Jesus ist Jesus, oder nicht? Egal woraus er gemacht ist“. Für den prollig daherkommenden Museumswärter David (Hermann Book), den ehemaligen Rausschmeißer eines Clubs, ist dies eine klare Erkenntnis. Die „Sahneschnitte“ der Kunstgalerie, ihm anfangs zuwider, hütet er vor den Augen der entsetzten Medien und peinlich berührten Fundamentalisten wie seinen Augapfel. Denn die zu bewachende Kruzifix-Darstellung ist bei näherer Betrachtung eine Collage aus Brustwarzen, herausgeschnitten aus Pornoheften. Skandalös, ein Jesus aus Nippeln also.
Diese prekäre, hintergründige Installation entstammt der Feder von Starautor Nick Hornby, umgesetzt von Konradin Kunze. Das 13. Göttinger Innenhof-Theater-Festival, nah dem Paulaner, liefert ein überzeugendes Ambiente: Ein teils edles, teils heruntergekommenes Loft. Sehr spielfreudig, temperamentvoll und leicht naiv mimt Hermann Book den cholerischen Rüpel David. Eine einstündige Solo-Performance, in der er das amüsierte Göttinger Publikum bespaßt, liebevoll „beschimpft“ und immer wieder miteinbezieht.
Anti-Held David
Es wird zudem Zeuge einer Entwicklung, in der sich David vom selbstgefälligen Kunstbanausen zum größten Verteidiger des „Warzenjesus“ mausert. Schuld ist Künstlerin Martha, die man zwar nicht zu Gesicht bekommt, deren „fische Schönheit“ dank lebhafter Beschreibung dennoch stets präsent ist.
Am Ende wird Anti-Held David, der uns mehr Toleranz lehrt, dennoch eine harte Lektion erteilt. Schmerzhaft erkennt er, der die Kunst einst verflucht hat, ihr eigentliches Ziel, die Provokation. So war zur Schachfigur im Spiel einer Künstlerin, die mit „Nipple Jesus“ die öffentliche Erregung bewusst einkalkuliert.
Sensibles, feinfühliges Theater, das zu Recht ausgiebig bejubelt wird.
Von Katharina Bednarz