasst sie mehr als 250 Exponate.Den Christgarten können Besucher jeweils nach den Gottesdiensten sowie in den Dämmerstunden in St. Albani anschauen. – Christgarten St. Albani, Albanikirchhof 1A, Göttingen. Hinter Fensterglas in Duderstadt: Krippe verändert sich ständig: Weil Sabina Mitschke ihre Ferienwohnung in Duderstadt (Obertorstraße 27) nicht vermieten darf, hat sie dort seit dem vierten Advent eine Krippenlandschaft aufgebaut, die in den kommenden Tagen erweitert wird. Sie verwendet die biblischen Erzäglfiguren und wird die Krippe bis zum 7. Januar immer wieder verändern. Begonnen hat sie mit der Herbergssuche, Jesu Geburt wird an Heiligabend ergänzt. Am ersten Weihnachtsfeiertag kommen die Hirten auf den Feldern hinzu, einen Tag später besuchen diese die Krippe. Ab Anfang Januar machen sich die Könige auf den Weg. Zu den jeweiligen Szenen wird Mitschke entsprechend die Bibeltexte auslegen. Die gesamte Krippen-Szenerie kann durch die drei Fenster der Ferienwohnung betrachtet werden. Die Duderstädterin bittet die Besucher auf die nötigen Abstände zu achten. Für Kinder steht ein Hocker bereit. Krippenweihnacht in Wieda im Harz: Zahlreiche Krippen mit lebensgroßen Figuren sind trotz der coronabedingten Einschränkungen auch in diesem Jahr die Advents-Attraktion in dem 1300 Einwohner zählenden Dorf Wieda im Südharz. Das Krippendorf ist seit vielen Jahren bekannt durch seine für eine kleine Ortschaft ungewöhnlich umfangreiche Weihnachtsbeleuchtung. Der ehemalige Bürgermeister Klaus-Erwin Gröger hat vor 16 Jahren die Krippenweihnacht ins Leben gerufen. Damals wollte er die Kosten für die Weihnachtsbeleuchtung der Gemeinde senken. Sein Plan: Die Leute müssen es selber machen. Das hat funktioniert. Und das Ereignis wurde von Jahr zu Jahr größer aufgezogen. Die 25 Stationen mit den in Eigenregie aufgebauten Krippen können auf einem zweieinhalb Kilometer langen Rundweg durch den Ort besichtigt werden – ohne Gedränge an der frischen Harzluft. Die Krippen stehen noch bis zum 30. Dezember auf Höfen, in Vorgärten, an Garageneinfahrten und an den Straßen des Dorfes. Außerdem sind in vielen Fenstern Schwibbögen zu sehen – diese Lichterbögen markierten früher in den Bergwerken die Eingänge zu den Stollen. Die sonst bei der Krippenweihnacht üblichen Konzerte und weiteren Veranstaltungen wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Tonfiguren in der Klosterkirche Fredelsloh: Seit 2016 der Anziehungspunkt im Dezember im Töpferdorf Fredelsloh: Die bis zu einen Meter großen Krippenfiguren aus Ton. Zur Krippe in der Klosterkirche St. Blasii und Marien gehören mehr als 50 Tonfiguren, die noch bis zum 17. Januar zu sehen sind. Die Kirche ist täglich von 11-17 Uhr geöffnet. Auch wenn das Töpfer- und Kunsthandwerkerdorf Fredelsloh auf eine mehr als 800-jährige Töpfereigeschichte zurückblickt, so ist die Krippenkultur noch sehr jung. Einigen Fredelslohern war es wichtig, dass auch die Klosterkirche, die eng mit der Töpferei verbunden ist, eine Krippe erhielt. Um dem großen Raum zu entsprechen, wurden 2015 die ersten großen Figuren von verschiedenen Künstlern, aber auch von Laien, gefertigt. Maria, Joseph, das Jesuskind und der Verkündigungsengel gehörten zu den ersten Krippenfiguren zusammen mit Esel, Ochse und drei Schafen. In den folgenden Jahren folgten dann weitere Figuren. Mittlerweile sind es mehr als 50, wobei das Jesuskind schon einmal ausgetauscht wurde, weil es zu klein und nicht so gut zu erkennen war. Auch ein Elefant gehört zu dem Ensemble. Er gilt als das Reittier des afrikanischen Königs Kaspar. Küllstedt: Start des Südeichsfelder Krippenweges: Eine besondere Krippe finden Besucher in der Pfarrkirche „St. Georg und Juliana“ von Küllstedt. Die mehr als 50 in Oberammergau geschnitzten Holzfiguren bestimmen die Szene rund um den etwa drei Meter hohen Stall. Die Krippe nimmt den gesamten Altarraum ein. Die Küllstedter Krippe ist die imposanteste Station des Südeichsfelder Krippenweges, den mehrere Kirchengemeinden bereits im Jahr 1990 ins Leben gerufen haben. Die nächsten Stationen des Krippenweges sind das Kloster Kerbscher Berg in Dingelstädt, die Kirche St. Johannis in Kefferhausen, der „Eichsfelder Dom“ St. Alban in Effelder sowie die Kirche St. Peter und Paul in Großbartloff. Auch die St.