Fotobuch: Historische Fotografie in Göttingen und Umgebung

Der Göttinger Hernfried Arndt gilt als passionierter Sammler mit verschiedensten Interessen. Ein Interesse gilt historischen Fotografien aus Göttingen und Umgebung. Ein umfangreiches Konvolut solcher Aufnahmen hat er zusammengetragen. Einen Teil davon sollte er in der Alten Schule in Bovenden ausstellen. Die Kulturfreunde Bovenden wollten das organisieren. Die Corona-Pandemie verhinderte die Schau – nicht aber ein dazugehöriges Fotobuch: „Beiträge zur Geschichte der Photographie in Göttingen“ heißt das Werk, das jetzt erschienen ist. Thomas Minzloff und Tamara Wahby von den Kulturfreunden haben sich des Themas angenommen. Sie sichteten die Fotografien und schrieben Texte dazu. Das Buch ist gegliedert in zahlreiche Abschnitte. Neben Sie steigen ein mit „Biobgraphischen Notizen“. Vor allem Informationen über die ersten professionellen Fotografen in Göttingen haben sie hier zusammengetragen. Berufsbild des Fotografen: Die Autoren haben sich aber auch Gedanken über das Berufsbild des Fotografen gemacht. Sie stellen den „Verein für Photographie in Göttingen“ vor und den „Fotoclub Göttingen“. Sie schildern aus ihrer Sicht den Übergang von der „Malerei zur Fotografie“. Schließlich widmeten sie sich auch den sogenannten Silhouetten. Vor Erfindung der Fotografie befriedigten die Menschen ihr Bedürfnis nach Abbildern über Scherenschnitte, die von professionellen Schneidern angefertigt wurden und die Porträtierten im Profil, aus schwarzem Karton geschnitten, zeigten. Die Kunstsammlung der Universität verfügt über eine umfangreiche Sammlung solcher Scherenschnitte. Ein Verzeichnis Göttinger Fotografen bis 1930 schließt sich an. Die Liste reicht über 55 Seiten, viele Fotografen waren in der Region tätig. Abbildungen der Stadt und der Umgebung: Den Teil mit Abbildungen von Fotografien haben Minzloff und Wahby in 20 Bereiche gegliedert, darunter Ereignisse, Familie, Feuerwehr, Göttinger Stadtbild und Umland, Militär, Porträts, Schützen, Schule, Theater, Universität und einiges andere. Der Fotograf Johann Heinrich Hoyer (1837-1915) beispielsweise verdiente sein Geld mit fotografischen Porträts. Von ihm sind allerdings auch Abbildungen der Stadt und der Umgebung erhalten. Sein Atelier hatte er in der Buchstraße, der heutigen Prinzenstraße. Dort gründete der Zeitungsverleger Gustav Wurm 1889 das Göttinger Tageblatt. Das Gebäude, in dem die Redaktion und die Buchdruckerei untergebracht waren, hielt Hoyer im Bild fest. Auch eine Fotografie des Krankenhauses Neu-Mariahilf im Jahr seiner Eröffnung 1897 hat Hoyer erstellt. Abbruch-Baustelle in der Weender Straße: Im Kapitel „Bauen“ stößt der Leser auf eine große Abbruch-Baustelle an der Ecke Weender Straße/Jüdenstraße. Dort steht derzeit noch das Gothaer Haus, das demnächst auch abgerissen werden soll. Arbeiter beim Straßenbau stellten sich neben dem Alten Rathaus für den Fotografen in Positur. Wilhelm Heinrich Grape (1860-1925) hielt für den Firma L. Köthe die „Neueindeckung des nördlichen Turmhelms der Johanniskirche 1904“ fotografisch fest. Im Kapitel „Berufe“ stützt sich ein Schlachter auf seine Beil und ein Jäger auf sein Gewehr. Tischler präsentieren sich stolz in ihrer Werkstatt und Landarbeiter aus Grone auf einer Erntemaschine. Im Abschnitt über studentische Verbindungen sieht man die jungen Männer beim Fechten und beim Feiern. Zum Frühschoppen haben sie sich am Ratskeller auf dem Marktplatz eingefunden. Auf einer anderen Fotografie sieht man sie an einer langen Tafel rund um das Gänseliesel sitzen. Adolf Kolle (1858-1936) hat für diese Aufnahme einen erhöhten Standpunkt eingenommen. Hochwasser auf dem Bahnhofsvorplatz: Unter „Ereignisse“ haben die Autoren ein Hochwasser im Jahr 1909 eingeordnet, das weite Teile der Innenstadt überflutete. Wasser stand auf dem Bahnhofsvorplatz, am Groner Tor, an der Bürgerstraße bis hin zum Rosdorfer Weg. Weitere Ereignisse: das Hainbergrennen für Motorräder und Automobile, das 1923 erstmals ausgetragen wurde. Das Buch „Beiträge zur Geschichte der Photographie in Göttingen. Sammlung Hernfred Arndt“ mit Texten von Thomas Minzloff und Tamara Wahby umfasst 203 Seiten mit 855 Abbildungen. Es kostet 20 Euro, der Versand zudem 3 Euro. Es kann bestellt werden über das Kontaktformular auf der Homepage der Kulturfreunde Bovenden unter kulturfreunde-bovenden.de/kontakt-impressum/. Von Peter Krüger-Lenz