Premiere war am Mittwochabend; zwei weitere Aufführungen stehen noch auf dem Programmplan.
Unheimlich sind die Geschichten, die Lautenbach in dem Ein-Personen-Stück erzählt. So beginnt er mit der Geschichte vom Barbier von Göttingen, die 1826 veröffentlicht wurde. Die Erzählung des britischen Autors fantastischer Literatur, Robert Macnish, dreht sich um den Barbier der Göttinger Professoren, der eines Tages Besuch vom Teufel bekommt und sich – wie er es auch anstellt – nicht mehr aus dessen Fängen winden kann. Bis auf die Spitze des Kirchturms treibt der Teufel den Barbier. Lautenbach gelingt es, die Angst und den Wahnsinn, die dieser erlebt, plausibel nachzustellen. Hierfür zeigt er nicht nur vollen schauspielerischen- sondern auch körperlichen Einsatz: So klettert er die Zuschauertribüne hinauf, hält zwischendrin inne, stürzt sich kopfüber hinab. Dabei geht er voll auf in seinem Schauspiel.
Nahtlos weiter geht es mit Lenore von Gottfried August Bürger. Eindringlich spricht Lautenbach die Verse der Ballade, die – je nach Quellenangabe – 1773 oder 1774 in Gelliehausen entstand. Darin verzweifelt Lenore beinahe, da ihr Geliebter Wilhelm nicht aus dem Siebenjährigen Krieg zurückkehrt. Doch eines nachts erscheint ihr Wilhelm – und nimmt sie mit auf einen rasanten Ritt durch Raum und Zeit, vorbei an allerlei komischen Gestalten und Geistern, ehe er sie für immer in sein Totenreich nimmt. Lautenbach gelingt es mühelos, den Zuschauer zu fesseln. Die wenige Requisite und keinerlei Musikeinspieler geben den Blick frei auf sein Schauspiel.
Das Mädchen mit den Gänsen von Friedrich Friedland wurde von Roland Schimmelpfennig entdeckt – in Havanna. Über den Urheber der Erzählung ist nichts bekannt, aber dass er Göttingen gut gekannt haben muss, wird schnell deutlich. So taucht der Zuschauer schnell ein in die düstere Welt der Universitätsstadt, in der sich ein Pelzhändler wiederfindet. Eigentlich will er mit der Frau des Universitätspräsidenten ein gutes Geschäft machen, doch am Ende kommt es natürlich anders als geplant, was vor allem für das Mädchen mit den Gänsen übel ausgeht.
Die Geschichten, die Lautenbach erzählt, sind nicht nur gruselig, sondern stellenweise auch unheimlich komisch. Unterhaltsam berichtet er – teilweise aus der Perspektive des Erzählers, teilweise aus der Perspektive der Betroffenen – über die möglichen und unmöglichen Gegebenheiten in Göttingen, die sich allesamt nachts zutragen. Dabei geht er voll auf in seinem Schauspiel; fantasievoll füllt er seine Rollen aus und zieht durch pointierten Einsatz von Mimik und Gestik in seinen Bann. „Das Gänsehautliesel“ ist ein kurzweiliges Stück, das Grusel und Unterhaltung treffend miteinander vereint.
Die nächsten Termine: Freitag, 22. Dezember und Sonnabend, 23. Dezember, jeweils um 20.15 Uhr.
Von Maren Iben