Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, hat das zunehmende Desinteresse in der Gesellschaft für die Mission deutscher Soldaten in internationalen Krisengebieten beklagt. Es sei ein Unding, wenn Bundeswehrangehörige in Afghanistan ihr Leben riskierten und sich zu Hause dafür rechtfertigen müssten, sagte Kirsch der „Rheinpfalz am Sonntag“ in Landau. Er erwarte auch von Kirchen und Gewerkschaften ein klares Bekenntnis zu den Einsätzen deutscher Soldaten, „die täglich Tod und Verwundung erleben und selber töten müssen“. Sie brauchten deutlich mehr Rückhalt in der Bevölkerung. Stattdessen gebe es mehr und mehr eine Entfremdung zur Bundeswehr.
Kirsch kritisierte, dass die Auslandseinsätze der Bundeswehr von der Politik immer noch verharmlost würden. Zwar sei Afghanistan in der Gesamtheit kein Kriegsgebiet, aber im Einsatzbereich der Bundeswehr in Kundus gebe es täglich Gefechte. Die deutschen Soldaten hätten es mit einem Gegner zu tun, der strategisch und taktisch klug vorgehe. „Damit sind wir in dieser Region in einem Kriegszustand“, betonte Kirsch. Er wundere sich über die Scheu der Politik, die Realität in Afghanistan akzeptieren zu wollen. Für die Soldaten stehe fest, „dass sie in einem Krieg sind“.
Forderungen nach einem Rückzug nannte Kirsch „dummes Zeug“. Die Debatte verunsichere nicht nur die Soldaten, sondern auch die afghanische Bevölkerung, sagte er. Wer in der jetzigen Situation einen Abzug fordere, „handelt unverantwortlich“. Die internationale Gemeinschaft komme nicht umhin, die Region vor allem mit zivilem Aufbau zu stabilisieren. Es sei zu lange auf die militärische Karte gesetzt worden.
ddp