Büste von Ernst Wilhelm Arnoldi zieht von Göttingen nach Gotha

Die Göttinger Büste von Ernst Wilhelm Arnoldi hat ein neues Zuhause. Der „Vater des deutschen Versicherungswesens“ steht seit Montag in seiner Geburtsstadt Gotha – vor dem einstigen Sitz der Gothaer Lebensversicherungsbank an der Bahnhofsstraße 3a. 1958 war die Arnoldi-Büste auf einer Marmorstele in der Nähe des Haupteinganges der Gothaer Versicherungen in Göttingen an der Geismar Landstraße aufgestellt worden. Mit dem Abriss der Göttinger Firmenzentrale ab Herbst 2019 sollte auch das Arnoldi-Denkmal in der Nähe eines Teichs „entsorgt“ werden, schildert Manfred Gröner, Vorsitzender des Fördervereins „Deutsches Versicherungsmuseum E. W. Arnold“ in Gotha. Dazu hätten entsprechende Hinweise von Gothaer-Mitarbeitern den Förderverein des Deutschen Versicherungsmuseums erreicht. Mithilfe „weiterer Stellen“ in Göttingen sei es schließlich gelungen, die Freigabe des Denkmals vom jetzigen Eigentümer des Geländes zu erhalten und es in Arnoldis Geburtsstadt transportieren zu lassen, berichtet Gröner. Enthüllung am Montag in Gotha: In Gotha hat sich vor einigen Wochen dann Steinmetz Frank Ehmig der Büste angenommen und gründlich gereinigt. Ein Fundament am neuen Standort wurde gegossen. Gothaers Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) hat die Arnoldi-Büste am Montag gemeinsam mit Christoph Ritter von Weber Chrustschoff, Leiter der Abteilung Spezialversicherungen der Gothaer Allgemeine Versicherung in Göttingen, und Gunnar Skerhut, Präsident des Finanzgerichts Gotha, enthüllt. Der in Rudolstadt geborene und später in München lebende Bildhauer Max Hoene (1884-1965) hatte die Büste 1958 im Auftrag der Versicherung gestaltet. Ende der 1980er Jahre wurde das Denkmal auf das parkähnliche Gelände umgesetzt, das hinter den zahlreichen Gebäuden der Gothaer Versicherungen in Göttingen angelegt war. 200 Jahre Gothaer Versicherung: Arnoldi legte 1820 in Gotha mit der Gründung eines Schadenversicherungsunternehmens den Grundstein für die heutige Gothaer Versicherung. 1927 gründete er mit der „Gothaer Lebensversicherungsbank für Deutschland“ den ersten Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit in Deutschland als Lebensversicherer. Die Gothaer Lebensversicherung gilt als Begründer der deutschen Lebensversicherung. Beide Unternehmen hatten mit Arnoldi denselben Gründer, waren aber in Gotha durch eine Straße getrennt, auch mit verschiedenen Vorständen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Gothaer Lebensversicherungsbank 1946 von Gotha nach Göttingen verlegt worden. Das Schadenversicherungsunternehmen nach Köln. Die Gothaer Versicherung feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen. 1991 wurde der Gothaer Konzern geschaffen und so die über 150 Jahre bestehende Trennung der beiden Gothaer Unternehmen beendet, erklärt das ehemalige Göttinger Vorstandsmitglied Martin Balleer. Es wurde der Konzernsitz in Köln begründet und nur die in Göttingen angesiedelte Tochtergesellschaft der Gothaer Lebensversicherung, ein kleiner Schadenversicherer mit Namen „Gothaer Allgemeine“, nach Köln verlegt und mit dem deutlich größeren Kölner Schadenversicherer in Köln fusioniert. „Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, wurde das gesamte Management in Köln konzentriert und also die beiden Lebens-und Krankenversicherungsunternehmen nach Köln verlagert. Das erst war der wirkliche Cut, der zum Rückgang der Bedeutung der Gothaer in Göttingen führte. Nicht bereits 1991“, sagt Balleer. Zu Beginn der 1990er Jahre sei das Personal in der Spitze auf fast 1400 Mitarbeiter wegen der Wende sogar gestiegen und ein Erweiterungsbau geschaffen worden. Die Gothaer hat sich schrittweise aus Göttingen zurückgezogen, ihre Immobilien hier verkauft, 2015 die Mietverträge für mehrere Büroeinheiten verlängert. Nach dem Hauptsitz in Köln ist Göttingen mit rund 400 Mitarbeitern weiterhin die größte Niederlassung der Gothaer-Versicherung. Die Mitarbeiter in Göttingen sind vor allem in der Lebens- und Krankenversicherung tätig, aber auch im Bereich Spezialversicherungen von der Jagd bis zu Booten. Außerdem ist Göttingen Standort einer Regional- und einer Maklerdirektion. Wohnungen statt Versicherungen: Teile der ehemaligen Gothaer-Gebäude an der Geismar Landstraße weichen zurzeit einem Wohnungsbau-Projekt, bei dem 900 neue Wohnungen entstehen sollen. Der Abriss der Bürogebäude, die jahrzehntelang die Geismar Landstraße geprägt haben, hatte bereits im März begonnen. Sie weichen einem lang gezogenen, gegliederten, sechsgeschossigen Nachfolgebau, in dem künftig 600 Studenten wohnen sollen. Der Verlag „Freies Verlagshaus“ hat sich für ein Internetprojekt mit der Geschichte des Gothaer-Areals befasst. Fotos, Karten, eine Chronologie und Presseartikel sind dort zu finden. Arnoldi wurde am 21. Mai 1778 als eines von neun Kindern des Kolonialwarenhändlers Ernst Friedrich Arnoldi und seiner Frau Sabine Elisabeth in Gotha geboren. Von 1794 bis 1799 ging er bei einer angesehenen Hamburger Handelsfirma in die Lehre. Seine dort gewonnenen Erfahrungen und sein Wissen über Export und Import bildeten die Basis für sein weiteres Berufsleben. 1799 trat er ins Geschäft seines Vaters ein und wurde schließlich sein Teilhaber. 1818 gründete Arnoldi die erste deutsche Handelsschule. Die Göttinger Arnoldi-Schule trägt heute seinen Namen. 1977 stiftete die Gothaer Lebensversicherung erstmalig den Arnoldi-Preis. Seitdem wird er an Schüler verliehen, die sich „in besonderer Weise“ durch Leistung, Haltung und Gemeinschaftssinn ausgezeichnet haben. Sie erreichen den Autor unter: E-Mail: m.brakemeier@goettinger-tageblatt.de Twitter: @soulmib Von Michael Brakemeier

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