Daft-Punk-Aus: Kunst Kult, Mummenschanz

Daft Punk löst sich auf. Die Popwelt ist bestürzt. So? Oder vielleicht eher: Daft Punk löst sich auf – das sind die Gründe für das plötzliche Aus? Machen wir es doch so: Daft Punk löst sich auf. Okay – passt schon. Das französische Chartstürmer-Duo hat mit einer Videobotschaft die Einstellung gemeinsamer musikalischer Aktivitäten bekannt gegeben. Keine weiteren Infos, Fragen unerwünscht. Elegante Roboter mit Retro-Touch: Aber es ist auch alles gesagt. Oder eben nicht. Denn das, was man von Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo kennt, sind ihre Namen (wenn sie denn stimmen) und ihre Hits wie „Around the World“, „One More Time“ oder „Get Lucky“. Der Rest war Kunst, Kult und Geheimniskrämerei, moderner Mummenschanz mit Helmen, die die beiden (wenn sie es denn waren) bei ihren Auftritten trugen. Selbst Stimmen wurden gewöhnlich durch den Vocoder, einen Stimmencomputer, gejagt und verpassten Daft-Punk-Songs diesen Retro-Touch, der auch so ein Erfolgsgeheimnis war. „Random Access Memories“, ihr, wie wir nun wissen, letztes Album aus dem Jahr 2013, mit Preisen überhäuft und mit Stargastauftritten gespickt von Pharrell Williams bis Chili Gonzales, war eine Verbeugung vor der Disco-Ära – nicht angedeutet, sondern ganz offen. Gitarrist Nile Rodgers, der Disco-Funk-Bands wie Chic oder die Sister Sledge richtig sexy machte, wurde von Daft Punk aufs Podest gehievt. Produzentenlegende und Donna-Summer-Erfinder Giorgio Moroder durfte in einem Song seine Geschichte erzählen, umspielt von „seinen“ Synthie-Sounds. Muss man sich trauen, aber Bangalter und de Homem-Christo war es wichtig. Wichtiger, als die Musik neu zu erfinden. Bewährtes, aufregend präsentiert: Seit ihrem Start in den Neunzigern hatte Daft Punk Spaß an der Beweisführung, wie gut man mit Bewährtem fährt, wenn man es sorgfältig zusammenführt und aufregend präsentiert. Madonna ist mit diesem Konzept zur Queen of Pop aufgestiegen. Daft Punk bot Konzerte mit Rundumbeschallung, spektakuläre, artifizielle Videos und aufwendige Musikproduktionen. Dazu klares Design und die eigene Verrätselung, auch das ein bewährtes Popwerkzeug seit Kiss und Gorillaz. Spekulieren ist immer gut. Daft Punk war mit seinem Roboter-Appeal ein bisschen wie Kraftwerk mit, pardon, Arsch in der Hose. Denn so clean die beiden Gestalten unter ihren polierten Helmen zu wirken gedachten, so sehr sollte ihr Sound die Dancefloor-Gemeinde ins Tanzen, Schwitzen, und Tropfen bringen. Was karriereweit gelang, von den Anfängen im Techno-Jahrzehnt bis in die Zehnerjahre, in denen Tonträger und Albenproduktionen was Schönes, aber von gestern waren. Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo waren mit ihren seltenen, aber immer eleganten und hochwertigen Projekten stets auf Höhe der Zeit oder ein bisschen voraus. Dass sie nun einfach und wortlos den Deckel drauf machen auf das Projekt Daft Punk, passt schon. Gruß vom Verteidigungsministerium: Das französische Verteidigungsministerium hat getwittert, man werde die Band nicht vergessen. 2017 hatte eine Kapelle beim Staatsbesuch von Donald Trump zur Freude seines Gastgebers Emanuel Macron „Get Lucky“ gespielt. Trump hatte den Gag nicht verstanden. Vielleicht ist nach dem Aus ja auch vor dem Comeback, obwohl ein „One more time“ zu erwartbar wäre für Daft Punk. Wir lassen uns überraschen. Wie immer. Von Uwe Janssen