Niedersachsen: Zahl der roten Gebiete in der Landwirtschaft reduziert

Niedersachsen hat die Liste der umstrittenen roten Gebiete in der Landwirtschaft erneut angepasst. Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) und Umweltminister Olaf Lies (SPD) stellten am Montag gemeinsam eine aktualisierte Karte vor. Demnach gelten in Niedersachsen 24,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen als mit Nitrat belastete rote Gebiete, was einer Fläche von gut 645.000 Hektar entspricht. In einem kurz vor Weihnachten 2020 veröffentlichten Entwurf war noch 31 Prozent der Fläche als belastet eingestuft worden. Der Entwurf aus dem Dezember hatte zu massiven Protesten von Landwirten geführt. Als Reaktion darauf hätten Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ein Beratungsgremium unter Beteiligung der Wasserwirtschaft und der Landwirtschaft eingerichtet, sagte Lies, „um ein Konzept für eine schrittweise Präzisierung der Gebietsausweisung abzustimmen“. Die Diskussionen mit den Landwirten hätten klar gemacht, dass der Schutz des Grundwassers stärker auch die betriebliche Umsetzbarkeit berücksichtigen müsse. Darum will das Land bei der Festlegung der roten Gebiete kleinteiliger werden und stärker auf die Gegebenheiten vor Ort eingehen. Weniger Düngemittel in roten Gebieten: „Wir haben ein Grundwasserproblem, das es zu lösen gilt“, sagte Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast. Diese Problemlösung werde aber dauern, weil jahrzehntelang nicht auf Überdüngung geachtet worden sei. Die heutigen Landwirte müssten das jetzt ausbaden. Der vorgestellte Plan sei ein wichtiger Schritt, der zu besserer Differenzierung und Nachvollziehbarkeit beitrage. Rote Gebiete werden dort ausgewiesen, wo das Grundwasser zu stark mit Nitrat belastet ist. Wenn auf landwirtschaftlichen Flächen zur Düngung mehr Stickstoff ausgebracht wird, als die Pflanzen aufnehmen können, kann dieser als Nitrat ins Grundwasser gelangen. Deshalb dürfen Landwirte nach der Düngeverordnung in roten Gebieten nur 20 Prozent unterhalb des errechneten Pflanzenbedarfs düngen. Landvolk begrüßt Regionalisierung: Der niedersächsische Bauernverband äußerte sich positiv. Die Forderung nach Regionalisierung sei erfüllt worden, sagte Landvolkpräsident Holger Hennies. „Es konnte ja nicht sein, dass eine rote Messstelle in manchen Gegenden gleich mehrere grüne Stellen zunichtemacht.“ Außerdem begrüße man die geplante Berücksichtigung einzelbetrieblicher Daten. Im Beirat wurde ein Phasen-Modell vereinbart, nach dem die Ausweisung der roten Gebiete in den kommenden Jahren ablaufen soll. Neben der Regionalisierung soll auch das Messsystem ausgebaut werden. Ziel sei eine wirklich verursachergerechte Ausweisung der Gebiete, sagte Lies. Der erneuerte Verordnungsentwurf soll nach einer zweiwöchigen Verbandsbeteiligung dem Kabinett zum Beschluss vorgelegt werden. „Deutlicher Rückschritt für den Gewässerschutz“: Scharfe Kritik am vorgestellten Entwurf kam dagegen von Umweltverbänden. Die Reduzierung der roten Gebiete sei „ein deutlicher Rückschritt für den Gewässerschutz“ und deshalb inakzeptabel, sagte Susanne Gerstner, Geschäftsführerin des BUND Niedersachsen. „Die Aufgabe muss sein, das Nitrat im Grundwasser und nicht die roten Gebiete zu reduzieren.“ Das neue Abgrenzungskonzept bedeute eine Abkehr vom Vorsorgeprinzip der europäischen und nationalen Umweltpolitik. Umweltminister Lies habe offenbar „die europäische Wasserrahmenrichtlinie und den Schutz unserer Flüsse und Seen aus dem Blick verloren“. Außerdem kritisierte Gerstner, dass im Beirat aus Ministerien, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft keine Umweltverbände vertreten seien. Auch nach Einschätzung von Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, ist die „in der Verordnung vorgesehene Gebietsausweisung nicht mit den Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie vereinbar“. Die EU hatte Deutschland in der Vergangenheit wegen zu hoher Nitratbelastung hohe Strafzahlungen angedroht. Von Yannick von Eisenhart Rothe