-Ursula-Kirche in Geismar, die Wallfahrtskirche „Christus der Erlöser“ auf dem Hülfensberg und die Marienkirche in Lengenfeld unterm Stein bilden Stationen des Weges, der in den Pfarrkirchen St. Jakobus in Struth und St. Sebastian in Bickenriede vervollständigt wird. St.-Martinus-Kirche Seeburg: Krippe mit Lichteffekten: Heimische Tiere, Figuren des ländlichen Lebens und ein flackerndes Feuer – die Krippe in der St.-Martinus-Kirche in Seeburg lohnt einen Blick auch abseits des Stalls. Die Kirchengemeinde hat die Krippe 1994 als Ersatz für die vorherige angeschafft, berichtet der Seeburger Organist Georg Schütte. „Die alte hatte ausgedient“, ergänzt er. Die Darstellung, die jetzt in der Seeburger Kirche aufgebaut ist, zeigt Holzfiguren, die in Oberammergau geschnitzt und bemalt wurden. Zum interessanten Gesamtarrangement zählen die Lichteffekte. Unter anderem ist der Stall beleuchtet, und im Umfeld findet sich zum Beispiel auch die Simulation einer flackernden Feuerstelle. „Die Beleuchtung hat seinerzeit Hans Heine aus Seeburg gemacht“, berichtet Schütte, die Hütte samt Stall baute Robert Merten. Schütte verrät noch ein weiteres interessantes Detail: „Die Figuren für die neue Krippe haben damals 9000 D-Mark gekostet.“ Der komplette Kaufpreis sei bei einem Pfarrfest eingenommen und für die Anschaffung verwendet worden. An Heiligabend werden noch die heiligen drei Könige und das Jesuskind in der Krippe in der Seeburger Kirche ergänzt. Geöffnet ist die St.-Martinus-Kirche täglich von 10 bis 18 Uhr. Teistungen: Künstlerkrippe mit besonderer Geschichte: In der St.-Andreas Kirche in Teistungen ist eine ganz besondere Weihnachtskrippe zu sehen. Sie wird der Künstlerin und Lyrikerin Ruth Schaumann zugeschrieben. Die bemalten Holzfiguren zeigen ein bäuerliches Umfeld. Datiert wird die Krippe auf etwa 1930. Der Vorsitzende des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde, Peter Anhalt, hat der Krippe einen Beitrag in der November-Ausgabe der Eichsfelder Heimatzeitschrift gewidmet. Dort ist zu lesen, dass die Krippe in der St.-Andreas-Kirche zwar nicht Teil des Eichsfelder Krippenwegs ist, sie aber als „beeindruckende Künstlerarbeit, wie sie selten zu finden ist“, ein Kleinod darstelle. Die Holzfiguren entstammten einem bäuerlichen Milieu, viele der Figuren seien Kinder. „Das ist kein Zufall“, schreibt Anhalt. „Diese Weihnachtskrippe wurde von einer Frau bestellt und von einer Frau geschnitzt.“ Lesen Sie auch Patronatsfest: Gieboldehausen feiert ältesten Einwohner St. Laurentius Nightfire für Jugendliche, Messe mit Trelle - 60 Jahre St. Norbert in Friedland – GT - Göttinger Tageblatt Ausstellung in Fredelsloh zeigt Werke südniedersächsischer Künstler Bei der Schnitzerin handle es sich um Ruth Schaumann, die außer bildnerischen Werken auch als „populäre katholische Schriftstellerin und vor allem Lyrikerin“ gilt. Auftraggeberin, so heißt es in dem Bericht Anhalts, sei die Gattin des damaligen Gutsherrn von Teistungenburg, Elisabeth Heukamp. Durch ihr Engagement habe sich das Weihnachtsfest auf Teistungenburg zu einem besonderen Höhepunkt des Jahres entwickelt. Die Krippe sei jedes Jahr um ein Teil ergänzt worden, so dass die Zahl der Figuren mit jedem Jahr größer wurde. Als die Eheleute Heukamp mit ihren sieben Kindern zunächst 1945 in russische Gefangenschaft gerieten und schließlich vertrieben wurde, gelangte die Schaumann-Krippe zur katholischen Pfarrei Teistungen. Die Schaumann-Krippe in der St.-Andreas-Kirche Teistungen ist nach vorheriger Terminabsprache im Pfarrbüro, Telefon 036071/80116, zu besichtigen. Von Britta Eichner-Ramm, Christiane Böhm, Kathrin Lienig und Rüdiger Franke