Osterode stärken, Göttingen schließen: Miba AG baut um

Zündstoff liefert auch nach einer Woche weiterhin die Ankündigung der österreichischen Miba AG, ihren Standort in Göttingen zu schließen und im Gegenzug die Niederlassung in Osterode zu stärken. Das Industrie- und Technologieunternehmen begründet die „Neuordnung“ seiner Aktivitäten mit der Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen. Tatsächlich sollen alle rund 100 Mitarbeiter vom Standort Göttingen-Grone nach Osterode wechseln können – wenn sie wollen. Dennoch kritisieren Mitglieder des Betriebsrat die Kommunikation und den Umgang mit den Betroffenen scharf. Die Pläne der Miba AG sehen vor, mit Göttingen und Braunschweig zwei von drei Standorten der Gleitlagerproduktion in Niedersachsen zu schließen. Im Gegenzug sollen nach Unternehmensangaben am Standort Osterode – ein Standort der Zollern GmbH, mit der die Miba seit 2019 ein Joint Venture betreibt – die Kräfte vereint werden und ein „Innovationszentrum erneuerbare Energien“ entstehen. „Damit bündeln wir das Know-how für die effizientere Nutzung von nachhaltigen Energiequellen“, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Darüber seien die Mitarbeiter an den betroffenen Standorten am 2. Februar informiert worden. Einladung zum Wechsel nach Osterode – aber Kritik an der Kommunikation: Viel zu spät, kritisieren Betriebsrat und IG Metall. „Seit einem Jahr haben wir versucht, zu erfragen, wie die Pläne des Unternehmens aussehen, und haben nie Antworten bekommen“, berichtet Stefan Sawatzki, Betriebsratsvorsitzender des Standortes Göttingen. Jetzt habe das Unternehmen ganz plötzlich die Katze aus dem Sack gelassen. Keine spontane Aktion, vermutet der Betriebsrat. Auch deshalb sei die Ankündigung der Miba unverständlich – in Göttingen sei es auch während der Corona-Krise gut gelaufen, es habe keine Kurzarbeit gegeben, die Auftragsbücher seien voll gewesen. Lesen Sie auch Göttingen: IG Metall kritisiert geplante Verlagerung des Miba-Werks nach Osterode Zollern und Miba: Wirtschaftsminister Altmaier erlaubt umstrittene Fusion Diese Traditionsunternehmen in Göttingen haben geschlossen Alle Mitarbeiter am Standort Göttingen seien „eingeladen“ worden, nach Osterode zu wechseln, betont die Miba. Dem Unternehmen sei an einem „fairen und sozialverträglichen Umgang mit den Beschäftigen gelegen“ und man sei überzeugt, in Verhandlungen mit dem Betriebsrat „konstruktive Ergebnisse“ zu erreichen. Viel Zeit zur Vorbereitung bleibt nicht: Bis zum Herbst soll das Göttinger Werk nach dem Willen der Unternehmensleitung schließen. Und für die Mitarbeiter ist eine Umstellung leichter gesagt als getan: „Viele von uns sind seit Jahrzehnten im Unternehmen, haben hier ihre Familien gegründet, Häuser gebaut“, sagt Sawatzki. Entsprechend gedrückt sei nun die Stimmung im Betrieb, berichtet Betriebsratsmitglied Bogdan Doroszczyk: „Wir hatten all die Jahre sichere Arbeitsplätze, entsprechend motiviert haben wir gearbeitet.“ Diese Sicherheit fehle nun. Das Göttinger Miba-Werk ging aus dem Sartorius-Konzern hervor, zu dem es bis 2008 gehörte. 2018 übernahm die österreichische Miba AG das Werk von John Crane. Das Unternehmen ist familiengeführt und beschäftigt rund 7800 Mitarbeiter an 29 Standorten in elf Ländern. Der Umsatz der Miba AG betrug im Geschäftsjahr 2018/2019 rund 985 Millionen Euro. Vorstandsvorsitzender ist Franz-Peter Mitterbauer, der das Amt 2013 von seinem Vater Peter übernommen hat. Dessen Vater Franz Mitterbauer hatte die Miba AG 1927 in Laakirchen (Oberösterreich) als Reparatur- und Produktionsbetrieb für Motoren gegründet. Für Schlagzeilen sorgte im Januar 2019 der Plan von Miba, mit der Zollern GmbH, einem Konkurrenzunternehmen, zusammenzugehen. Dieser Plan wurde vom deutschen Bundeskartellamt zunächst untersagt. Miba und Zollern reichten daraufhin einen Antrag auf Ministererlaubnis ein, der im August 2019 von Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier (CDU) bewilligt wurde. Seit Oktober 2019 führt die Miba das Gemeinschaftsunternehmen an. Miba in Göttingen: Betriebsrat und IG Metall bereiten sich auf Verhandlungen vor: Viele Fragen seien noch ungeklärt, so Sawatzki: Wie sollen die Arbeitsbedingungen in Osterode aussehen? Wie wäre die Bezahlung? Was ist mit den verlängerten Fahrtzeiten – die für Kollegen aus Heiligenstadt oder Kassel bereits jetzt lang sind? Werden Betriebszugehörigkeitskonten übernommen? Vielleicht kommen diese Fragen noch in den anstehenden Verhandlungen zwischen Betriebsräten und Unternehmen – hoffen zumindest die Mitarbeiter und Sascha Rossmann, zuständiger Gewerkschaftssekretär der IG Metall. „Wir sind dabei, uns für die kommenden Monate aufzustellen“, kündigt er an. Welche Maßnahmen man ergreifen werde, hänge dann von der Positionierung des Arbeitgebers ab. Von Tammo Kohlwes

Osterode stärken, Göttingen schließen: Miba AG baut um - Mitarbeiter üben Kritik