Altes Rathaus in Göttingen: Spätzle, Sex und Dolce Vita mit Roberto Capitoni

Lachen verbindet, daran können auch coronabedingt große Abstände in einem Veranstaltungsraum nichts ändern. Den besten Beweis dafür lieferte im Alten Rathaus Roberto Capitoni mit seinem Programm „Spätzle, Sex und Dolce Vita – mein Leben zwischen Amore und Kehrwoch.“ Rooooberto, die Betonung seines Vornamens lässt das Publikum allein schon glucksen, ist halb Italiener, halb Deutscher, aber eben auch Schwabe. Eine ausgezeichnete Mischung, um das Publikum mit auf eine unterhaltsame Reise zu nehmen. Schlagfertig, witzig, temperamentvoll und enorm wandlungsfähig begeistert Capitoni 90 Minuten lang im Alten Rathaus – „ist ein bisschen wie im Game-of-Thrones-Saal“. Der hohe Rasen war schuld: In seiner Brust schlagen gleich mehrere Herzen. Wenn es um „Amore“ geht, dann ist er eindeutig Italiener, wie er immer wieder betont. Dass die italienische Fußball-Nationalmannschaft nicht bei der WM 2018 dabei war, eine nationale Katastrophe. Er findet schnell eine Lösung: „Dann bin ich eben für Deutschland.“ In dem Fall auch keine gute Idee, wie er sich einen kleinen Seitenhieb auch nicht verkneifen kann, denn „was ist besser, gar nicht dabei zu sein oder hinter Südkorea Gruppenletzter zu werden?“ Capitoni hat eine mögliche Erklärung für das Desaster parat: Der offensichtlich zu hohe Rasen – „da sind die Südkoreaner wahrscheinlich einfach unbemerkt durchgekommen.“ Fußball ist im Hause Capitoni ohnehin ein sensibles Thema. Da versteht der Fan des 1. FC Köln und von Juventus-Turin keinen Spaß, kann auch schon einmal ein wenig unwirsch werden, wenn er gestört wird. Auf den dezenten Hinweis seiner Gattin, es sei doch draußen schon so dunkel, im Fernsehen würde während des Spiels die Sonne aber noch scheinen – ist seine Antwort kurz, sehr kurz „ja aus vier Richtungen“. Der Herr des Hauses hat es ohnehin nicht leicht, sich gegen Frau und Tochter durchzusetzen. Selbst die elektrische Küchenhilfe würde besser behandelt als er. Thermi und Mixi seien zärtliche Koseworte. „Wenn Du vier Räder dranmachst, dann ist es ein Porsche.“ Wenig Unterstützung sei auch von seiner Tochter zu erwarten. Ihr Helfersyndrom sei nicht sonderlich ausgeprägt. Mit letzter Kraft schaffe sie es gerade noch, den Frühstücksteller auf die Spüle zu stellen. Für 20 Zentimeter tiefer, nämlich ihn in der Spülmaschine zu platzieren, reiche die Muskulatur nicht. Die Ordnung im Zimmer seiner „Principessa“ ließe ebenfalls sehr zu wünschen übrig und sei ein wenig mit Ikea vergleichbar. „Du willst nichts kaufen, kommst aber mit Tellern, Gläsern und Flaschen raus.“ Lesen Sie auch: KiSN – die virtuelle Bühne für Künstler in Südniedersachsen Verlässlicher Ratgeber: Capitoni bezieht das Publikum mit ein, aber immer nur kurz, denn er hat ja selber so unglaublich viel zu erzählen. Beispielsweise von seinem Patenonkel Luigi, seinem äußerst verlässlichen Ratgeber in allen Lebenslagen. „Wenn Du ein Problem hast, dann löse es“, lautet das Credo der italienischen Verwandtschaft, die auch gleich die Lösung parat hat: „Lass es wie einen Unfall aussehen.“ Der Kabarettist gestikuliert wild, rollt mit den Augen, spielt sich in die verschiedenen Charaktere regelrecht hinein und nimmt sein Publikum mit in sein Leben. Auch in sein Leben als Schwabe, über das sich vortrefflich lachen lässt. Was macht ein Schwabe mit einer Kerze vorm Spiegel? – Er feiert den zweiten Advent. Auch die Zusammensetzung einer schwäbischen Tomatensuppe (roter Teller, heißes Wasser) löst große Begeisterung beim Publikum aus. Die Zuschauer wollen das deutsch-italienische-schwäbische Energiebündel gar nicht von der Bühne lassen. Er spricht entwaffnend ehrlich über die Probleme des Alterns und dessen Bekämpfung („Wolfgang Joop sieht aus, als sei er einer, der von den Körperwelten weggerannt ist“), über Dinkelwaffeln, die sich ausgezeichnet zur Tsunami-Prophylaxe eignen würden, da sie so pappig seien und das Leben an sich. Und als Capitoni zum Abschluss noch Luis de Funés und Darth Vader aufeinandertreffen lässt, müssen die Lachmuskeln Schwerstarbeit verrichten. Die Autorin erreichen Sie per E-Mail unter v.schwarze@goettinger-tageblatt.de Lesen Sie auch KiSN: Unterstützung für Künstler aus dem Landkreis Göttingen – GT - Göttinger Tageblatt Corona Hilfsaktion für Künstler in Not vom Verein Kunst in Göttingen Von Vicki Schwarze