Göttingen: Corona sorgt für Geschäftsschließungen

Die Corona-Pandemie hat dem Online-Handel zu einem immensen Aufschwung verholfen. Die Geschäfte in den Innenstädten dagegen klagen über ausbleibende Kundschaft, während der Lockdowns hielten sich viele mit Click & Collect oder Internetshops gerade so über Wasser. Einige Läden mussten ihre Türen allerdings für immer schließen – wie sieht die Situation in Göttingen nach einem Jahr Pandemie aus? Besonders stark betroffen von den Verdienstausfällen sind die großen Ketten, vor allem im Modebereich: So hat etwa H&M angekündigt, die Filiale am Marktplatz Mitte dieses Jahres zu schließen. Das zweite Geschäft an der Weender Straße 72 soll aber geöffnet bleiben. Die Entscheidung sei bereits im August getroffen worden, sagt eine Unternehmenssprecherin. Das schwedische Modeunternehmen musste im Jahr 2020 drastische Einbußen hinnehmen – der Gewinn betrug lediglich ein Zehntel von dem des Vorjahres. Deshalb würden 350 Filialen geschlossen. Modeketten stark betroffen: Bereits Geschichte sind die Bonita-Filialen in Göttingen. Das österreichische Modelabel musste im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden, knapp 200 der 600 Filialen in Europa sollen geschlossen werden, wie das Branchenblatt Texilzeitung vermeldete – darunter auch die Geschäfte an der Groner Straße und im „Kauf Park“. Beide sind zum Jahresende geschlossen worden. Und auch für die Tally-Weijl-Filiale an der Weender Straße kam das Aus bereits. Zum Ende des vergangenen Jahres hieß es vonseiten der Unternehmenskommunikation noch, man werde das Möglichste tun, um Schließungen und Entlassungen zu vermeiden – augenscheinlich vergebens. Doch warum sind es vor allem die großen Ketten, die ihre Filialen schließen müssen? Kleinere, inhabergeführte Geschäfte könnten schneller auf die Veränderungen der Corona-Verordnungen reagieren, meint Alexander Grosse, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Göttingen, dazu. Doch nicht nur das durch Corona ausbleibende Kundengeschäft, sondern auch andere Gründe haben für den derzeit hohen Leerstand in der Göttinger Innenstadt gesorgt: So musste die Gamestop-Filiale ihre Türen zusperren, da der Mietvertrag auslief. Eine Neueröffnung an einem anderen Standort in Göttingen sei nicht geplant, teilte das Unternehmen mit. Aus dem gleichen Grund schloss bereits das Schuhgeschäft Görtz. Und mit der Wulff-Filiale am Nabel schloss ein Göttinger Traditionsgeschäft ebenfalls seine Pforten, Wurstwaren gibt es nur noch im Werksverkauf. Lesen Sie auch H&M schließt Standort am Markt Tally Weijl beantragt Schutzschirmverfahren – was wird aus der Göttinger Filiale? Göttinger Fleischer Wulff hat Filiale in der Innenstadt geschlossen Göttingen: Von drei Klier-Filialen hat nur noch eine geöffnet Keine guten Aussichten: Die Aussicht für den weiteren Jahresverlauf ist relativ düster: Es sei davon auszugehen, dass sich die Geschäftsschließungen in diesem Jahr häufen werden, sagt Grosse. Er glaubt, dass es noch eines langen Atems bedürfe, um das Jahr wirtschaftlich und privat zu überstehen. „Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei“, sagt er. Wer vorher schon außer Puste gewesen sei, dem drohe nun vollends die Luft auszugehen. Kurz nach Weihnachten 2020 machte Wolfgang Tonollo dem gleichnamigen Zeitschriftenladen ein besonderes Geschenk: Das von der Schließung bedrohte Traditionsgeschäft an der Weender Straße bleibt. Trotz ausbleibender Laufkundschaft wolle man das Geschäft erhalten, sagte der Namensgeber. Ausschlaggebend sei die große Resonanz auf die angekündigte Schließung gewesen, man habe Zuschriften von weit her bekommen. Alle hätten sich dafür stark gemacht, Tonollo offen zu halten. Diesem Wunsch sei man nachgekommen. Und auch Galeria Karstadt Kaufhof bleibt in Göttingen. 47 Filialen sollen deutschlandweit geschlossen werden – die Göttinger sind nicht darunter. Karstadt Sports wird von Sportscheck weitergeführt. Ebenfalls gerettet sind die beiden Göttinger Real-Märkte. Diese bleiben geöffnet, werden aber von einer anderen Supermarktkette übernommen. Es müssten schnell vernünftige und langfristige Perspektiven für die Einzelhändler geschaffen werden, das derzeit in Göttingen genutzte Click & Meet biete lediglich eine kurze Entlastung. Sollten die Inzidenzzahlen jedoch wieder steigen, könne alles schnell wieder geschlossen werden, befürchtet er. Außerdem müssten die Corona-Hilfszahlungen nun endlich fließen. Eine langfristige Perspektive für die Geschäfte könnten Covid-19-Impfungen und Tests bieten, aber: „Das muss wesentlich schneller gehen.“ Von Tobias Christ