Im Literarischen Zentrum Göttingen hat Jacqueline van Maarsen am Donnerstag zusammen mit ihrem Ehemann Ruud Sanders von dem bewegenden Zusammenspiel der Bücher berichtet und aus ihnen gelesen.
Für Generationen weltweit ist mit Anne Franks Tagebuch das Schicksal einer verfolgten jüdischen Familie in den von den Nazis besetzten Niederlanden ganz konkret nachvollziehbar geworden. Van Maarsen bezeichnet sich selbst als „Teil der Legende Anne Frank“. Als eine, die Dank der Entschiedenheit ihrer Mutter den Holocaust überlebt hat, bringt sie Anne Franks und ihr eigenes Leben in den Lesereisen von der Ebene des Geschriebenen ins persönliche Erleben.
Klare Erinnerung
Wegen der besonderen Umstände habe sie die Zeit mit Anne besonders intensiv erlebt und noch eine klare Erinnerung, berichtete die Mittachtzigerin. Dabei ging es ihr zunächst wie wahrscheinlich vielen, die Krieg und Terror überstanden hatten: Vergessen habe sie wollen. Erst seit rund 20 Jahren hat sich van Maarsen durch das Schreiben ihrer Memoiren und speziell der literarischen Aufarbeitung ihrer Freundschaft zu Anne Frank dem Vergessen bewusst entgegengestellt.
Die Göttinger Historikerin Petra Terhoeven begleitete den Abend mit Hintergrundwissen – auch zum Ausgangspunkt, zu Anne Franks Tagebuch. So wusste sie zu berichten, dass in den ersten deutschsprachigen Auflagen deutsch-kritische Passagen entfernt wurden, ein Umstand, der auch für van Maarsen neu und überraschend war. Lebenserfahren war ihre Reaktion: Es sei durchaus nachvollziehbar, dass man sich so kurz nach dem Krieg nur ungern mit dem jüngst Geschehen habe auseinandersetzen mögen.
Außergewöhnliche Freundschaft
Gut, dass es korrigierte Neuauflagen und erklärende Bücher wie die von van Maarsen gibt. Sie stehen dafür, dass die außergewöhnliche Freundschaft der Mädchen Anne und Jacqueline noch lange Menschen berühren und ihnen helfen wird, sich in eine ansonsten kaum vorstellbare Zeit hineinzuversetzen.
Von Isabel Trzeciok