In der Sitzung der Unionsfraktion habe sich Merkel am Dienstag dafür ausgesprochen, wegen des Vorgehens der türkischen Regierung nach dem Putschversuch keine weiteren Kapitel zu eröffnen, berichtete die „Bild“-Zeitung (Mittwoch). Die Kanzlerin habe den Unions-Abgeordneten empfohlen, dies auch in den Wahlkreisen bei Fragen zum Umgang mit der Türkei so zu erklären.
Das Europaparlament hatte am Donnerstag gefordert, die Beitrittsgespräche mit der Türkei auf Eis zu legen. Ankara reagierte zunächst mit der Drohung, das Flüchtlingsabkommen mit der EU aufzukündigen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte aber am Dienstag, das Thema EU-Beitritt sei trotz der angespannten Beziehungen vorerst noch nicht erledigt. Die Beitrittsverhandlungen waren 2005 offiziell aufgenommen worden.
Erdogan: Kapitel EU für Türkei noch nicht abgeschlossen
Die Empfehlung des Europaparlaments zum Einfrieren der Beitrittsverhandlungen habe die Türkei gekränkt. „Dennoch haben wir im Moment - seht, ich sage im Moment - das Kapitel Europäische Union noch nicht abgeschlossen“, sagte Erdogan am Dienstag in Istanbul.
Er mahnte zugleich, die derzeitige Situation rufe keine positiven Erwartungen hervor. „Für die Türkei gibt es immer eine Vielzahl an Alternativen“, sagte Erdogan.
Vergangene Woche hatte das Europaparlament der Kommission und den Mitgliedstaaten empfohlen, vorerst nicht weiter mit Ankara über einen EU-Beitritt zu reden. Die Resolution ist rechtlich nicht bindend, hat jedoch große Symbolkraft.
In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung hatte Erdogan mit der Aufkündigung des Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei gedroht. Das im März geschlossene Abkommen sieht unter anderem vor, dass Europa alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann.
Von RND/dpa