Gerüst am Bauamt Hannover: Mieten scheint tatsächlich billiger als Kaufen

Die Mietkosten für das Baugerüst am Hannovers Bauverwaltung dürften zum Millionengrab für die Stadt werden. Seit 2015 haben sie bis heute schon gut 400.000 Euro verschlungen. Jedes Jahr kommen 73.000 Euro hinzu – und die Ratspolitik will die Sanierung auf mindestens 2026 verschieben, vielleicht auch noch länger. Ab Ende 2028 dürfte die Million ausgegeben sein. Trotzdem könnte die Dauermiete weiterhin billiger sein als ein Kauf. Gerüst am Bauamt: Wird es zum Millionengrab? Im jüngsten Bauausschuss hatte FDP-Vertreter Wilfried Engelke gefordert, dass die Stadt erneut prüft, ob ein Kauf des Gerüstes nicht billiger sein könnte als die dauerhafte Miete. Die HAZ hat das schon mal erledigt – und beim größten deutschen Gerüsthersteller angefragt, was der Kauf eines Gerüsts kosten würde. Der Preis liegt deutlich unter der Summe, die die Stadt veranschlagt. Trotzdem kann es preiswerter sein, das Gerüst stehen zu lassen, an dem eine Vermietfirma seit Jahren gut verdient. Die Stadt hat 2019 ein Angebot für den Gerüstkauf eingeholt, das sich auf 750.000 Euro beläuft. Dort sind ein 25-prozentiger Rabatt sowie die Kosten für den Aufbau und den Bauzaun, der das Gerüst umschließt, enthalten. Das Angebot für die HAZ beinhaltet ebenfalls einen Mengenrabatt: Statt 50 Euro soll der Quadratmeter netto nur 35 Euro kosten. Bei 7500 Quadratmeter einzurüstender Fassadenfläche kostet das Gerüst inklusive Mehrwertsteuer 312.375 Euro. Der Bauzaun und die Arbeitskosten für den Aufbau müssten aber extra berechnet werden. Kauf kostet etwa 531.000 Euro: Nimmt man den Mittelwert zwischen den beiden Angeboten, würde der Gerüstkauf etwa 531.000 Euro kosten. Das bedeutet: Erst nach etwas mehr als sieben Jahren wäre der Gerüstkauf rentabler als die jährliche Miete. Nicht einkalkuliert ist, dass die Stadt die volle Verkehrssicherheitspflicht übernehmen müsste, das Gerüst also regelmäßig auf Standsicherheit überprüfen müsste. Nicht einkalkuliert ist aber umgekehrt, dass man das Gerüst später einmal gebraucht verkaufen könnte. Wobei unklar ist, wie hoch der Gewinn daraus wäre. Denn die Stadt müsste Personal abstellen für das Entgegennehmen von Angeboten, für Besichtigungen und Abbaukontrolle. Gerüsthandel gehört gemeinhin nicht zu den Aufgaben von Kommunalverwaltungen. Fest steht, dass es nach heutiger Kenntnis preiswerter für den Steuerzahler gewesen wäre, wenn man das Gerüst von vornherein gekauft hätte. Dann hätte es sich vielleicht in Kürze amortisiert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Sanierung des Gebäudes immer wieder in kleinen Schritten verzögert hat, weil zunächst die Flüchtlingsunterbringung, dann die Obdachlosenproblematik und schließlich die Schulsanierungen wichtiger waren. Auch aktuell ist noch nicht final beschlossen, ob die Bauamtssanierung erneut und dann lange verschoben wird. Die Mehrheitsfraktionen haben aber angekündigt, angesichts knapper Kassen sollten zuerst Schulen und Kitas weitersaniert werden, bevor die Stadtbediensteten eine sanierte Immobilie bekommen. Kosten steigen auf 80 Millionen Euro: Derweil haben sich die veranschlagten Kosten für die Gebäudesanierung fast verdoppelt. Jahrelang waren etwa 45 Millionen Euro veranschlagt. Inzwischen geht die Stadt von 80 Millionen Euro aus. Stadtsprecher Dennis Dix sagt auf Nachfrage, anfangs seien nur pauschale Flächenkosten zur groben Preisermittlung herangezogen worden, zudem sei man damals davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter während der Sanierung im Haus bleiben und zimmerweise umziehen könnten. Inzwischen hätten detailliertere Voruntersuchungen ergeben, dass das Haus für eine fachgerechte Sanierung geräumt werden müsse. Zudem sei der Sanierungsbedarf höher als 2014 gedacht. Auch aktuell aber sei „noch nicht der Planungsstand erreicht, an dem die tatsächlichen Kosten präzise berechnet sind“. Eine belastbare Kostenberechnung sei erst möglich, wenn die Entwurfsplanung vorliege. Die aber macht man erst, wenn die Sanierung konkret geplant wird. Und das kann dauern. Christian Wulff: Kein Weiter so bei Bauamtgerüst: Beim Landesparteitag der CDU am Wochenende in Hildesheim machte der ehemalige Minister- und Bundespräsident Christian Wulff das Bauamt zum Thema seiner Ansprache. Dass das Gerüst dort so lange stehe und jetzt sogar über einen Kauf nachgedacht werde, sorge für einen „unglaublichen Unmut in der Bevölkerung“, sagte Wulff. Demokraten müssten jetzt „Lösungen und Antworten geben“, drängte er. „Ein Weiter so darf es nicht geben.“ Von Conrad von Meding