Göttinger Künstler blicken auf die Klimakrise

Künstler sollten sich mit der Klimakrise beschäftigen. Dieses Anliegen hat der Göttinger Verein „Kultur unterstützt Stadt Göttingen“ (Kunst) mit einem Wettbewerb verfolgt. 42 Künstler aus der Region haben sich daran beteiligt. Am Dienstag wurde die Ausstellung dazu in der Galerie Art Supplement eröffnet – der erste Teil. Drei Künstlerinnen und einen Künstler hat die Jury des Wettbewerbs zu Siegern des Wettbewerbs gekürt: Aresh Garemani, Ute Gruenwald, Sabine Harton und Lilly Stehling. Mit weit aufgerissenen Augen: Garemani hat ein Foto inszeniert, ein aufwendiges Prozedere, wie er während der Eröffnung erzählte. Sein Protagonist sitzt mit weit aufgerissenen Augen an einem Tisch, Messer und Gabel erhoben. Vor ihm auf dem Teller die Weltkugel. „Das tödliche Spiel der Gier“ hat er dieses sehr theatralische Bild genannt. Ute Gruenwald überzeugte die Jury mit einem Konzept – „eine Ausstellung in der Ausstellung“, erläuterte Nils König von „Kunst“. Die Künstlerin hat eine Mappe auf einen Galeriesockel gelegt, darin die Beschreibungen potenzieller Kunstwerke bis hin zu Material und Größe. Besucher sind aufgefordert, selbst Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Die Größe des Sockels wählte sie so, dass beim Umblättern die einzelnen Blätter keinen Platz mehr darauf haben. Sie fielen herunter, erklärte Gruenwald. Sie betonte, dass sie keine Lösungen habe, „ich bin keine Wissenschaftlerin“. Emotionen wolle sie ausdrücken, Sorgen und Ängste. Und König bekannte: „Ich würde mir wünschen, dass es diese Ausstellung wirklich einmal gibt.“ Wasser bis zum Hals: Sabine Harton hat ein Doppelwerk eingereicht. „Fate I und II“ (Schicksal I und II). Auf einem Bild ist ein Kind zu sehen, das in einem übergroßen Anorak steckt. Das Blau um das Kind herum erinnert an Wasser. Hier schmilzt und tropft Eis. Dazu hat sie ein viereckiges Glasgefäß gestellt, darin ein modellierter Kopf, dem das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht. „Wie gehen wir mit der Welt um, wie geht unsere Nachfolgegeneration mit der Welt um?“ Über solche Fragen wolle sie über die Kunst ins Gespräch kommen, sagte Harton. Die vierte Preisträgerin, Lilly Stehling erklärte ausführlich den Entstehungsprozess ihres Bildes „Klima-Crash“, das König als „kräftig und aussagestark“ bezeichnete. Sie habe eine politische Aussage treffen wollen, ohne politisch zu werden. Dazu habe sie das mit Malerei verbinden wollen. Sie selbst nannte das „eine Gratwanderung“. Sehr viel Klimakrise hat sie in ihr Sujet gepackt. Trockener Boden ist zu sehen und das Gegenteil, Überflutung. Brände lodern, in einer tieferen Bildebene türmen sich Plastikflaschen. Im Vordergrund birst eine Scheibe, laut Stehling „das Sicherheitsglas unserer Komfortzone“. Viel hat die Künstlerin gewollt. Schwere Wahl: Ursprünglich hätte die Jury drei Kunstwerke mit 500 Euro prämieren sollen. Doch die Wahl fiel wohl schwer. Über Spenden habe Geld eingeworben werden können, so dass jetzt vier Künstler ausgezeichnet worden sind. „Das sieht alles sehr interessant und inspirierend aus“, sagte König mit Blick auf den ersten Teil der Ausstellung. Doch trifft das nicht auf alle ausgestellten Arbeiten aus. Viele der Stücke zeigen einen eher schlichten Umgang mit dem sehr großen Thema. „Kunst vermag zwar nicht, die Krisen dieser Welt zu lösen, aber sie kann radikale Kritik formulieren, kann den Klimawandel ästhetisch erfahrbar machen, kann inspirieren.“ Das zitiert der Verein aus dem Buch „Klima Kunst Kultur“. Dazu allerdings müssen die Künstler tatsächlich radikal formulieren, und das ist nicht vielen in der Ausstellung gelungen. Die Ausstellung läuft bis zum 12. Juli in der Galerie Art Supplement, Burgstraße 38 in Göttingen. Nach zwei Wochen werden die Arbeiten gegen jene der weiteren Wettbewerbsteilnehmer ausgetauscht. Die Werke der Gewinner bleiben dagegen bis zum Ende. Die Galerie ist montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 13 Uhr geöffnet. Am Schaufenster hängt eine Liste mit Anwesenheitszeiten der Künstler aus. Es dürfen sich immer nur fünf Besucher gleichzeitig in dem Galerieraum aufhalten. Die Desinfektion der Hände und das Tragen einer Mund-Nase-Maske ist dabei obligatorisch. Die Schau war als Teil der Klimaschutz-Tage Göttingen vom 19. bis zum 21. Juni gedacht. Wegen der Corona-Krise ist diese Veranstaltung diesmal zwar nicht komplett ausgefallen, aber anders organisiert. Gemeinsam mit vielen Akteuren haben die Veranstalter, die Stabsstelle Klimaschutz und Energie der Göttinger Stadtverwaltung, ein Online-Programm erarbeitet. Das ist zu finden unter klimaschutz.goettingen.de/tage. Mehr zur Galerie Art Supplement Lesen Sie auch: Kunst-Gala 2020 in Göttingen Sie erreichen den Autor unter Telefon 0551/901735 oder per Mail E-Mail: p.krueger-lenz@goettinger-tageblatt.de Von Peter Krüger-Lenz