GSO und „Art la danse“ begeistern mit Tschaikowskys „Schwanensee“

Ursprünglich war dieses Programm im GSO-Saisonprogramm nicht vorgesehen. Es war der Ersatztermin für das Mitte Oktober angesetzte erste Konzert der Reihe „Lokhalle Klassik“, das kurzfristig wegen einer vermeintlichen Bombenräumung abgesagt werden musste – auch wenn sich dann die vermeintliche Bombe als harmloser Metallklumpen entpuppte. GSO-Chefdirigent Nicholas Milton machte aus der Not eine Tugend: Als Trostpflaster spendierte er dem Publikum die getanzte „Schwanensee“-Aufführung, die zunächst nur als Orchesterwerk präsentiert werden sollte. Russische Musik von Borodin und Tschaikowsky: Bevor in der Pause das Podium für die Tänzerinnen und Tänzer eingerichtet wurde, gab es ein grandioses Programm mit russischer Musik von Borodin und Tschaikowsky. Milton eröffnete den Abend mit den zündenden Polowetzer Tänzen von Alexander Borodin, in denen er das hervorragend disponierte Orchester zu virtuosen Höchstleistungen animierte. Das hatte ungeheuer viel Schwung, Spannkraft und feuriges Temperament. Derart angeheizt, war das Publikum anschließend bei Tschaikowskys b-Moll-Klavierkonzert kaum noch zu bremsen: Es entlud seine Begeisterung schon mal nach dem ersten Satz in lautstarkem Applaus. Virtuose Technik von Solist Christopher Park: Das lag nicht nur am animiert aufspielenden Orchester, sondern mehr noch an dem brillanten Spiel des Klaviersolisten Christopher Park. Der 32-jährige Musiker – geboren in Bamberg mit deutsch-koreanischen Wurzeln – besitzt eine ungemein virtuose Technik, eine enorme pianistische Kraft, mit der er auch in längeren Akkordkaskaden immer noch blitzende Akzente setzen kann, eine perfekte Oktaventechnik, eine wieselflinke Geläufigkeit, die ihm beispielsweise im raschen Mittelteil des langsamen Satzes keinerlei Tempolimit zu setzen schien. So rasend schnell und gleichzeitig gestochen scharf hört man diese vertrackten Läufe selten. Dass das Orchester in diesen Tempi mit dem Pianisten stets auf Augenhöhe blieb, bewies die hohen Qualitäten der GSO-Musiker aufs Schönste. Und Park kann auch wunderbar zart musizieren: Das zeigte er in der Zugabe, dem nachgelassenen cis-Moll-Nocturne Chopins (B.49), auf atemberaubende Weise. „Schwanensee“-Ballett überstrahlte alles: Aber all diese musikalischen Glanzpunkte überstrahlte am Ende das „Schwanensee“-Ballett. Choreographin Judith Kara hatte dafür 40 Tanzschülerinnen und -schüler ihrer Ballettschule „Art la danse“ im Alter zwischen sieben und 30 Jahren ausgewählt und dazu drei Solisten engagiert. Sehr geschickt nutzte sie den vergleichsweise kleinen Raum auf dem Podium vor dem Orchester, ließ die in handgearbeiteten klassischen Kostümen gekleideten Elevinnen vorzugsweise nebeneinander auftreten, verschieden gruppiert, mal zu sechst oder zu dritt oder zu zwölft in einer breitgestreckten Reihe. Selbstverständlich nahm sie auf die Leistungsfähigkeit ihrer Schützlinge Rücksicht: Wer den Spitzentanz noch nicht beherrschte, hatte einfachere Schrittfolgen auszuführen. Wenn diese dann so anmutig und graziös, zudem derart synchron gezeigt werden, ist die Wirkung dennoch frappant. Es war ein wahrer Augenschmaus, der durch feine solistische Leistungen – etwa die Hebefiguren, bei denen die Tänzerin, getragen von ihrem Partner, jeglicher Schwerkraft enthoben schien – noch gesteigert wurde. Zweiteilige Zugabe mit Wirkung: Der Beifall der entzückten Zuschauer brauste gewaltig nach diesem Auftritt und wurde durch eine ganz besonders choreographierte zweiteilige Zugabe belohnt. Erst präsentierten sich die allerjüngsten Ballettschüler, zehn Mädchen und ein Junge, in einer kleinen Extranummer auf der Bühne, wobei auch Dirigent Milton den Schritt aufs Parkett wagte und zwei Schülerinnen zur Drehung führte. Zum Schluss war der ganze Zuschauerraum in die Choreographie einbezogen, die Tänzerinnen konnten sogar Kontakt mit dem Publikum aufnehmen. Das mündete in Standing Ovations. Ein zauberhafter Abend. Die nächsten GSO-Termine: Am Sonntag, 1. März, um 11 Uhr gibt es eine Matinee im Deutschen Theater mit Werken von Weber (Freischütz-Ouvertüre), Tschaikowsky (Violinkonzert mit dem Solisten Robert Lakatos) und Schumann („Rheinische“) unter der Leitung von Nicholas Milton. Die nächsten Konzerte der Reihe Aula Klassik sind am Donnerstag, 5., und Freitag, 6. März, jeweils um 19.45 Uhr in der Aula der Universität angesetzt. Zu hören sind Werke von Brahms (Violinkonzert) und Mendelssohn („Schottische“). Solist ist Alexey Semenenko, es dirigiert Nicholas Milton. Am Donnerstag, 12. März, wird die neue Reihe Aula Inspiration fortgesetzt. Gastdirigent und Blockflötensolist ist Maurice Steger. Zu hören sind Werke von Georg Philipp Telemann. Von Michael Schäfer

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