Corona-Krise: Extrem viele Anfragen nach Kurzarbeitergeld

Das Coronavirus macht zahlreichen Branchen in Deutschland schwer zu schaffen. Viele Betriebe sind geschlossen, andere bereiten sich auf den nahenden Stillstand vor. Zum Teil können die Unternehmen darauf mit Kurzarbeit reagieren. Doch was ist selbst in Krisenzeiten nötig, damit der Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragen kann? Wer kann Kurzarbeitergeld beantragen? „Den Antrag muss der Betrieb stellen“, erläutert Christine Gudd, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Göttingen. Anschließend werde das Geld an die Mitarbeiter weitergeleitet. Da es sich beim Kurzarbeitergeld um eine Lohnersatzleistung handelt, können in der Berechnung nur sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Ein Soloselbstständiger oder der selbstständige Chef eines Betriebes mit mehreren Beschäftigten habe für sich selbst keinen Anspruch. Ebenfalls ausgenommen sind Minijobber. „Ganz wichtig: Kurzarbeitergeld zielt darauf ab, Beschäftigte auch in schwierigen Zeiten im Unternehmen zu halten und den Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern“, betont Gudd. Das bedeute aber auch, dass gekündigte Arbeitnehmer ab Ausspruch der Kündigung kein Kurzarbeitergeld erhalten. Welche Voraussetzungen müssen für den Antrag auf Kurzarbeitergeld vorliegen? Betriebe können die Lohnersatzzahlung beantragen, wenn sie von einem erheblichen Arbeitsausfall betroffen sind. Voraussetzung: Dieser muss laut Sozialgesetzbuch entweder auf wirtschaftlichen Gründen oder einem „unabwendbaren Ereignis“ beruhen. Der Gesetzgeber definiert den „erheblichen Arbeitsausfall“ so, dass mindestens ein Drittel der im Betrieb Beschäftigten einen Entgeldausfall von mehr als zehn Prozent haben. Formal müsse der Arbeitgeber einen Monat vor dem Eintritt in die Kurzarbeit diese bei der Arbeitsagentur anzeigen und mit den Mitarbeitern eine entsprechende Vereinbarung geschlossen haben. Wo wird das Kurzarbeitergeld beantragt? „Die Lohnersatzzahlung kann ausschließlich bei den Arbeitsagenturen beantragt werden“, erläutert Kirsten Weber, Geschäftsführerin beim Arbeitgeberverband Mitte. Was hat sich daran durch das Coronavirus geändert? Rückwirkend zum 1. März reicht nun als Voraussetzung aus, dass mindestens zehn Prozent der Belegschaft einen Entgeldausfall von mehr als zehn Prozent haben. Dies hat die Bundesregierung im „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ vorübergehend verändert. Auch in die Kostenerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen greift das Gesetz ein: Die Agentur für Arbeit übernimmt für ausgefallene Arbeitsstunden die Erstattung der Sozialversicherungsbeträge – in voller Höhe. Bis dato fiel diese Aufgabe den Unternehmen zu. Auch Leiharbeiter können nun in Kurzarbeit gehen, zudem soll in Firmen, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet werden. Wer Kurzarbeitergeld aufgrund von Arbeitsausfällen aufgrund des Coronavirus beantragen möchte, findet auf den Internetseiten der Arbeitsagenturen eine Anleitung. Neben allgemeinen Daten, wie Anschrift und Betriebsnummer müssen Zeitraum und regelmäßige Wochenarbeitszeiten angegeben werden. Ebenfalls zu beachten: Sind der Gesamtbetrieb oder nur einzelne Abteilungen betroffen? Bei der Begründung des Arbeitsausfalls sei allein das Wort „Corona“ nicht ausreichend. Hier sollte kurz und knapp die betriebliche Situation, beispielsweise zu ausbleibenden Aufträgen oder fehlenden Kunden, zu Lieferengpässen, oder zu behördlich angeordneten Schließungen geschildert werden, teilt die Arbeitsagentur