Unter Hinweis darauf, dass die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle eine „nationale Aufgabe“ sei, will der eine (Schünemann) die Mehrkosten des Polizeieinsatzes vom Bund ersetzt bekommen. Der andere (Sander) will die noch anstehenden Transporte aus La Hague und Sellafield an andere Stelle außerhalb Niedersachsens lenken. Schünemann erhält Unterstützung aus Süddeutschland, Sander nicht.
Für seinen Vorstoß, Atommüll zukünftig an den vorhandenen Zwischenlagern in süddeutschen AKW-Standorten unterzubringen, erhielt Sander am Mittwoch eine deutliche Abfuhr aus den angesprochenen Ländern. Der Minister hatte gesagt, der Vorschlag von Greenpeace wäre „eine Möglichkeit, die man durchaus prüfen sollte“. In Hessen und Baden-Württemberg aber findet man das absolut unmöglich: Hessen schloss eine Lagerung in Biblis kategorisch aus. Das Umweltministerium in Stuttgart räumte einer Unterbringung in seinen Standorten, zum Beispiel Philippsburg, „wenig Chancen“ ein.
Sander schreckt das nicht: Am Rande der Atomdebatte am Mittwoch im Landtag sagte er dieser Zeitung, er werde seinen Vorschlag heute auf der Umweltministerkonferenz in Dresden noch einmal zum Thema machen. „Die Rücknahme von radioaktiven Abfällen ist eine gesamtdeutsche Aufgabe“, sagte er.
In einer Regierungserklärung zum Castor-Einsatz zog Innenminister Schünemann im Landtag eine überwiegend positive Bilanz des Polizeieinsatzes – dass er dabei auf scharfe Töne gegen den friedlichen Teil der Demonstranten verzichtet habe, brachte dem Minister sogar Lob von SPD und Grünen ein. Schünemann hatte die Blockaden des Transports als überwiegend friedlich bezeichnet. Er lobte die Polizeibeamten – „Herzlichen Dank für diesen Einsatz!“ – und griff die wenigen Gewalttätigen scharf an. „Wir sollten sorgsam beobachten, inwieweit Linksextremisten erfolgreich Teile des bürgerlichen Protestspektrums beeinflussen“, sagte er. 131 Beamte seien durch Steinwürfe der etwa 300 militanten Demonstranten, durch Feuerwerkskörper und Holzpfähle verletzt worden.
Im Bundestag gab Innenminister Thomas de Maizière (CDU) SPD, Grünen und Linkspartei eine Mitschuld an den teilweise gewaltsamen Protesten. „Die Straße hat keine höhere Legitimation als Parlament und Gesetz“, betonte der Innenminister. Die Opposition hielt der schwarz-gelben Koalition vor, ohne Not einen gesellschaftlichen „Großkonflikt“ neu losgetreten zu haben.