HAZ-Kolumne Aus meinem Papierkorb: Von der Partei des Nackensteaks

O nee. Das auch noch. Neulich lasen wir in einem Blatt mit Großbuchstaben die Klage eines Kartoffelbauern. Der rechnete vor, was ihn die häufigen Treckerdemos pro Tag kosteten. 260 Euro im Schnitt. Und dann listete der Landmann noch penibel die Kosten für Kraftstoff, Wartung, Reifenabrieb und Kaufpreis seines 115 PS starken Treckers vor. Bei 3750 Schleppern, die bei den letzten großen Bauerndemos in Hannover waren, seien Kosten von 975.000 Euro entstanden, meinte das Blatt. Doch das sei alles nichts gegen die Verluste durch die neue Düngeverordnung. Was soll man dazu sagen? So’n Mist? Oder sollten die Bauern es nicht lieber lassen, mit ihren dicken Traktoren aufzumarschieren, wo auch immer Politiker in größeren Gruppen auftauchen? Wir haben das Gefühl, die neue Demolust mit viel PS macht ihnen sogar Spaß ... Gut gegrillt: Spaß macht auch die Lektüre von Interviews mit dem früheren Hamburger Bürgermeister Ole von Beust. Der hat schon früher eine gewisse Leichtfüßigkeit in den Regierungsalltag gebracht, selbst wenn er mit Rechtspopulisten wie dem Richter Gnadenlos Ronald Barnabas Schill koalierte, dessen Partei ein Vogelschiss im Vergleich mit der AfD ist. Von Beust hat neulich seine CDU als die Partei „des Verbrennungsmotors, des Schweinesteaks und des Arbeitens bis zum Umfallen“ karikiert, wobei gegen ein gut gegrilltes Nackensteak nichts einzuwenden ist, sofern man noch Fleischesser ist. Nackensteak sei, darauf verwies jetzt ein Frankfurter Metzger, saftig. Es quietsche auch nicht beim Kauen wie Halloumi-Käse. Was das nun für die Parteien bedeutet, ist eine offene Frage, zumal nicht jeder Käse, der produziert wird, gleich eine Werbung für die Politik sein muss. Kataris als Seelenkäufer? Freunde des Nackensteaks sind auch nicht selten die Gourmets der Selbstzerfleischung, einer Küchentechnik, die vor allem unter Sozialdemokraten beliebt ist. Kein Wunder, dass unter ihnen die Empörung am größten ist über die jüngste berufliche Entwicklung, die den einstigen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ereilt hat. Die Kataris, Leute des Emirs von Katar, die einen beträchtlichen Anteil an der Deutschen Bank besitzen, haben Gabriel zum Aufsichtsrat gemacht. Und nun muss er sich den Vorwurf anhören, seine Seele verkauft zu haben. Die Kataris als Seelenkäufer? Wir freuen uns jedenfalls schon, wenn Gabriel im knöchellangen Scheichgewand der Kataris im Aufsichtsrat der Bank erscheint. Oder ist dies nur eine Fata Morgana? Weil auf der Bremse: Als Fata Morgana erschien uns die jüngste Meinungsäußerung unseres verehrenswürdigen Ministerpräsidenten Stephan Weil (gepriesen sei sein Name auf allen Autobahnen), der sich völlig überraschend für ein Tempolimit ausgesprochen hat, obwohl er jahrelang erklärte, das bringe doch eh’ nichts. Aber mit genau dieser Begründung ist er jetzt dafür (was wir nicht kritisieren wollen). Merke: Vor die freie Fahrt eines freien sozialdemokratischen Ministerpräsidenten sind immer noch die Worte der großen SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken gesetzt, die für ein Tempolimit streitet und seit Dezember bevorzugt im Walter-Borjans vorfährt. Da tritt selbst ein Weil auf die Bremse, dessen Nackenhaare sich einst bei manchen Sätzen von Esken sträubten. Von Michael B. Berger

HAZ-Kolumne - Aus meinem Papierkorb: Von der Partei des Nackensteaks