200 Euro mehr für Kurzarbeiter: Betriebsrat lehnt Conti-Angebot ab

Bei der ContiTech MGW GmbH in Hann. Münden und Oedelsheim herrscht seit sechs Wochen Kurzarbeit. Auf einen Arbeitgeberzuschuss zu den ausgezahlten 60 Prozent des Nettolohns warten die Mitarbeiter weiter vergebens: Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und der Konzernbetriebsrat haben das Angebot der Continental-Tochterfirma einstimmig abgelehnt. „Das Angebot war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Gewerkschaftssekretär Mathias Heiden. Er meint, dass die Continental AG „ihrer sozialen Verantwortung nicht nachkommt“. Deshalb habe der örtliche Betriebsrat das Angebot abgelehnt. Dieser Meinung ist auch der Konzern-Betriebsratsvorsitzende Hasan Allak: „Es ist enttäuschend.“ Der Conti-Konzern habe den Kautschuk- und Textilstandorten ein Angebot gemacht, das nach Ansicht der Gewerkschaft mehr Nachteile als Vorteile biete, führt Heiden aus. Continental wollte einmalig etwa 200 Euro für jeden Beschäftigten in einen gedeckelten Topf geben, mit dem ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld in Höhe von 80 Prozent des zu erwartenden Nettoentgelts gewährt worden wäre. Conti zahlt erst drauf, wenn das Urlaubsgeld verrechnet ist: Die Voraussetzung des Conti-Konzerns, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf die verbleibenden Monate umzulegen, also ratierlich auszuzahlen, sei nicht tragbar gewesen. Denn der Finanztopf hätte nur dann gegriffen, wenn Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht ausgereicht hätten, um auf 80 Prozent des ursprünglichen Gehaltes zu kommen. „Dass Conti erst dann draufzahlt, wenn die Arbeitnehmer in Vorleistung gegangen sind, war ein Grund, weshalb das Angebot abgelehnt wurde“, sagt Allak. Der Vorteil wäre nur ein „kleiner Bonus“ für die Mitarbeiter gewesen, meint der Gewerkschaftssekretär. „200 Euro sind, wenn man in Kurzarbeit ist, ganz schnell weg.“ Das Angebot sei nicht annähernd gerecht gewesen. „Wir reden hier nicht über den hoch verdienenden Industriearbeiter“, es gehe vielmehr um die Beschäftigten der beiden Kautschukbetriebe, die „einen knochenharten Job“ hätten. Große finanzielle Lücken bei den Arbeitern: Bei diesen Arbeitern seien aufgrund der Kurzarbeit große finanzielle Lücken entstanden, die es nun zu füllen gelte. Auch, dass der Topf zum Jahresende verfallen wäre, wenn er nicht aufgebraucht werden würde, stoße der Gewerkschaft sauer auf. „Wenn es einen zweiten Shutdown oder einen erneuten Produktionsstopp geben sollte, ist das Geld sofort aufgebraucht. Wenn die Kurzarbeit aufgehoben wird, ist das Geld ebenfalls weg“, erläutert Heiden. Die Vorteile des Angebots seien „marginal“. Der Arbeitgeber bekomme während der Kurzarbeit in der Corona-Krise die Sozialversicherungsbeiträge von der Bundesagentur für Arbeit erstattet, erläutert Heiden, „es ist quasi Kurzarbeit zum Nulltarif“. „Wir erwarten, dass der Konzern seine soziale Verantwortung gegenüber seinen Beschäftigten wahrnimmt und eine Aufstockung zum Kurzarbeitergeld gewährt.“ Dies sollte dem zweitgrößten Automobilzulieferer der Welt möglich sein, meint der Gewerkschafter. Conti richtet einen freiwilligen Solidartopf ein: Continental habe gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung eine Vereinbarung zur Milderung der finanziellen Auswirkungen von Kurzarbeit während der Corona-Pandemie an denjenigen Standorten der Kautschuk und Textil-Tarifgebiete, die keine tarifliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes haben, getroffen, sagt Conti-Pressesprecher Jochen Vennemann auf Nachfrage. Zu diesem Zweck wurde auf freiwilliger Basis ein „Solidartopf“ eingerichtet. Dieser sieht eine Einmalzahlung von 200 Euro vor. Besonderer Fokus soll dabei auf der Milderung von Härtefällen liegen. Anstatt der gesetzlich vorgeschriebenen 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns erhalten die 580 000 Beschäftigten in der chemischen Industrie deutlich mehr. IG BCE und Arbeitgeber haben sich auf einen Aufstockungsanspruch auf 90 Prozent geeignet. Die Aufstockung ist steuerpflichtig, sodass den Arbeitern, abhängig vom Steuersatz, etwa 80 bis 85 Prozent des Nettoentgeltes bleiben. Die Aufstockung besitze so auch eine soziale Komponente, schreibt die IG BCE. Im Tarifvertrag der kautschukverarbeitenden Industrie ist eine solche Aufstockung nicht vorgesehen, deshalb erwarte man „eine ordentliche Zuschussregelung“, sagt Gewerkschaftssekretär Mathias Heiden. Die Verteilung der Kurzarbeit sollte solidarischer gestaltet werden. „Wir wollen sicherstellen, dass niemand auf Kurzarbeit-Null zurückfällt.“ Gleichzeitig wolle man sicherstellen, dass aufgrund der Kurzarbeit mindestens 50, aber nicht mehr als 75 Prozent der Arbeitszeit wegfallen, damit Ansprüche auf höheres Kurzarbeitergeld entstehen. Lesen Sie auch: Autozulieferer: Continental beschafft sich frisches Geld Autozulieferer befürchten Jobverluste und schwindende Aufträge: Laut Umfrage bis zu 12.5000 Arbeitsplätze in Gefahr Von Tobias Christ

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