Nach Publikationen über den Luftkrieg in Göttingen, Erkundungen rund um den Müll und eine Zusammenstellung der verschiedensten Wohnungsgesuche in der Unistadt Göttingen („Hat jemand ‘n Zimmer?“) hat Martin Heinzelmann nun einen Krimalroman im Angebot. Sein Debut hat mit dem Weser-Radweg von Hannoversch Münden nach Cuxhaven einen gut ausgesuchten, sowohl sportlich als auch landschaftlich reizvollen Hintergrund.
Heinzelmann, promovierter Soziologe, versteht es, recht geschickt den Plot der Erzählung in immer wieder neue, manchmal auch recht verwirrende Handlungsstränge aufzufächern. Um die nicht mehr ganz jungen Ehepaare Mareike und Peter sowie Bettina und Jürgen entwickelt sich der Gang der Ereignisse, die nicht selten von kurzen Selbstreflexionen der Beteiligten samt einem dem Autor nicht fremden bodenständig-schwarzen Humor flankiert sind.
Gleich zu Beginn finden die Vier eine Leiche in einem Gebüsch. Konsterniert verständigen sie die Polizei, setzen aber ihren Weg trotz dieser grausigen Entdeckung unverdrossen fort. Es stellt sich schnell heraus, dass Peter sich mit Mareike im Krisenmodus befindet, er will sich wegen seiner Freundin Vanessa von seiner Ehefrau trennen. Nur wie?
Eine Leiche und ein Bankräuber
Die weiteren Beteiligten: die Berliner Pflanze Reiner, der sich mit seinem Freund Heiko zu einer Wette verstiegen hat, trotz fehlender körperlicher Fitness den Weser-Radweg innerhalb einer Woche allein zu bewältigen – auf einem roten Damenfahrrad. Karl-Heinz und Dieter bilden ein weiteres mittelaltes Zweier-Team, noch ambitionierter, da sie die Radstrecke in flotten drei Tagen hinter sich bringen wollen. Doch es gibt einen, der dem ganzen Plot eine weitere Wendung verschafft – der Bankräuber Qualle. Dessen Beute von immerhin mehr als 13500 Euro findet Reiner. Er sorgt mit seiner Entscheidung, das Geld erst nach der Fahrradtour bei der Polizei abzuliefern, dafür, dass Qualle auf der Lauer liegt, um wieder an sein Raubgut zu kommen.
Heinzelmann überlädt die alltägliche, touristisch grundierte Erzählung nicht, vermeidet sinnvollerweise das plakativ Brutale und Groteske. Besonders schön sind die Stellen, wo das Drama heraufzieht, Heinzelmanns Ausdruck jedoch recht ungerührt bleibt: „Er musste handeln, und so lenkte er sein Fahrzeug im letzten Moment gegen die Beine des Mannes. ,Schade um mein schönes E-Bike’, ärgerte er sich noch , und da krachte es auch schon.“ So verschmelzen unmerklich Ungemach und Witz.
Erfahren und erwandert
Nicht nur dadurch insgesamt eine gute, spannende Unterhaltung, die durchaus zu empfehlen ist. Heinzelmann, stammt aus Lippstadt in Nordrhein-Westfalen und lebt in Göttingen. Er kennt sich gut in Niedersachsen und an der Weser aus: Er hat die Gegend erfahren und erwandert, wie er in einem Kurzstatement sinngemäß von sich gab. Und ein trefflicher Schlusssatz ist auch dabei, der recht gekonnt dem Ganzen die Krone aufsetzt.
Martin Heinzelmann: „Hätte, hätte Fahrradkette“. Schardt-Verlag Oldenburg, 203 Seiten, 12,80 Euro.
Von Martin Block