Chinas Fleischhunger bringt deutsche Wursthersteller in Bedrängnis

Obwohl die Afrikanische Schweinepest (ASP) noch nicht in Deutschland angekommen ist, verursacht sie teilweise „Existenz bedrohende Sorgen“. Betroffen sind deutsche Wursthersteller wie der Göttinger Unternehmer Frank-Walter Eisenacher. Der Grund: Nach dem Ausbruch der ASP in China kauft das Land massenweise Schweine auf dem europäischen Markt ein und treibt so die Preise in die Höhe. „Wir müssen mit unseren potenziell Existenz bedrohenden Sorgen möglichst schnell Gehör finden. Vor allem bei den Einkäufern des Handels. Wir müssen unsere Kosten decken können, um die Qualität zu halten und überleben zu können“, betont Eisenacher. Der Göttinger ist Inhaber und Geschäftsführer der Börner-Eisenacher GmbH. Sein mittelständisches Unternehmen mit 150 Angestellten und Sitz im Groner Industriegebiet produziert Wurstwaren. Mehr als 100 Millionen Schweine in China wegen ASP getötet: In China haben laut Eisenacher mehr als 100 Millionen Schweine durch die ASP ihr Leben verloren. Da die Volksrepublik der weltweit größte Verbraucher von Schweinefleisch sei, führe dies nun dazu, dass China den Weltmarkt leer kaufe. „Die Folgen sind dramatische Preissteigerungen für Schweinefleisch in Europa. Teilweise gibt es seit Jahresbeginn 2019 für einzelne Teilstücke Preissteigerungen von 300 Prozent. Bei solch exorbitant hohen Fleischpreisen ist Kostendeckung nicht erreichbar“, unterstreicht Eisenacher. Diese Preisexplosion beschere den Wurstherstellern in Deutschland nach Eisenachers Aussage rote Zahlen. In einer ohnehin margenschwachen Branche bedeute die schlichtweg eine „Existenzkrise“. ASP viel schlimmer als BSE: Wie der Göttinger Wurstwaren-Industrielle skizziert, sei die ASP die größte Tiergesundheits-Katastrophe der Geschichte. „Vor 20 Jahren ging BSE durch die Schlagzeilen. Doch verglichen mit der ASP ist das ein winziger Vorfall. Der durch die Afrikanische Schweinepest verursachte wirtschaftliche Schaden ist viel schlimmer“, sagt Eisenacher. Die auch als Rinderwahn bekannte Krankheit erlebte in den 1990er-Jahren und Anfang der 2000-Jahre ihren Höhepunkt. Die Tierseuche befällt vornehmlich Hausrinder und ist eine tödlich verlaufende Erkrankung des Gehirns. „Verheerend ist für uns Wurstwarenhersteller die Sandwich-Position“, skizziert Eisenacher. Auf der einen Seite sei die Branche in Bezug auf die Fleischversorgung auf eine Handvoll mächtiger Schlachtkonzerne angewiesen. Auf der anderen Seite bestimmten vier große Handelskonzerne die Preise. Eisenacher beschäftigt auch die weitere Verbreitung der ASP. „Es stellt sich nicht die Frage ob, sondern vielmehr wann sie in Deutschland ausbrechen wird. Was dann passiert, ist jedoch nur schwer vorherzusehen“, sagt der Göttinger Unternehmer. Der Blick in Sachen ASP-Ausbreitung richtet sich aktuell in Richtung Polen, wie Thomas Ehbrecht Ende Dezember mitteilte. Der CDU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzender der Duderstädter Jägerschaft betont: „Die Afrikanische Schweinepest breitet sich in Polen weiter aus: Die Zahl der in Grenznähe gefundenen Kadaver ist auf 59 gestiegen. Laut Friedrich-Loeffler-Institut befindet sich das Virus in Westpolen in der Phase maximalen Wachstums. Brandenburg hat nun mit dem Bau von Zäunen auf Hochwasserschutzanlagen an Oder und Neiße begonnen.“ Früherkennung eines ASP-Ausbruchs entscheidend: Nachweislich sei nicht das Schwein, sondern der Mensch für die schnelle Verschleppung des ASP-Virus verantwortlich - und zwar entlang von Transitstrecken. Die Früherkennung eines Ausbruchs sei entscheidend, um zu verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet. „Es hat sich gezeigt, dass eine schnelle und harte Maßnahme im Fall der Fälle am effektivsten ist“, betont Achim Hübner. Der Chef des Bauernverbandes Göttingen verweist dabei auf den Ausbruch und die Bekämpfung der Schweinepest in Belgien 2018/2019. Vor zwei Jahren war das Szenarium eines Schweinepest-Ausbruchs sogar schon der Grund für eine Übung gewesen. Der Ausbruch der ASP war das Szenario einer gemeinsamen Übung mit dem Landkreis Northeim. 40 Vertreter von Behörden und aus Jagd, Forst und Landwirtschaft besprachen unter der Leitung von Thomas Patzelt, Chef des Veterinäramts, wie die Zonen einzurichten sind, wie verendetes Wild gesucht und auf das Virus überprüft wird, wie die Jagd zu organisieren ist. So sollen die Tierseuche bekämpft und Hausschweine geschützt werden. Eisenacher verfolge die Meldungen über die Afrikanische Schweinegrippe dennoch genau. Ob sie nun in Deutschland ausbreche oder nicht, er gehe generell von einem weiter nachlassenden Schweinefleischverzehr aus. Die Börner-Eisenacher GmbH befindet sich seit vier Generationen in Familienbesitz. Als Geschäftsführer des 1884 gegründeten Unternehmens zeichnen Frank-Walter Eisenacher und Benjamin Krieft verantwortlich. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 150 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2018 einen Umsatz in Höhe von 36 Mio. Euro. Die Börner-Eisenacher GmbH entstand 1978 durch Übernahme der Firma Börner durch die Firma Eisenacher. Die gesamte Produktion wurde in der Produktionsstätte im Göttinger Industriegebiet in Grone zusammengefasst. Börner-Eisenacher ist der größte Biosalami-Hersteller in Deutschland. Das bekannteste Produkt ist die Göttinger Stracke. Die luftgetrocknete Mettwurst wird aufgeschnitten bundesweit vertrieben. Seit 2011 ist die Produktbezeichnung Göttinger Stracke europaweit geschützt. Börner-Eisenacher produziert heute vor allem auch Fleischwaren, die als Discounter-Handelsmarken vertrieben werden (zum Beispiel GutBio, bio-Smiley). Lesen Sie auch: Immer weniger Fleisch – auch im Landkreis? Kita streicht Schweinefleisch vom Speiseplan – und bekommt jetzt Drohungen Göttinger essen gerne Schweinefleisch Von Mark Bambey

Afrikanische Schweinepest - Chinas Fleischhunger bringt deutsche Wursthersteller in Bedrängnis