Einzelhandel in Göttingen im Corona-Lockdown: Geschäfte fordern Hilfe

Manchem Besucher der Göttinger Innenstadt mögen sie am Montag aufgefallen sein: In mehreren Schaufenstern hingen kleine Plakate mit der auf den ersten Blick großspurigen Ankündigung „Wir machen auf“ – die sich erst auf den zweiten Blick nicht als Verstoß gegen die Regeln des Corona-Lockdowns, sondern als ganz Corona-konformer Protest herausstellten. Geschäfte wie Big Lebowski und Stephanies Damenmoden beteiligten sich mit den Zetteln und Instagram-Posts an einer bundesweiten Aktion des Einzelhandels, um von der Politik ausreichende finanzielle Unterstützung zum Ausgleich ihres Umsatzverlustes zu fordern. Lesen Sie auch Region Göttingen: Einzelhandel stemmt sich gegen Online-Riesen Corona-Lockdown in Göttingen: Den Einzelhändlern drohen Insolvenzen H&M schließt Standort am Markt Corona-Krise: Diese Läden schließen in der Göttinger City Lockerungen für stationären Handel in Göttingen und Duderstadt denkbar? „Es geht so nicht weiter“, fasst Stephanie Flebbe ihre Lage zusammen. Ihr Modegeschäft an der Groner Straße besteht seit 37 Jahren – und nun droht ihm, wie so vielen anderen, das Aus. „Es kommen vielleicht 20 Prozent der Fixkosten rein“, berichtet Flebbe. Big-Lebowski-Inhaber René Mergl hat im Zuge der Aktion sogar als einer von vielen Einzelhändlern in Deutschland einen Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geschrieben. „Mit den aktuellen Hilfen zerstören Sie unsere Existenzen“, schreibt Mergl darin – und bittet dringend um konkrete Hilfen für seine Branche. Solange sie geöffnet haben durfte, sei es noch gegangen, so Flebbe – jetzt gehe aber wenig bis nichts mehr, und ein Online-Shop sei weder schnell noch kostengünstig einzurichten. Sie sei dringend auf Entschädigungszahlungen vom Staat angewiesen, erklärt Flebbe ihre Teilnahme an der Protestaktion, die von den Besitzern mehrerer Modeketten ins Leben gerufen wurde. „Wir sind keine Corona-Leugner oder Maskengegner“, stellen die Initiatoren Uwe Bernecker (Modekette Funky Staff) und Günter Nowodworski (Agentur Now Communication) in ihrem Rundschreiben an alle Einzelhändler in Deutschland auch klar. Deshalb sei die Aktion „Wir machen auf-merksam“ auch auf Plakate und Instagram-Fotos beschränkt und verzichte auf Demonstrationen oder Protest-Öffnungen. Wichtig sei, ein Zeichen zu setzen und Druck auf die Politik auszuüben: „Wir sind bereit, die angeordneten Maßnahmen zu befolgen. Jedoch nicht um jeden Preis“, heißt es im Aufruf – eine Meinung, die Menschen wie Stephanie Flebbe aus eigener Not nachdrücklich teilen. Von Tammo Kohlwes