Angst vor zweiter Corona-Welle: Niedersachsen wirbt für Grippeimpfung im Herbst

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat die Landesregierung die Bürger aufgefordert, sich im Herbst gegen Grippe impfen zu lassen. „Das Nächste, was auf uns zukommt, ist das deutliche Werben um eine Grippeschutzimpfung“, sagte der Leiter des Corona-Krisenstabes, Heiger Scholz, am Dienstag. Es wäre problematisch, wenn eine zweite Corona-Welle mit einer starken Grippesaison zusammentreffen würde. „Es geht immer darum: Was verkraftet das Gesundheitssystem?“, sagte Scholz. Es gebe zwar nicht genug Impfstoff für alle, aber jeder zweite Bürger könne sich impfen lassen. Keine Hotspots mehr: Scholz sieht das Land viereinhalb Monate nach dem Corona-Ausbruch auf einem guten Weg. Es gebe in der Fläche nur wenige Infektionen und eigentlich keine Hotspots mehr. „Wir sind in Niedersachsen gut durch die Krise gekommen. Wir wollen hoffen, dass es auch so bleibt“, sagte Scholz. Die nächsten Wochen und Monate würden darüber entscheiden. „Wenn wir das Erreichte nicht gefährden wollen, werden wir weiter behutsam bleiben müssen.“ Scholz nannte das Verbot von Großveranstaltungen, die Abstandsregeln und das Tragen von Alltagsmasken als wichtigste Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie. „Aus meiner Sicht wird die Maskenpflicht uns noch lange begleiten“, sagte er. Im Extremfall gelte das, bis ein Impfstoff gefunden worden sei. Krisenstab tagte 90-mal: In Niedersachsen wurden bis Dienstag insgesamt 13.790 Corona-Infektionen registriert. Das waren 22 mehr als am Vortag. Derzeit seien rund 400 Menschen an Covid-19 erkrankt, sagte Scholz. 191 Personen würden im Krankenhaus behandelt. Scholz resümierte, dass die vergangenen Monate für die Regierung ein „Ausnahmezustand“ gewesen seien. Der Krisenstab habe seit März 90-mal getagt, anfangs sieben Tage in der Woche. Es habe in diesem Zeitraum Tausende Bürgeranfragen gegeben. „Allein unser Haus erhält noch 150 bis 200 Anfragen am Tag.“ Im Sozialministerium seien immer noch 150 Mitarbeiter mit der Krisenbewältigung befasst. Einen großen Teil der Last müssten auch die Landkreise und ihre Gesundheitsämter tragen, sagte Scholz. „Das ist einmal mehr ein Höhepunkt dessen, was der deutsche Föderalismus und auch die deutsche Verwaltung leisten können.“ Region Hannover stark betroffen: Aus der Bilanz des Gesundheitsministeriums geht hervor, dass der 27. März der Tag mit den meisten gemeldeten Neuinfektionen (410) in Niedersachsen war. Der Höhepunkt der sogenannten Sieben-Tages-Inzidenz – also der Zahl von Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche – für ganz Niedersachsen lag am 1. April bei 29,4 Fällen. Seit dem 1. April ist dieser Wert rückläufig und liegt heute bei elf Fällen pro 100.000 Einwohner. Die meisten Fälle hatte bisher die Region Hannover zu verzeichnen (2798), gefolgt von den Landkreisen Göttingen (1288) und Osnabrück (1235). Im Vergleich zur Einwohnerzahl gab es allerdings in den Kreisen Göttingen, Osnabrück und Vechta sowie in der Stadt Wolfsburg mehr Fälle als in Hannover. Meiste Fälle im März: Von den fast 14.000 bis heute laborbestätigten Fällen in Niedersachsen sind demnach 50 Prozent allein im Zeitraum vom 1. März bis zum 7. April aufgetreten. Die Zahl der Patienten, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, erreichte ihren bisherigen Höhepunkt mit 235 am 21. April. Von diesen Personen mussten seinerzeit 165 künstlich beatmet werden. Panne im Gesetzblatt: In Niedersachsen können Verstöße gegen die Corona-Regeln vorübergehend nicht mit Bußgeldern geahndet werden. Hintergrund ist eine Panne bei der Veröffentlichung der neuen Vorgaben der Landesregierung im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 11. Juli. Dabei sei „offensichtlich ein redaktioneller Fehler passiert“, sagte Krisenstab-Leiter Scholz. Zwar heißt es dort wie geplant, dass Verstöße mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Der anschließende Satz, wonach die Behörden und die Polizei die Bestimmungen durchsetzen und Verstöße ahnden sollen, hört allerdings mittendrin auf. „Die Verordnung, die die Ministerin unterschrieben hatte, war noch vollständig“, beteuerte Scholz. Er kündigte an, die Formulierung werde voraussichtlich am Mittwoch oder Donnerstag berichtigt. Bis dahin allerdings könnten Verstöße allerdings nicht mit Bußgeldern belegt werden. Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover: So viele Infizierte gibt es Alle Artikel zum Coronavirus in der Region auf einen Blick Von Marco Seng