Seit vergangenem November seien sie in 80 Prozent des Landes „permanent“ präsent, teilte der in London ansässige International Council on Security and Development (ICOS) am Freitag mit. In weiteren 17 Prozent des Landes gebe es „substanzielle“ Aktivitäten der Taliban. Auch in bislang eher friedlichen Gebieten im Westen und Norden des Landes habe sich der Einfluss der Taliban ausgeweitet, vor allem in der Provinz Kundus, in der die Bundeswehr stationiert ist.
„Permanente“ Präsenz definiert ICOS als ein oder mehr Anschläge pro Woche, „substanzielle“ Präsenz als durchschnittlich ein oder mehr Anschläge pro Monat. Die Taliban waren vor acht Jahren gestürzt worden.
Ebenso wie ICOS warnte auch der US-Gesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, vor einem Machtvakuum durch weitere Verzögerungen bei der Auszählung der Präsidenten- und Provinzwahlen vom 20. August. Davon würden die Taliban und El Kaida profitieren, sagte Holbrooke am Donnerstagabend dem britischen Fernsehsender BBC. Zwar sei klar, dass es in einigen Regionen gravierende Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang gegeben habe, die Wahlen dürften aber nicht für ungültig erklärt werden. Die Wahlkommission will das vorläufige Ergebnis nun am Samstag bekanntgeben. Nach jetzigem Stand liegt Amtsinhaber Hamid Karsai mit mehr als 54 Prozent der Stimmen deutlich in Führung und wäre damit im ersten Durchgang gewählt.
Die pakistanische Armee hat unterdessen im Nordwesten des Landes mehrere führende Taliban festgenommen. Es handele sich unter anderem um einen wichtigen Kommandeur im Swat-Tal, Muslim Kahn, und Taliban-Sprecher Mahmood Khan, teilte die Armee am Freitag mit. Auf beide war ein Kopfgeld von jeweils umgerechnet 87.000 Euro ausgesetzt. Muslim Khan war auf der Liste der meistgesuchten Taliban die Nummer Zwei hinter Maulana Fazlullah. Daneben seien drei weitere „Terroristen-Führer“ festgenommen worden, erklärte die Armee.
Die Swat-Region, einst ein beliebtes Feriengebiet in Pakistan, war unter Taliban-Anführer Fazlullah in die Gewalt der Islamisten geraten. Die Armee versucht seit April mit einer Großoffensive die Region an der Grenze zu Afghanistan wieder unter Kontrolle zu bringen.
afp