40 Zentimeter Kanal für Abwasser aus sieben Orten: Rosdorf investiert in neue Leitung

Es ist ein pikantes Thema, das die Baustelle hinter der Adresse Rischenweg 15 notwendig gemacht hat: Es geht um Abwasser aus dem Süden Göttingens. Rund 80 Prozent des Schmutzwassers aus Rosdorf sowie das gesamte Abwasser der Orte Klein Wiershausen, Settmarshausen, Olenhusen, Mengershausen, Lemshausen und der Autobahnraststätte gelangen durch dieses eine Rohr ins Schmutzwassernetz Göttingens, um dort in der Kläranlage gereinigt zu werden. Dieser Engpass mit 40 Zentimetern Durchmesser kreuzt unterirdisch den Rischenweg sowie das Gelände der Drogeriemarktkette Rossmann. Anschließend führt der Abfluss unterhalb der Bahntrasse Hannover-Frankfurt nach Göttingen. Wassermassen nicht mehr gewachsen: Die zurückliegenden Jahrzehnte haben ihre Spuren hinterlassen: Durch die bauliche Entwicklung sowie die Zunahme der Einwohnerzahl ist dieser Kanal zu einem Nadelöhr geworden, das den zunehmenden Wassermassen nicht mehr gewachsen ist. Hinzu kommt, dass der Inhalt von Abwasserleitungen dem freien Gefälle folgt und nicht – wie etwa das Trinkwasser – über Pumpen am Laufen gehalten wird. Und es ist nicht nur Abwasser, das den Weg in Richtung Kläranlage nimmt, wissen Thomas Gotthard und Christoph Kraaibeek, kaufmännischer und technischer Geschäftsführer vom Wasserverband Leine-Süd. Reinigung alle sechs Wochen: Alle sechs Wochen ist dieser Engpass von Ablagerungen und auch von Gegenständen gereinigt worden, die eigentlich nicht durch die heimische Toilette passen. „Wenn hier was dicht ist“, kommentierte Rosdorfs Bürgermeister Sören Steinberg beim Baustellenbesuch am Donnerstag, „geht nichts mehr, und es gibt Rückstau“. Ein Unterhalt sei für die Zukunft nur mit sehr großem Aufwand möglich. 1,1 Millionen Euro habe der Wasserverband in die Maßnahme investiert. Dies sei auf Dauer günstiger als das Reinigen alle sechs Wochen, erklärte Steinberg. Alte Leitung bleibt als Ersatz erhalten: Seit Anfang Februar steht die Baustelle am Rischenweg. Man sieht zwei Gruben, zwischen denen unterirdisch, also unter den Gleisen hindurch, die neue Leitung verlegt wird. Sie verläuft parallel zu der alten, die bestehen bleibt und als Ersatz im Falle von Reinigungsarbeiten fungiert. Zu sehen sind neben dem imposanten Bohrkopf auch die neuen Rohre, die speziell für die angewendete Vortriebtechnik ausgelegt sind. Jedes Teilstück hat eine Länge von zwei Metern und einen Durchmesser von 50 Zentimetern. Die neue Leitung, die mit größerem Durchmesser das höhere Abwasservolumen bewältigen soll, verläuft in zwei Richtungen, jeweils 60 beziehungsweise 40 Meter. Ende Juni sollen die Arbeiten beendet sein. Microtunneling-Verfahren kommt zum Einsatz: Entschieden hat sich der Wasserverband Leine-Süd als Auftraggeber für eine Technik aus dem Tunnelbau, das sogenannte Microtunneling-Verfahren. Auch der Heidkopftunnel an der Autobahn 38 und der Gotthardtunnel wurden mithilfe der Technik, die etwa seit 1990 Standard in diesem Bereich ist, errichtet. Umgesetzt wird das Vorhaben von der RST-Bau sowie Interra Microtunnelbau. Die Bauarbeiten in Rosdorf sind ein Beispiel dafür, dass dieses Verfahren sich nicht nur im Tunnelbau, sondern auch bei Unterführungen – wenn etwa Bahngleise eine offene Kanalbauweise unmöglich machen – bewährt. Bei dem in Rosdorf eingesetzten Microtunneling handelt es sich um ein ferngesteuertes Vortriebsverfahren zur grabenlosen Verlegung von Rohren. Wegen seiner exakten Steuerbarkeit wird es unter anderem für den Bau von Freigefällekanälen eingesetzt, so, wie derzeit in Rosdorf. Beim Microtunneling bewegt sich eine Vortriebsmaschine von der Startgrube in Richtung der Zielgrube. Für die erforderlichen Vortriebskräfte werden die zu verlegenden Rohre nach und nach in die Startbaugrube hinabgelassen und vor einer Presseinrichtung installiert. Zeitgleich baut der rotierende Bohrkopf den Boden ab und zerkleinert ihn, wenn nötig. Bei der in Rosdorf angewandten Spülföderung dient ein im Kreislauf gefahrenes Wasser-Bentonitgemisch zum Abtransportieren des Erdreichs. Lesen Sie auch: Rosdorfer Bürger wollen alte Villa vor Abriss schützen Luhbachbrücke in Rosdorf wird abgerissen – das ist der Zeitplan Mehr Bauanfragen als Grundstücke: Neues Wohngebiet in Rosdorf Von Markus Hartwig

Statt regelmäßiger Reinigung - 40-Zentimeter-Kanal für Abwasser aus sieben Orten: Rosdorf investiert in neue Leitung