Landgasthaus Wollenweber in Lichtenhagen mit erster Ausstellung

An diesem Vatertag herrscht ein Traumwetter. Der Himmel ist tiefblau über Lichtenhagen, das frische Grün der Wälder auf den Hügeln ringsum beruhigt die Sinne. Doch Annette Wollenweber hat die Melancholie ergriffen. Ihr stets an Vatertagen geöffnetes und belebtes Landgasthaus bleibt in diesem Jahr geschlossen. Diese Leere, dieses Nichts - das sei schlimmer als der Ausfall von Weihnachten und Silvester, befindet die Gastwirtin. „Ein Herrentag ohne Gäste, ohne DJ, ohne dicht gestellte Tische - das ist schon historisch“, charakterisiert die 58-Jährige die ungewohnte Situation. Sie habe aber nicht öffnen wollen aus Sorge, die Abstandsregeln bei einem großen Andrang nicht garantieren zu können. In ein Loch sei sie mit ihrem Familienbetrieb durch die Corona-Pandemie nicht gefallen, versichert Wollenweber. Gut und besser als erwartet sei der Außer-Haus-Verkauf angenommen worden. Und der Betrieb habe schließlich mit der Landwirtschaft noch ein zweites Standbein. Schließzeiten gebe es immer wieder einmal im Jahr, wenn auch keine erzwungenen. Die eine Festangestellte des Familienbetriebes musste in Kurzarbeit geschickt werden. Für die Aushilfskräfte jedoch blieb ohne Gastbetrieb nur die Absage. Erst einmal den Maler bestellt: Die vergangenen knapp neun Wochen sind im Landgasthaus Wollenweber auf andere Weise aktiv genutzt worden. „Ich habe erstmal den Maler bestellt und alles weißen lassen“, sagt die Chefin des Hauses. Und da die Wände jetzt so blank vor sich hinstanden, kam sie mit einer befreundeten Malerin überein, dass die ihre Bilder im Gastraum aufhängen kann. „Kuhltur“ heißt die Ausstellung, die erste im Gasthaus überhaupt. Sie zeigt vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen, erschaffen hat die Bilder Karin Rübesam. Viele Stammkunden seien gleich am ersten Wochenende nach der Wiedereröffnung gekommen, freut sich Wollenweber. Wenn sie sich von der Politik etwas wünschen könnte, was wäre das? Es sei schon gut, wenn Gastronomen bei einer Mehrwertsteuer von sieben Prozent zwölf Prozent mehr Umsatz hätten. Konkret für ihr Landgasthaus, das für seine lecker zubereiteten Rippchen bekannt ist, wägt sie ab: „Man braucht die Gäste und das Personal, um sie bewirten zu können. Ob man da mit einem Gesetz sagen kann, es müssen mehr Leute aufs Land ziehen, bezweifle ich.“ Annette Wollenweber lächelt über diesen Satz. „Wir hoffen auf Vatertag 2021“: Ab Montag kann sie ihren Gastbetrieb wieder zu 100 Prozent nutzen. Gut - oder? „Wie soll das gehen mit Abstand“, fragt sie zurück. Beim Tschüss sagen holt sie tief Luft: „Das wäre der perfekte Vatertag gewesen. Aber wir hätten es nicht anders machen können.“ Mit einem halben Angebot und einem vielleicht ständigen Ermahnen, die Abstandsregeln einzuhalten, hätte man die Gäste sicher enttäuscht. Das sollte vermieden werden. „Wir hoffen auf 2021“, sagt die Wirtin und sieht vor ihrem geistigen Auge die Fahrradfahrer, Wanderer, Schlepper, Trecker, Oldtimer und Kutschen schon vor sich. „Diese bunte Mischung mit viel guter Laune - das fehlt mir.“ Lesen Sie auch: Corona-Lockerungen: Göttinger Gastronomen bereiten sich auf den Neustart am Montag vor Wegen Corona: Investitionen im Kronprinzen in Fuhrbach verschoben Roringer Gasthof Zum Drakenberg während Corona-Pause renoviert Gasthaus Lockemann in Herberhausen kommt mit blauen Auge davon Von Ulrich Meinhard

„Kuhltur“ - Landgasthaus in Lichtenhagen mit erster Ausstellung