Artenvielfalt: Niedersachsen-Pakt für besseren Naturschutz

Auf dem Blühstreifen einer alteingesessenen niedersächsischen Bauernfamilie in Wunstorf ist am Montag von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), zwei Landesministern und vielen anderen Akteuren ein Vertrag unterzeichnet worden, der den Arten- und Naturschutz auf besondere Art fördern soll. Wenn die Landesregierung sich von dem unterzeichneten Abkommen auch keine blühenden Landschaften wie nach der deutschen Vereinigung verspricht, so doch handfeste Ergebnisse von Verbänden. Der Bund für Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der Landvolkverband stehen sich sonst eher skeptisch gegenüber. Für den Artenschutz rücken sie zusammen.„Dieser gemeinsame Schulterschluss ist ein großer Erfolg für den Umweltschutz in Niedersachsen“, lobte der Ministerpräsident. Ein Start- aber noch kein Endpunkt: Monatelang hatten zuvor der Umweltminister Olaf Lies (SPD), Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU), der Nabu und die Vertreter der Landwirtschaft verhandelt. Die Ankündigung des Nabu von Anfang März, gemeinsam mit den Grünen ein Volksbegehren für mehr Artenschutz zu starten, sorgte für ein heftiges Zähneknirschen bei den Vertragspartnern – sogar unter den Umweltschutzverbänden, weil nicht alle den Zeitpunkt für besonders geschickt hielten. „Aber ohne die Ankündigung dieses Volksbegehrens wären wir heute nicht so weit gekommen“, sagt der Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann. Das neue Abkommen sei erst ein „Start-, aber noch kein Endpunkt“. Entscheidend sei, sagt Landvolk-Vizepräsident Holger Hennies, dass man über die angepeilten Ziele und Mittel „auf Augenhöhe“ verhandelt habe. Vereinbart wurden unter anderem: Breitere Gewässerrandstreifen: Entlang der Gewässer dürfen weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. An großen Flüssen müssen diese Schutzstreifen zehn Meter breit sein, an kleinen Flüssen fünf und an Bächen drei Meter – in Ausnahmefällen reicht ein Meter. Dafür muss das Wassergesetz angepasst werden, und die Bauern, die weniger Fläche bewirtschaften können, bekommen Ausgleichszahlungen – der Naturschutz wird also honoriert. „Das wird finanziert durch eine Erhöhung der Wasserentnahmegebühr“, erläuterte Umweltminister Lies. Dies bedeute aber für die Bürger eine nur geringe Erhöhung, durchschnittlich im einstelligen Euro-Bereich pro Jahr. Besondere Naturschutzgebiete: Seit 1992 schon fordert die Europäische Union die Einrichtung sogenannter Natura-2000-Gebiete zum Schutz gefährdeter wild lebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. Weil auch Niedersachsen damit im Verzug ist, droht die EU der Bundesrepublik Bußgelder an. Das Land will jetzt mehr Tempo machen und für die nächsten drei Jahre jeweils zusätzlich 30 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung stellen. Bis 2025 will sie damit etwa 15 zusätzliche Ökologische Stationen schaffen, die sich um die Gebiete kümmern. Mehr Biotope: Bis 2023 soll auf 15 Prozent der Fläche Niedersachsens ein landesweiter Biotopverbund entstehen. Es soll mehr Landschaftselemente wie Hecken, Baumreihen und Alleen geben sowie mehr ökologische Beratung für Landwirte. Mehr Bio: Der Anteil des Ökolandbaus soll von derzeit knapp fünf Prozent bis 2025 auf zehn Prozent wachsen, bis 2030 sogar auf 15 Prozent. Dies soll durch gezielte Förderung (auch der EU) geschehen. Einschränkend heißt es, es müsse die Entwicklung des Marktes beobachtet werden. Neue Wildnis im Solling: Alle roten Listen der bedrohten Arten Niedersachsens müssen außerdem überarbeitet und aktualisiert werden. „Das ist bitternotwendig, denn wir haben nur wenige und schlechte Dateien“, sagte Nabu-Chef Buschmann, der jetzt beobachten will, ob die vereinbarten Maßnahmen auch beschlossen und in Gesetze gegossen werden. Ferner soll im Solling bis 2028 ein 1000 Hektar großes Wildnisgebiet entstehen. „Es liegt viel Arbeit vor uns, wir haben aber entscheidende Leitplanken gesetzt“, sagte Umweltminister Lies. Das sei letztlich „die Skizze, an der wir weiterarbeiten“, meinte Agrarministerin Otte-Kinast. „Entscheidend ist, dass man auf Augenhöhe spricht“, erklärte Landvolkvize Hennies. Lesen Sie auch: Bündnis kämpft für mehr Artenschutz EU rügt auch Niedersachsen Landesregierung will Volksbegehren verhindern Von Michael B. Berger

Artenvielfalt - Niedersachsen will sich besser um die Natur kümmern