Waldrand-Orchester feiert 50. Geburtstag in Göttingen

Auf beschwingte 50 Jahre kann das Waldrand-Orchester zurückblicken. Auf keineswegs immer einfache Jahre. Nicht schwergefallen ist hingegen die Namensfindung. Im „Waldschlösschen“ in Bremke am Waldrand gegründet, was liegt da näher, als dem Orchester einen Namen zu geben, mit dem viele etwas anfangen können. Und ein wenig romantisch soll er auch sein, und deutsch, wie sich Gründungsmitglied Carl Mahlmann in der eigens zu diesem Ereignis erstellten Festschrift erinnert. Mit „Jazz in Deutschland“ wird der Orchestername schließlich untertitelt, damit kein Zweifel an der Musikrichtung aufkommt. Wobei Mahlmann zugibt, dass die Truppe richtigen Jazz der 20er und frühen 30er Jahre gar nicht kann. Allerdings ähnelt der Klang den deutschen Orchestern der damaligen Berliner Szene. „Die ja unsere Vorbilder waren und die es auch nicht richtig konnten“, erklärt das Gründungsmitglied in der eigens zum Jubiläum erstellten Festschrift. Schräge Truppe mit ganz viel Spaß: Eine ziemlich schräge Truppe seien sie gewesen. Ein Schlagzeug gab es nicht, dafür neben sechs Bläsern eine Geige, zwei Tuben und zwei Banjos. Vielleicht nicht unbedingt die klassische Zusammensetzung, aber kreativ seien sie gewesen. Und hatten unglaublichen Spaß bei dem, was sie taten. Angefangen vom Blue Note am Wilhelmsplatz über Hannover, Heilbronn bis Hamburg trat das Waldrand-Orchester auf. Inzwischen besteht das Orchester aus insgesamt 13 Musikern, darunter sind auch drei Frauen. Vier Saxofone beziehungsweise Klarinetten, zwei Trompeten, Posaune, Tuba, Bass, Piano, Banjo, Schlagzeug und Violine sorgen für den richtigen Ton. Originell wie möglich: Neben Titeln aus alten deutschen Tonfilmen wie zum Beispiel: „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau’n, oder „Das Fräulein Gerda“ wird das Waldrand-Orchester nicht zuletzt durch die Comedian-Harmonists inspiriert. „Das Waldrand-Orchester bemüht sich, die Stücke so original wie nötig, aber so originell wie möglich vorzutragen“, erzählt Christian Mayer-Boness, der Sprecher des Orchesters. Er ist selber Mitglied, spielt die Jazz-Violine im Orchester. Und weiß viel zu berichten aus früheren Zeiten. „Es hat auch schon mal Prügeleien wegen Frauen gegeben. Oder es sind auch schon mal Schlüssel durch die Luft geflogen, wenn man falsche Töne gespielt hat“, erzählt das Orchester-Mitglied und lacht. Großer Umbruch: Auf und Ab’s hat es in der 50-jährigen Geschichte einige gegeben. Einen großen Umbruch gab es, als Gründer Carl Mahlmann in der zweiten Hälfte der 70er aus beruflichen Gründen seinem Team den Rücken kehrt. In der ersten Hälfte der 80er Jahre läuft es eigentlich ganz gut, das Orchester hat viele Auftritte. Doch dann kommt der nächste Schock, als Orchesterleiter Paul Dotzert 1985 die Band verlässt. Generationenkonflikte sollen den Ausschlag gegeben haben. Dazu kommt der Weggang mehrer Musiker, die anschließend als die „Syncopators“ in Erscheinung treten. „Da war das Orchester tatsächlich am Kippen und es fehlte nicht viel, dass es sich aufgelöst hätte“, erzählt Mayer-Boness. Sogar das Jazzfestival 1988 musste abgesagt werden. Doch die Truppe fing sich, schaffte es, sich wieder aufzurichten, bekam neue Musiker dazu, die teilweise bis zum heutigen Tag dabei sind. „Wir haben zwei fantastische Musiker aus Belgien gekriegt, die sind dann aber 2016/17 schon wieder gegangen. Das war sehr deprimierend“, erinnert er sich. Auftritt beim Jazz-Festival: Doch das Waldrand-Orchester hat Glück, bekommt mit Florian Serwazi einen exzellenten Saxofonisten und Klarinettisten, der seit Mitte 2018 dazu gehört und mit dafür sorgt, dass es jetzt wieder häufiger heißt „Let’s swing“. Zum Beispiel auch wieder beim Jazz-Festival in Göttingen. „Darauf freuen wir uns schon sehr“, sagt Mayer-Boness abschließend, aber erst einmal auf das Jubiläum, das am Sonnabend um 19 Uhr im Alten Rathaus gefeiert wird. Zum Waldrand-Orchester gehören: Axel Zimmer (Orchesterleiter), Walter Schulz, Thomas Wangler, Kai-Uwe Schütz, Rolf Würriehausen, Burkhard Vollmer-Flemming, Emöke Szabo, Christine von Buttlar, Stefan Baudis, Christian Meyer-Boness, Maria Schütz, Gerald Feldhusen, Florian Serwasi. Mit einem Festakt wollte das Waldrand-Orchester sein 50-jähriges Bestehen im Alten Rathaus in Göttingen feiern. Doch die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Jürgen Trittin (Grüne) wurde abgesagt, um eine weitere Verbreitung des Coronavirus möglichst zu vermeiden. Ein Nachholtermin soll gesucht werden, sobald sich die Lage normalisiert hat. Die bereits gekauften Karten behalten ihre Gültigkeit. Lesen Sie auch: Welcome-Konzert und „Jazz am Willi“ Die Autorin erreichen Sie per Mail unter: v.schwarze@goettinger-tageblatt.de Von Vicki Schwarze

Geburtstag - Waldrand-Orchester bricht noch immer „die Herzen der stolzesten Frau’n“