Verschläft Hannover die digitale Zukunft in den Schulen? Das sagen Leserinnen und Leser

Die Stadt Hannover hat noch keinen Cent aus dem Digital-Fördertopf des Landes abgerufen. Das Kultusministerium macht jetzt Druck. Die Stadtverwaltung verweist auf komplizierte Antragsbedingungen. Leserinnen und Leser kritisieren die Stadtverwaltung und OB Belit Onay und hadern allgemein mit dem Bildungssystem. Leser Bernd Rokahr aus Hannover: „Mangelnder Stellenwert“: Das Agieren und Reagieren aller Beteiligten in diesem Verfahren ist ein beschämendes Beispiel für den mangelnden Stellenwert der Bildung in unserer Gesellschaft. Wann wird endlich begriffen, dass Bildung der eigentliche Rohstoff für unsere Zukunft ist? Bernd Rokahr, Hannover Lesen Sie auch: Warum hat Hannover noch keine Fördermittel aus dem Digitalpakt beantragt? Leser Markus Müller-Praeder aus Hannover: „Wo ist eigentlich Belit Onay?“: Nun ist es nicht so, dass die Messlatte seines Vorgängers besonders hoch lag. Dass aber Belit Onay und seine Mitarbeiter mit großer Verve dieses Niveau der Verwaltungstätigkeit quasi fröhlich Limbo tanzend unterbieten, ist geradezu artistisch: Zwei Jahre Digitalisierungspakt, ein Jahr Corona, null Euro abgefordert. Das ist aber wahrscheinlich nur der zwischenzeitliche Tiefpunkt der bisher an Höhepunkten eher armen Amtszeit unseres Oberbürgermeisters. Wie lange soll es noch dauern, bis die Schulen zeitgemäß ausgestattet sind? Da ist Geld und keiner ruft es ab, weil das Formular zu kompliziert ist? Was will man den Bürgern noch alles erzählen? Und wo ist Belit Onay eigentlich? Es gibt keine Äußerungen zu den Themen Digitalisierung, Corona, Üstra und Aha. Onay verdingt sich offenbar lieber mit Höherem, wie der Diskussion um Kraftwerke, Straßensperrungen oder deren Umbenennung. Angesichts der Themen, die die Stadtverwaltung vorantreiben sollte, wie zum Beispiel der seit Jahren unhaltbare Zustand bei den Wartezeiten und Terminen in den Bürgerämtern, ist die erkennbare Schwerpunktsetzung des Bürgermeisters weiterhin unverständlich und unglücklich. Denn es bleibt dabei, dass weiterhin kein wirklich großes Thema in dieser Stadt angegangen wird. Dafür haben wir jetzt neue Ampelmännchen, sogenannte Velorouten (oder besser: bekannte und holprige Fahrwege mit Fähnchen) und sechs Stellvertreterinnen und Stellvertreter für eine Gleichstellungsbeauftragte. Die Bürger hatten vor anderthalb Jahren die Wahl zwischen einem erfahrenen und erfolgreichen Unternehmenslenker und einem Berufspolitiker ohne jegliche Führungserfahrung. Das Ergebnis sehen wir heute. Markus Müller-Praeder, Hannover Leserin Eva-Maria Hartmann-Johnsen aus Hannover: „Bildungssystem steckt seit 30 Jahren fest“: Die Zukunft war gestern – seit 30 Jahren die gleiche Leier. Ich arbeite seit vielen Jahren als Lehrerin an einer berufsbildenden Schule und auch davor war ich mein Leben lang in der pädagogischen Arbeit mit Kindern. Dass die erforderliche Digitalisierung der Schule, besonders unter Corona-Bedingungen, (noch) nicht geklappt hat, obwohl eigentlich die Mittel zur Verfügung stehen, ist für unser technisch hoch entwickeltes Land sehr peinlich. Wo sind die versprochenen Laptops, Anti-Covid-Filteranlagen? Wo bleibt das WLAN? Da niemand dafür die Verantwortung übernimmt, gibt es auch keine Schuldigen. Nur die Lehrerschaft muss sich mit der mangelhaften Ausstattung arrangieren und bemüht sich sehr, dass ihre Schülerschaft nicht verloren geht, auch ohne geeignete Endgeräte. Was mich aber richtig ärgert, ist, dass berechtigte pädagogische Forderungen, wie im Artikel beschrieben, zum Beispiel individuelle Förderung ermöglichen, kleine Lerngruppen in fachlich gut ausgestatteten Räumen zu schaffen und Lernoffenheit für neue Erfahrungen zu stärken, schon zu Beginn meiner pädagogischen Tätigkeit – vor mehr als 30 Jahren – benannt wurden. Viele Wissenschaftler und Pädagogen, zum Beispiel Gerald Hüther, Jesper Juul und Manfred Spitzer weisen seit Jahrzehnten darauf hin, wie Kinder am besten lernen und was die Schule dafür tun muss. Ich bin wieder aufs Neue verblüfft, dass die beschriebenen Vorschläge noch immer nicht in unserem Bildungssystem umgesetzt sind und es wahrscheinlich in meiner Lebenszeit auch nicht werden. Große Anerkennung verdienen die vielen Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher, die sich tagtäglich mit großem persönlichen Engagement für eine bedürfnisorientierte, kreative, selbst aktive und sozial-emphatische Bildung unserer Kinder einsetzen und nicht aufgeben, trotz der unzureichenden und belastenden Bedingungen. Unser Bildungssystem steckt seit 30 Jahren fest, soll aber heute die Menschen ausbilden, die morgen die Zukunft gestalten sollen. Eva-Maria Hartmann-Johnsen, Hannover Lesen Sie auch: Die Schule der Zukunft Veröffentlichungen in dieser Rubrik sind keine redaktionelle Meinungsäußerung. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Bei allen Einsendungen bitten wir um Angabe der vollständigen Absenderadresse. Wollen auch Sie uns Ihre Meinung mitteilen? Dann schreiben Sie uns auf diesem Weg. Leser Dietmar Raufuß aus Springe: „Zoom-Konferenzen sind ein Notbehelf“: Für eine Auseinandersetzung mit einzelnen Aussagen in dem Artikel ist hier kein Platz. Aber dies: Mir fehlt eine grundlegende Bestimmung dessen, was den Kern des Unterrichtsgeschehens ausmachen soll – ist es die Präsentation von fertigem Wissen (die gibt es natürlich auch) oder die gemeinsame methodische Arbeit an Problemen? Das kann zum Beispiel die Analyse eines Textes sein, eine Übersetzung, die Interpretation von Tabellen, Grafiken oder Landkarten, das Lösen eines mathematischen Problems. Diese Art Arbeit ist meines Erachtens nur im lehrergeführten Gespräch, im Dialog möglich und nicht mittels eines Vortrages in einem digitalen Medium. Medien bleiben für mich immer mehr oder minder hilfreiche Unterstützer der geistigen Arbeit. Konferenzschaltungen wie Zoom ermöglichen Gespräche, sind aber gegenüber der Klassensituation ein Notbehelf. Dietmar Raufuß, Springe Von HAZ