Audi testet Exoskelett Ottobock-Paexo im Werk in Ingolstadt

Audi testet in Ingolstadt das Ottobock-Exoskelett Paexo in einer Vergleichsstudie. Beim Duderstädter Healthcare-Unternehmen wachsen die Umsatzzahlen des neuen Produkt zweistellig. Sogenannte Exoskelette, am Körper getragene Stützstrukturen zur Erhöhung der Körperkraft, bietet die im Mai 2018 gebildete Geschäftsbereich Ottobock Industrials an. Zum Sortiment gehört unter anderem das 1,9 Kilogramm leichte Exoskelett für die Arbeit über dem Kopf (Paexo Shoulder). „Wir haben bisher eine vierstellige Zahl solcher Stützstrukturen verkauft“, berichtet der Leiter von Ottobock Industrials, Sönke Rössing. Seit Dezember ist der Anbieter auch auf dem australischen Markt präsent. Der Umsatz steigt mit „hohen doppelstelligen Zuwachsraten“, sagt der promovierte Betriebswirt. Nachgefragt werden die Exoskelette von Firmen der Automotive-Branche. Aber auch die Luftfahrt (Airbus) und der Schienenverkehr (die französische SNCF) greifen zu. Durch die Zusammenarbeit mit der Baumarktkette Bricoman wird das Produkt zunehmend auf europäischen Baustellen sichtbarer. Ottobock Industrials ist „weltweiter Marktführer“: „Wir haben uns zum weltweiten Marktführer entwickelt“, erklärt Rössing. Es gebe eine „Vielzahl von Mitbewerbern“ mit denen gemeinsam Ottobock Industrials „dieses neue innovative Marktsegment“ weiter entwickele. Audi testet Paexo in einer Vergleichsstudie zusammen mit dem Skelex 360 der niederländischen Firma Skelex über mehrere Wochen. Im Werk in Ingolstadt arbeiten rund 60 Mitarbeiter in der Lackiererei, der Montage und dem Werkzeugbau mit den Stützstrukturen. Sie tragen sie wie einen Rucksack auf den Schultern und befestigen sie mit einem Gurt um die Hüfte. Armschalen stützen die Arme bei Arbeiten im Überkopfbereich. Sie nehmen einen Teil des Armgewichts auf und leiten es über Stützstrukturen auf die Hüfte um. Das entlastet die Schultern und sorgt dafür, dass die Muskulatur nicht so schnell ermüdet – rein mechanisch, ohne motorischen Antrieb. Hilfe beim Montieren der Bremsleitungen: Audi prüft in der Studie, ob die Exoskelette die Bewegungsfreiheit einschränkt, ob sich das Material bei längerem Tragen noch angenehm anfühlt und wie groß die Mitarbeiter die Unterstützung empfinden. Das wird sowohl bei statischen als auch bei dynamischen Tätigkeiten getestet, beispielsweise beim Montieren der Bremsleitungen, beim Verschrauben der Unterbodenverkleidung und beim Auftragen von Korrosions- und Abdichtungsschutz. Die Ergebnisse der umfangreichen Praxistests sollen helfen, die Exoskelette besser an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen. „Bei manchen Prozessschritten in der Produktion sind Arbeiten im Überkopfbereich unvermeidlich“, erklärt Peter Kössler, Vorstand Produktion und Logistik der Audi AG. Wenn technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschöpft seien, würden Exoskelette eine wertvolle Unterstützung bieten. „Indem wir die Belastungen an den Arbeitsplätzen stetig reduzieren, fördern wir die Gesundheit und das Wohlbefinden untser Mitarbeiter“, meint Kössler. Erste Erfahrungen im Werk im ungarischen Györ: Erste Erfahrungen sammelte Audi mit einem der beiden Exoskelette zuvor bereits im ungarischen Werk in Győr. Seit vier Jahren befasst sich der Konzern mit den Hilfsmitteln. Er testet regelmäßig in Pilotprojekten unterschiedliche Systeme – darunter auch eine Konstruktion der Firma Laevo, die den Rücken bei Hebe- und Umsetzvorgängen entlastet. Von „vielversprechenden Ergebnissen“ in der Logistik, im Presswerk und in der Montage“, berichtet Ralph Hensel, der Exoskelett-Spezialist bei Audi. Ziel sei es, die Stützstrukturen langfristig und standortübergreifend an prädestinierten Arbeitsplätzen einzusetzen. Ottobock hat in einem Forschungsprojekt mit Volkswagen und anderen Partnern, darunter dem Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln, von 2013 an das Exoskelett Paexo Shoulder entwickelt. Die Stützstruktur ermöglicht lange beschwerdefreie Arbeiten über dem Kopf. Sonst werden Tätigkeiten in der Zwangshaltung schnell unangenehm. Zwischenzeitlich brachte Ottobock Industrials zudem Exoskelette auf den Markt. die etwa den Daumen oder das Handgelenk, die untere oder die Hals-Wirbelsäule entlasten. Für Unternehmen rechnet sich der Einsatz von Exoskeletten. Offene Stellen sind in Zeiten des Fachkräftemangels leichter zu besetzen. Beschwerdefreie Beschäftigten machen deutlich weniger Fehler. Die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage sinkt. Beschäftigte bleiben bis ins Alter arbeitsfähig. Bisher müssen viele aufgrund von Gesundheitsschäden, etwa durch den Verschleiß der Gelenke, vorzeitig ausscheiden. Das Interesse an solchen Systemen, die es seit einigen Jahren auf den Markt gibt, ist groß. Lesen Sie auch: Mit dem Exoskelett hat sich Ottobock Industrials für den Innovationspreis des Landkreises Göttingen beworben. Von Michael Caspar

Exoskelett - Audi testet Ottobock-Innovation