Kahlschlag: Deutsche Bahn will Strecken im Winter sturmfest machen

In einem kleinen Waldstück an den Bahngleisen bei Celle fährt die Deutsche Bahn das große Gerät auf. Die Forstarbeiter fällen Baum für Baum, zerhäckseln Stamm für Stamm. In wenigen Tagen wird dieses Waldstück gerodet sein. Die trockenen Sommer und der Borkenkäfer haben ihre Spuren hinterlassen. Wenn jetzt ein Sturm aufziehen würde, bekäme die Bahn Probleme mit umgeworfenen Bäumen auf den Gleisen. Der Konzern will die Strecken deshalb sicherer gestalten. „Das muss gemacht werden“, sagt Wilhelm Müller, der Inhaber des von der Bahn beauftragten Forstbetriebes. Um die Oberleitung zu beschädigen, reiche eine vom Sturm abgebrochene Krone der absterbenden Bäume. Einige Fichten stehen nur noch schlecht verwurzelt im sandigen Boden. Andere sind noch gut in Schuss. Spätestens in zwei Wochen wäre der Wald aber ohnehin abgestorben, meint Müller – der Borkenkäfer hat sich durch das Holz gefressen. Deutsche Bahn investiert 660 Millionen Euro für Grünschnitt: Das mehr als 60.000 Euro teure Projekt ist Teil des Konzepts der Bahn, um Streckenschäden und Zugausfälle zu verhindern. In den nächsten fünf Jahren investiert der Konzern 660 Millionen Euro in die sogenannten Vegetationsarbeiten. Dafür stehen mehr als 1000 Mitarbeiter zur Verfügung, die zum Beispiel die Gleise in einem Abstand von sechs Metern von Bäumen und Sträuchern frei schneiden. Auch technisch rüstet die Bahn auf, setzt Drohnen und ferngesteuerte Flugzeuge ein, um mittels Infrarot abgestorbene Bäume zu identifizieren. Denn das Problem lauert häufig hinter der ersten Baumreihe am Gleis. Hier, zwischen Celle und Ehlershausen, hat die Bahn freie Hand – weil ihr die Flächen gehören. Bei etwa 95 Prozent der Wälder an den Strecken sehe das anders aus, erklärt Nikolai Pille, Fachreferent bei der Bahn. „Dann dürfen wir nur Gefahrenabwehr machen.“ Für jede weitere Aktion müsse die Bahn dann mit jedem einzelnen Besitzer in Kontakt treten, sagt Pille. Häufig droht ein Streit zwischen Besitzer und Streckenbetreiber. Die Konflikte sind dann komplex und reichen von wirtschaftlichen Interessen bis zum Streit über diverse Rechtsvorschriften. Kritik vom Land an der Arbeit der Deutschen Bahn: Das Land Niedersachsen hatte nach massiven Verkehrsbehinderungen bei schweren Stürmen mit der Bahn eigens ein Konzept für effektiveren Grünschnitt erarbeitet. Die Lage sei aber immer noch nicht optimal, hieß es im September aus dem Verkehrsministerium. Stürme hatten zuvor viele Bäume umgeworfen, wichtige Strecken wie zwischen Hamburg und Hannover waren stundenlang gesperrt. Nach dem Kahlschlag dürfte zumindest dieser Streckenabschnitt für die nächsten Jahre sicher sein. Doch auch dahinter schwelt ein Konflikt. Die Bahn muss die Flächen nach den Rodungsarbeiten wieder aufforsten. Wie genau das auszusehen hat, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Für die Sicherheit der Gleise würden niedrige Pflanzen genügen, meint die Bahn. Aus Sicht der Forstwirtschaft und der Waldverbände ist nur ein Hochwald ein richtiger Wald. Lesen Sie auch: – Bahn will jedes Jahr gut 1.600 Kilometer Gleise sanieren – Sturm in Niedersachsen: Das war das Bahn-Chaos im September Von Sebastian Stein

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