Bei Göttinger Mahr GmbH sollen 110 Arbeitsplätze wegfallen

Bei der Göttinger Mahr GmbH sollen 110 Stellen abgebaut werden. Nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz sei die Belegschaft des Messtechnik-Herstellers während einer Betriebsversammlung am 24. März über die geplante Betriebsänderung informiert worden. „Im Anschluss der Betriebsversammlung fand im Rahmen der Metalltarifrunde ein Warnstreik vor dem Werkstor statt, wo auch das Thema, die geplante Massenentlassung bei Mahr, Gegenstand der Diskussionen war“, informiert Manfred Zaffke, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz. Wie Zaffke weiter mitteilt, hätten die Tarifverhandlungen zwischen der IG Metall und der Mahr-Geschäftsführung über einen Zukunftstarifvertrag im Dezember 2020 nicht zu einem Abschluss gebracht werden können. Anfang Januar 2021 sei die Geschäftsführung an den Betriebsrat herangetreten, mit dem Ziel unter anderem 110 Arbeitsplätze dauerhaft abzubauen. Die Gespräche zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat befänden sich gegenwärtig in der „Informationsphase“, lässt der Gewerkschafter wissen. In diesem Zusammenhang arbeite der Betriebsrat mit externen Beratern an einem alternativen Konzept (verwiesen wird konkret auf den Paragrafen 92a des Betriebsverfassungsgesetzes, bei dem es um die Personalplanung geht). Das Konzept soll „in den nächsten Tagen“ der Geschäftsführung Mahr vorgelegt werden. In den dann stattfindenden Gesprächen entscheide sich, ob die angekündigte „Massenentlassung“ in dem vom Unternehmen geplanten Umfang tatsächlich umgesetzt wird. Gewerkschaft diskutiert Protestveranstaltungen: Weitere Protestveranstaltungen seien während der laufenden Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat in der internen Diskussion. „Diese Aktionen sind von den Fortschritten des weiteren Gesprächs- und Verhandlungsablaufs in den nächsten Wochen abhängig“, so Zaffke. Die Schwäbische Zeitung hatte am Sonnabend über den geplanten Stellenabbau beim Handmesstechnik-Hersteller Helios-Preisser in Gammertingen (Landkreis Sigmaringen) berichtet, der zur Göttinger Mahr-Gruppe gehört. Mahr hatte Helios-Preisser 2019 gekauft, von Seiten der Geschäftsführung gab es damals die Zusicherung, dass die Arbeitsplätze sicher sind. Keine Antwort von Geschäftsführung: Eine Tageblatt-Anfrage bei der Mahr-Geschäftsführung, in welchem Zeitraum der Stellenabbau erfolgen soll und welche Bereiche betroffen sind, blieb unbeantwortet. Rückblick: In wirtschaftliche Schwierigkeiten war die Mahr GmbH Ende Oktober 2008 gekommen. Infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise gingen die Aufträge deutlich zurück. Die Auftragslage verbesserte sich ab etwa 2010 und 2011, zum 150. Geburtstag der Firma, boomte das Geschäft, wie es in einem Tageblatt-Artikel hieß. Kurzarbeit bereits vor Corona-Pandemie: Im Jahr 2019, also noch vor der Corona-Pandemie, ist bei Mahr Göttingen Kurzarbeit angeordnet worden. Am 1. Januar dieses Jahres kam Lutz Aschke in den Vorstand und zwar als Chief Financial & Chief Information Officer. Der Physiker und Betriebswirt übernahm nach firmeneigenen Angaben Aufgaben von CEO Stephan Gais (geschäftsführender Gesellschafter), der im Laufe des Jahres in den Beirat der Mahr-Gruppe wechseln soll. Lesen Sie auch Der neue Metalltarif ist ein Meilenstein Die Mahr Gruppe, mit mehreren Tochterunternehmen weltweit, hat nach Tageblatt-Informationen rund 1900 Mitarbeiter. Der Umsatz liegt bei 237 Millionen Euro. In den Unternehmen Mahr Messtechnik und Mahr Metering in Göttingen arbeiten rund 650 Frauen und Männer. Das Unternehmen ist 1861 von Carl Mahr in Esslingen (Baden-Württemberg) gegründet worden. Die Göttinger Tochtergesellschaft entstand 1936, der Hauptsitz des familiengeführten Unternehmens ist 1994 nach Göttingen verlegt worden. Hergestellt werden bei Mahr unter anderem Misch- und Dosiertechnik, Steuergeräte, Messmaschinen und -rechner sowie Zahnradpumpen. Von Ulrich Meinhard