Dieser Tage bekomme ich von einem Bankinstitut, mit dem in Hannover jeder rechnen muss, einen Brief. Es gehe um die Sicherheit meines Schließfachs, lese ich, an der die Experten des Unternehmens permanent arbeiteten. Das hätten sie übrigens auch schon getan, bevor Kriminelle im Juli 48 Schließfächer in zwei Filialen aufbrachen. Nun ja.
Zum Feilen an der Sicherheitstechnik, erfahre ich, zählt eine Aufstockung meines Schließfachcodes von fünf auf sechs Ziffern. Man werde mich informieren, wenn es so weit sei. Außerdem wolle das Bankinstitut die Zugangstechnik aller Safeanlagen mit ihren 30.000 Fächern erneuern. Das klingt beruhigend.
Wann ist denn nun geöffnet?
Ein Satz im Anschreiben allerdings irritiert mich. Bis zur Vergabe neuer PINs ändere sich nichts für mich: „Sie haben selbstverständlich zu den Öffnungszeiten der Filiale weiterhin Zugriff auf Ihr Schließfach.“ In meinen Augen ist das eine Änderung. Denn bislang hatte ich auch außerhalb der Öffnungszeiten Zugriff auf die wenigen persönlichen Dokumente, die in meiner Kunststoffbox lagern. Zudem erklärte ein Unternehmenssprecher doch erst jüngst zeitungsöffentlich, es sei „denkbar“, den Zugang zu den Schließfächern auf die Öffnungszeiten der Filialen zu beschränken – ja, was denn nun?
Ich rufe bei der Hotline des Bankinstituts an.
„Es ist richtig“, erklärt mir eine Mitarbeiterin mit leicht leidender Stimme, „dass Sie nun außerhalb der Öffnungszeiten nicht mehr an Ihr Schließfach kommen.“
„Aber warum behauptet die Bank denn dann, es ändere sich nichts und ich hätte ,weiterhin’ und ,selbstverständlich’ Zugriff auf mein Schließfach, wo das doch nur noch zu eingeschränkten Zeiten gilt?“
„Ich gebe zu, das ist unglücklich formuliert.“
„Das ist nicht unglücklich formuliert, das ist falsch. Das nenne ich rumlavieren. Verschleierung einer Verschlechterung.“
„Da gebe ich Ihnen recht.“
Mitleid mit der Mitarbeiterin
Plötzlich tut mir die Bankmitarbeiterin leid. Wo sie doch so schonungslos ehrlich ist, mit mir mitzufühlen scheint. Also bedanke ich mich für die Auskunft und beende das Gespräch. So freundlich wie möglich. Dann schaue ich auf der Homepage des Instituts nach, wann die Filiale meines Vertrauens überhaupt geöffnet hat – das hatte ich schon seit Jahren nicht mehr nötig.
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Von Michael Zgoll