Landesschülerrat und Lehrergewerkschaft fordern Absage aller Abschlussprüfungen

Weil Zehntausende Schüler in der Corona-Pandemie teils seit Wochen und Monaten im Distanzunterricht sind, fordert der Landesschülerrat die Absage aller Abschlussprüfungen an allgemeinbildenden Schulen in diesem Frühjahr. Stattdessen sollte für die Neunt- und Zehntklässer an den Haupt-, Real-, Ober- und Gesamtschulen das zweite Halbjahr bis zum 25. Juni und das vierte Semester für die Abiturienten bis zum 11. Juni verlängert werden. Das sagte der Vorsitzende des Landesschülerrates, Florian Reetz, am Freitag in Hannover. „Durchschnitt aus bisherigen Zeugnisnoten berechnen“: Die Abschlussnote solle zu dem bisher üblichen Anteil aus den Halbjahresnoten gebildet werden. Und der Prüfungsanteil, der im Abitur etwa ein Drittel der Gesamtnote ausmacht, solle grundsätzlich aus den Halbjahresnoten der Prüfungsfächer gebildet werden. Damit würden die Zeugnisnoten der Prüfungsfächer deutlich mehr ins Gewicht fallen, als wenn sich die Abschlussnoten nur aus den bisherigen Zeugnisnoten berechnen würden. Für Schulen in freier Trägerschaft, wie etwa Waldorfschulen, an denen die Abschlussnote allein durch die Prüfungen ermittelt wird, soll nach Ansicht der Schülervertreter eine eigene Lösung gefunden werden. Auf alle Fälle müssten Schüler die Chance zu einer freiwilligen mündlichen Nachprüfung erhalten. Noch im Februar müsste das Land eine endgültige Entscheidung zu den Prüfungen fällen, forderte Reetz. GEW unterstützt Forderungen der Schüler: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Grüne Jugend unterstützen den Vorstoß des Landesschülerrates. Zuvor hatte auch schon der Schulleitungsverband die Absage der Prüfungen gefordert. Es müsse sichergestellt werden, dass das Abitur dennoch bundesweit anerkannt werde, sagte die GEW-Vorsitzende Laura Pooth. Auch für die vorgeschriebenen Kammerprüfungen an den berufsbildenden Schulen dürfe den Schülerinnen und Schülern durch die Corona-Krise kein Nachteil entstehen. Schon im vergangenen Jahr hatten zahlreiche Verbände und Politiker die Absage der Abschlussprüfungen gefordert, am Ende waren die Prüfungen um einige Wochen nach hinten verschoben worden, hatten aber stattgefunden. „Schüler haben Recht auf Prüfung“: Kultusministeriumssprecher Sebastian Schumacher sagte am Freitag, Prüfungen jetzt abzusagen sei das falsche Signal. Die Schülerinnen und Schüler hätten das Recht auf eine faire Prüfung. „Faire Prüfungen, sind Prüfungen, die besonderen Schwierigkeiten für Schule und Unterricht in der Pandemie berücksichtigen und gleichzeitig den normalen Weg des Endes der Schulkarriere zulassen.“ Keiner müsse Nachteile wegen Corona befürchten, es werde nur der Lernstoff in den Prüfungen aufgenommen, der auch tatsächlich behandelt worden sei. Das sei auch der beste Weg um zu vermeiden, dass der Abschlussjahrgang 2021 als einziger in der Geschichte mit „Corona-Makel“ werde, weil es keine Abschlussprüfungen gegeben habe. Die Abschlussjahrgänge seien neben den Grundschülern die einzigen, die seit Mitte Januar in die Schulen gehen dürften, um dort im Wechselmodell zu lernen. So könnten sie sich besser auf die Prüfungen vorbereiten. Auch der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte wehrt sich gegen die pauschale Absage der Prüfungen. Vorsitzender Torsten Neumann sagte, es dürfe keine Notabschlüsse geben. Die Schulen sollten dezentrale Prüfungen organisieren können. Vor Ort wisse man am besten, was durch die Pandemie ausgefallen sei und was nicht. Von Saskia Döhner