Göttinger Verlag Vandenhoeck & Ruprecht hat neue Geschäftsführerin

Der Göttinger Verlag Vandenhoeck & Ruprecht hat eine neue Geschäftsführerin. Ramona Weiß-Weber übernahm diese Aufgabe am 10. September. Sie tritt die Nachfolge von Carola Müller an, die künftig für die Leitung der Volkshochschule Göttingen-Osterode verantwortlich zeichnet. Ramona Weiß-Weber war bislang Geschäftsführerin der zu Vandenhoeck & Ruprecht gehörenden Druckerei Hubert & Co. Diese Aufgabe will sie auch weiterhin wahrnehmen. Die Diplom-Ingenieurin, Jahrgang 1964, ist Mutter eines erwachsenen Sohnes. „Ich freue mich auf die Übernahme dieser Aufgabe, wie ich mich noch nie auf eine Arbeit gefreut habe“, versichert Weiß-Weber im Gespräch mit dem Tageblatt. Die wichtigste Ressource seien für sie die Mitarbeiter, die sich dem Verlag verbunden fühlen und die erkennen, dass in der Verlagsarbeit neue Wege gegangen werden müssen - nicht nur wegen Corona. Verlagsprogramm prinzipiell wissenschaftlich: Der traditionsreiche Göttinger Verlag ist auf zwei Fachrichtungen, quasi zwei Programme fokussiert: einmal die Veröffentlichung rein wissenschaftlicher Texte und zweitens auf das Sachbuch, eine eher praxisorientierte Schiene. Gehören zum ersten Punkt die Geisteswissenschaften wie Geschichte und Theologie, wird mit Punkt zwei etwa Zeitgeschichte abgedeckt. Das Verlagsprogramm werde auch künftig wissenschaftlich bleiben. Es gelte, Fachliteratur zu publizieren, die speziell an Fachleute wie etwa Psychologen gerichtet ist, sagt die neue Chefin. Es soll demnächst (zweites Halbjahr 2022) aber auch eine Ratgeberreihe erscheinen, die sich direkt an den „Normal“-Leser wendet. „Im weitesten Sinne Lebenshilfe“, umreißt Weiß-Weber die Ausrichtung. Ein aktuelles Paradebeispiel dafür sei das druckfrische neue Buch „Wege aus der Angst“ des Neurobiologen und Autors populärwissenschaftlicher Literatur, Gerald Hüther. Lesen Sie auch Deutscher Buchpreis: Sechs Autoren auf der Shortlist – Gewinner liest beim Göttinger Literaturherbst Besondere Beziehung zur Universität: Nach der Gründung des Verlages versorgte Vandenhoeck & Ruprecht die im selben Jahr ins Leben gerufene Göttinger Universität im Alleingang mit wissenschaftlicher Literatur. Diese Exklusivität dürfte nicht mehr bestehen - oder? „Wir unterstützen die Uni nach wie vor, aber nicht mehr als exklusiver Lieferant. Wir sind ein Verlag für die Wissenschaft und mit Göttingen und seiner Uni verbindet uns eine besondere Geschichte“, erläutert Weiß-Weber die Beziehung. Die Corona-Pandemie habe mittelbar die Verlagsarbeit beeinflusst, allein schon, weil es aktuell kein tradiertes Präsenzsemester für Studenten gibt. „Das verändert zum Beispiel die Nutzung der Bibliothek. Für uns wird immer deutlicher: Der Trend geht hin zu kleineren Auflagen“, sagt die neue Verlagschefin. Es stehe aktuell die Frage im Raum, wie künftig gelehrt und gelernt wird. Jeder Studierende, jeder Lehrende sollte möglichst digital auf Literatur zugreifen können. „Das ist das Ziel.“ „Der Spaß an der Sache ist der Pfiff“: Das Aussetzen der Buchmessen, so wie sie bislang veranstaltet worden sind, verändere die Verlagswelt. Präsentationen, Lesungen, Vertragsverhandlungen: Alles das laufe jetzt über Streams, über digitale Termine. Weiß-Weber kam 2016 nach Göttingen. Fühlt sie sich hier wohl? „Meine Nachbarin sagt, in Göttingen lebt es sich behaglich. So sehe ich das auch“, stimmt die Frau mit sächsischen Wurzeln dieser Einschätzung zu. Und nun also Geschäftsführerin für zwei Unternehmen. Ist diese Doppelbelastung zu händeln? „Das muss man händeln. Immerhin gibt es Schnittmengen, das ist ja auch von Vorteil.“ Befragt nach einem Lebensmotto, zitiert Weiß-Weber den Philosophen Ernst Bloch: „Wir müssen in das Gelingen verliebt sein.“ Das klingt nach einer optimistischen Grundhaltung? „Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass sich gesteckte Ziele erreichen lassen. Wenn nicht heute, dann morgen. Ganz wichtig ist der Spaß an der Sache. Das ist der Pfiff.“ Der Autor ist per Email zu erreichen unter u.meinhard@goettinger-tageblatt.de. Es war im Jahr des Herrn 1735, als in Göttingen die neu gegründete Universität ihren Betrieb aufnahm. Im selben Jahr schlug die Geburtsstunde des wissenschaftlichen Verlags Vandenhoek & Ruprecht. Die dort gedruckten Publikationen gingen an Lernende und Lehrende der Hochschule, zu denen bereits damals berühmte Professoren gehörten, etwa der als Universalgelehrter geltende Albrecht von Haller. In den Jahren ab 1840 begann laut Verlagsangaben eine erste Spezialisierung auf die Gebiete Theologie, Philologie, Arzneiwissenschaft und Schulbücher. Die theologische und philologische Ausrichtung ist ab Ende des 19. Jahrhunderts systematisch ausgebaut worden. Das thematische Kerngebiet des Programms besteht in wissenschaftlicher Literatur für die Fächer Theologie und Religion, Geschichte, Altertumswissenschaft, Philosophie, Literatur- und Sprachwissenschaft. Zu gleicher Bedeutung ist das Angebot an praxisorientierter Literatur herangewachsen. Zum Verlag gehören unter anderem der Böhlau Verlag, Bonn University Press, Universitätsverlag Osnabrück und der Verlag Antike. Der holländische Buchdrucker Abraham Vandenhoeck ist Gründer des Verlags. Von Ulrich Meinhard

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