Vielleicht ist die Geschichte am beispielhaftesten, die Hannovers ehemalige NDR-Fernsehchefin Marlis Fertmann zum Abschied des scheidenden Stadtsuperintendenten Hans-Martin Heinemann erzählte. Als sie 2014 erstmals ein Klassik-Openair im Maschpark inszenierte, wollte sie für die Tosca Glockengeläut wie im Original. Im Gespräch habe Heinemann, den sie bis dahin nicht kannte, ihr das spontan zugesagt, berichtete Fertmann in der voll besetzten Marktkirche.
Petra Bahr: „Großer Einsatz“
Die Geschichte zeigt einerseits, mit welchem „großen Einsatz“ (Landessuperintendantin Petra Bahr) der Wahlhannoveraner Heinemann seinen Dienst an Kirche und Stadtgesellschaft versehen hat. Und sie zeigt, wie wir alle im Nachhinein zum Verklären neigen. Er habe mitnichten sofort zugesagt, verriet Heinemann in einer spontanen Antwort an Fertmann. Es sei eben alles nicht einfach in der Kirche: „Wir haben schließlich eine Läutordnung.“ Das gab Gelächter in der Marktkirche. Umso schöner sei es gewesen, dass am Ende nicht nur evangelische, sondern auch katholische Kirchglocken zur Tosca geläutet haben. Das wiederum gab Applaus. Ökumene, das ist eben auch eines der Themen, die Heinemann versucht hat, als oberster Repräsentant der evangelischen Christen in Hannover voranzubringen.
„Steter Zweifel an kirchlicher Selbstgerechtigkeit“
Es war ein würdevoller Abschied. Auch deshalb, weil nicht alles von Zuckerguss überträufelt war. Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann gestand, dass man „nicht immer einer Meinung“ gewesen sei – und lobte, wie sehr Heinemann „immer beharrlich“ an Lösungen gearbeitet habe. Bahr stellte Heinemanns „steten Zweifel an kirchlicher Selbstgerechtigkeit“ heraus. Der verstand es, in seiner letzten Predigt als angestellter Pastor eine Brücke von der Bergpredigt über den 70. Geburtstag der HAZ bis zum umstrittenen Reformationsfenster in dem Gotteshaus zu ziehen.
Hunderte Besucher in der Marktkirche
Zu den Hunderten Besuchern zählten der frühere Stadtsuperintendent Wolfgang Puschmann und seine Frau, die Alt-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg und Stefan Schostok, 96-Chef Martin Kind und der ehemalige Diakoniechef Walter Lampe. Viele von ihnen feierten noch bei einem Empfang im Rathaus weiter.
Zum Weiterlesen:
Das Abschiedsinterview der HAZ mit Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann
Von Conrad von Meding