Night of light in Göttingen Interview mit Thenner

Mit der „Night of Light“ haben bundesweit zahlreiche Institutionen der Kultur- und der Veranstaltungsbranche auf ihre schwierige Lage während der Corona-Krise aufmerksam gemacht. Auch in Göttingen wurden 16 Veranstaltungsorte Alarmrot angestrahlt. Die Beleuchtung des Alten Rathauses hatte Michael Thenner organisiert. Mit dem Geschäftsführer der Göttinger Werbeagentur „Blaue Quelle“ und Vorstandmitglied im EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren haben wir über Resonanz und Erfolg der Aktion gesprochen. Tageblatt: Wie war aus ihrer Sicht die Resonanz auf die Aktion „Night of Light“? Thenner: Herausragend! Mehr als 6000 Teilnehmer bundesweit – und in Göttingen waren alle dabei: Vom Plattenladen über die Musa und unsere Theater bis zur Lokhalle und viele mehr. Es ist gelungen, ein deutliches Signal an die Politik zu geben, aus der es ja schon erste Reaktionen gibt. Klasse auch, dass die Stadt Göttingen für unsere Aktion mit Unterstützung des Oberbürgermeisters Köhler und der Geschäftsführerin von Göttingen Tourismus, Angelika Daamen, sofort grünes Licht für die Beleuchtung des Alten Rathauses gegeben hat und die Bauverwaltung extrem schnell alle Formalien geklärt hat – auch eine Form von positiver Resonanz. Hat es Solidaritätsbekundungen gegeben - oder gar konkrete Unterstützungsangebote? Wohl alle Teilnehmer an der „Night of Light“ haben sehr viel Zuspruch erhalten, persönlich, in den sozialen Netzwerken und den Medien. Das war wichtig. Jetzt müssen weitere konkrete Unterstützungsangebote aus der Politik folgen. Wie beurteilen Sie und Ihre Mitstreiter den Erfolg der Aktion? Gemeinsam mit der Veranstaltungstechnikfirma light-house, dem Bullerjahn und Göttingen Tourismus konnten wir durch die Beleuchtung von wohl Göttingens ältester Veranstaltungslocation, dem Alten Rathaus, ein symbolisches Zeichen setzen: Veranstaltungen gibt es schon immer, aber jetzt schon seit langem und wohl auch noch länger nicht mehr – was sich für viele Unternehmen und Solokünstler existenziell auswirkt. Viele Spaziergänger sind eigens spät abends in die Fußgängerzone gekommen, haben uns Mut gemacht, Solidarität bekundet und das Gespräch gesucht. Das war bundesweit so – also ein riesiger Erfolg, sogar mit Berichterstattung in den größten Nachrichtensendungen im Fernsehen und in allen Zeitungen. Glauben Sie, dass die „Night of Light“ dazu beitragen kann, die Veranstaltungsbranche zu stützen, oder werden viele der Firmen demnächst nicht mehr existieren? Leider beides. Der Politik wurde die Problematik im wahrsten Sinne mit Rotlicht vor Augen gehalten, so dass die Aktion etwas geschafft hat, das den einzelnen Verbänden und Aktiven zuvor so nicht gelungen war: Die gesamte Branche hat gemeinsam etwas bewirkt und allen ist klar geworden, um wie viele Arbeitsplätze, Schicksale und bevorstehende Insolvenzen es hier wirklich geht, wer und wie viele betroffen sind. Allerdings ist dadurch das Virus auch nicht weg, und finanzielle Hilfen werden nicht endlos und unbegrenzt möglich sein. Wir mussten zum Beispiel unsere Veranstaltungsfirma aufgeben, und ich kenne leider noch andere, die ihre Insolvenz eingeleitet haben. Durch unser Know-how in der Veranstaltungsbranche sind in unserer Werbeagentur gut 30 Prozent der Kunden aus der Veranstaltungsindustrie: nationale Kongresszentren und Caterer, Solokünstler, Restaurants, Hotels, Veranstaltungstechnikfirmen und andere. Auch wir kämpfen deshalb mit einem sechsstelligen Umsatzverlust, der akut auch bei uns Arbeitsplätze gefährdet. Und uns geht es noch gut dabei. Aber wir haben Kunden, die seit Mitte März quasi überhaupt keine Umsätze mehr in ihrem Bereich machen können: Technikfirmen, Künstler, Eventcaterer. Da sind viele Insolvenzen unvermeidlich, und das wirtschaftliche Überleben ist manchmal einfach nur noch Glücksache. Die Veranstaltungswirtschaft ist der erste Wirtschaftszweig, der von der COVID-19-Krise getroffen wurde und der auch mit großer Wahrscheinlichkeit am längsten und tiefgreifendsten von den Auswirkungen betroffen sein wird. Die „Night of Light“ war eine bundesweite Initiative zur Rettung der Kultur- und Veranstaltungsbranche in Corona-Zeiten und ein Appell an die Politik. Das Ziel der Aktion war nach Aussage der Veranstalter, „mit der Politik im Rahmen eines Branchendialogs ins Gespräch darüber zu kommen, wie die milliardenschwere, extrem heterogene Branche der Veranstaltungswirtschaft vor einer massiven Insolvenzwelle gerettet werden und der Erhalt von bundesweit mehreren hunderttausend Arbeitsplätzen gesichert werden kann“. Initiator der Aktion war Tom Koporek von der LK-AG Essen. Von Peter Krüger-Lenz