mit. Aufgrund der aktuellen Situation sei das Anrufaufkommen stark erhöht. Die Arbeitsagenturn in Deutschland würden in diesen Tagen ihre Anrufbereitschaft verstärken, „um Arbeitgebern in dieser schwierigen Phase die nötige Sicherheit und Unterstützung geben zu können“. Wie viel Geld bekommen Arbeitnehmer als Kurzarbeiter? „Das Kurzarbeitergeld wird gezahlt für die Arbeitszeit, die nicht geleistet werden kann“, erklärt Gudd. Das sind laut Gesetz 60 Prozent des Nettolohns, „der auf die entfallenen Arbeitsstunden fällig würde“. Für Arbeitnehmer mit einem „steuerrelevanten“ Kind seien es 67 Prozent. Wer also beispielsweise statt fünf Tagen nur noch vier Tage pro Woche arbeiten würde, bekäme 80 Prozent seines Lohns weiter vom Arbeitgeber. Als Kompensationszahlung für den ausgefallenen fünften Arbeitstag zahlt die Arbeitsagentur 60 Prozent des Tages-, also zwölf Prozent des Wochenlohns. Das heißt, dass der Arbeitnehmer insgesamt 92 Prozent seines Wochenlohns erhält. Welche Branchen trifft das Coronavirus besonders hart? Die infolge der Corona-Pandemie eingetretenen Entwicklungen haben Betriebe quer durch nahezu alle Branchen getroffen. Darunter sind viele Branchen und Betriebe, „die traditionell eher selten Kontakt mit dem Thema Kurzarbeit haben, was zu einem extrem hohen Beratungsbedarf führt“. Besonders hart seien die Auswirkungen des Virus in der Veranstaltungsbranche, bei Hotel- und Gastronomie, im Einzelhandel, aber auch bei Zahnärzten zu spüren, berichtet Gudd. Auch Messebetreiber und die aufbauenden Unternehmen seien betroffen. Nicht zu vergessen: „Natürlich sind auch die meisten Betriebe aus dem produzierenden Gewerbe dabei.“ Wie hat sich die Nachfrage nach Kurzarbeitergeld aufgrund des Coronavirus verändert? „Allein in der vergangenen Woche sind bundesweit rund 77 000 Anzeigen auf Kurzarbeit eingegangen“, erläutert Gudd. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren das bundesweit im Durchschnitt 600 – pro Woche. Regionale Zahlen stünden zwar momentan nicht zur Verfügung, der Beratungsbedarf sei aber immens. „Wir haben für die Beantwortung von Arbeitgeber-Anfragen und die Bearbeitung der Anzeigen zusätzliches Personal in diesen Bereich gegeben. Denn es ist klar: Viele Betriebe bangen um ihre Existenz. Und wir tun unser Mögliches, die Fragen zu beantworten, die Anträge zu bearbeiten und dann auch das Geld auszuzahlen.“ „Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“, teilt die Agentur für Arbeit Göttingen mit. Aufgrund des Coronavirus werden Beratungsgespräche nicht mehr persönlich, sondern nur noch am Telefon geführt. Der persönliche Kontakt werde auf das Nötigste beschränkt. „Da aufgrund der Reduzierung des persönlichen Kontaktes mit einem zusätzlichen hohen Anrufaufkommen gerechnet wird, hat die Agentur für Arbeit Göttingen für Arbeitnehmer die zusätzliche Rufnummer 05 51 / 52 08 00 eingerichtet, die jeweils von 8 bis 12 Uhr besetzt ist.“ Arbeitgeber, die sich beispielsweise wegen der Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld informieren möchten, können ihr Anliegen über die kostenlose Service-Nummer 08 00 4 55 55 20 oder die lokale Rufnummer des Arbeitgeber-Services 05 51 / 52 06 66 klären, sofern sie noch keinen persönlichen Ansprechpartner haben. Per E-Mail ist der Arbeitgeber-Service unter goettingen.arbeitgeber@arbeitsagentur.de zu erreichen. Lesen Sie auch: ifo-Prognose: Corona kostet Deutschland Hunderte Milliarden – und viele Jobs Bundesregierung beschließt beispielloses Hilfspaket in Corona-Krise Von Tobias Christ

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