Eigentlich waren die vielen hundert Einsatzkräfte entlang der Bahnstrecke im Wendland gut vorbereitet. Auf Atomkraftgegner, auch auf Kletteraktivisten an der Jetzel-Brücke und auf Schotterer, die es auf das Gleisbett abgesehen haben. Doch gerade als am Mittag wenige Kilometer entfernt in Dannenberg die Großdemonstration gegen den Castor-Transport startete, brachte eine wild gewordene Pferdeherde den Polizeigroßeinsatz durcheinander. Die sechs Gäule auf Freiheitsfüssen rasten plötzlich panisch durch die Dörfer zielgenau auf die sensiblen Bahndämme zu. Sie durchbrachen mehrere Polizeiabsperrungen nahe Pisselberg und stürmten auf die Jetzel-Brücke zu - einer der noralgischen und bestgesichertsten Bahnabschnitte während des Castor-Transportes.
Die überraschten Beamten an den Straßensperren konnten sich nur noch in Sicherheit bringen.
Erst an der Jetzel-Brücke, die in diesen Tagen eher an eine Festung mit Zäunen, Kommandozentrale und einer Einheit der Bundespolizei erinnert, konnten die völlig verstörten Tiere gestoppt werden. Ein Pferd verletzte sich jedoch an einem Stacheldraht, ein weiteres Tier fiel in den Fluss, kam aber allein wieder heraus.
Die überraschten Beamten an der Brücke, die eigentlich gerade beim Mittagessen waren, sperrten eilig die verschiedenen Fluchtwege mit Einsatzfahrzeugen ab und holten Verstärkung durch einen Tierarzt. Als der ankam, hatten sich die Tiere aber schon wieder beruhigt und ließen sich bereits von den Polizisten streicheln.
Unklar war am Mittag noch, wem die sechs ausgewachsenen Tiere gehören und warum sie frei gelassen wurden. „Wir ermitteln nun den Halter“, sagte Polizeisprecherin Wiebke Timmermann, die selbst zu den unfreiwilligen Pferdejägern gehörte.