Dransfeld. „Grüß Gott nach München, hier Reza“. „Servus, pauschal könnte ich 1000 Euro für die Ladung geben.“ – Das Telefon klingelt ununterbrochen. Laufend kommen Leute ins Büro, wollen wissen, wann die Container kommen, wo der Kupferpreis steht, wann die Ladung aus Stuttgart fällig ist, was die Unze Altgold bringt.
Hamid-Reza Koliaiy ist ein viel beschäftigter Mann, ein gefragter Unternehmer, ein Tausendsassa. Es stört ihn nicht die Bohne, wenn Festnetztelefon und Handy gleichzeitig bimmeln, die Sekretärin eine Antwort verlangt ebenso wie der Lkw-Fahrer, den die Zeit drückt. Reza, wie ihn alle nennen, fällt Entscheidungen in Windeseile über Einkauf, Verkauf, Investitionen und über Reparaturen in seinen Mietwohnungen.
Trotz der Turbulenzen im Büro hat der 53-Jährige keinen Stress. Arbeiten ist der gebürtige Iraner, der seit 23 Jahren mit seiner Familie in Deutschland lebt, von klein auf gewohnt. Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen hat er 1989 seine Heimat verlassen, ist nach Göttingen gekommen, weil dort drei Brüder leben.
Bei Null in Göttingen angefangen
In Göttingen hat er bei Null angefangen, als Tellerwäscher und Pizzabäcker. Harte Zeiten waren das, erinnert sich Reza, „schwere Arbeit, die Frau schwanger, Heimweh“. Während er sich die nächste Zigarette anzündet, erzählt er von den zehn Jahren, in denen er das Restaurant Vesuvio betrieb, mit Ehefrau Fereshteh Mahmudi („Die schönste Frau in der Stadt“), erinnert sich an Töchterchen Eida, die abends im Lokal schlief. Als die Familie der Gastronomie überdrüssig war, stieg Reza ins Antiquitätengeschäft ein, machte sich einen Namen, war als Gutachter tätig.
Dann, in der Finanzkrise, als keiner mehr alte Möbel und Teppiche kaufen wollte, versuchte Reza sich in der Lebensmittelbranche. „Wenn das Leben schwer wird, muss man alles können“, lautet seine Devise. Mit Granatäpfeln, süßen Zitronen, Feigen, Honigmelonen, vor allem aber mit Datteln handelte er, hat in der Fastenzeit die vitaminreichen Früchte („Mit Datteln hält der Körper den ganzen Tag durch“) in Deutschland verteilt – 30 000 Kilometer in vier Wochen. Auf Dauer auch keine Lösung für den Vater von inzwischen drei Kindern.
Sechs Monate geprüft, recherchiert, umgesehen
Ein Freund hatte die Idee mit dem Metallhandel. Reza hat sechs Monate geprüft, recherchiert, sich auf Schrottplätzen umgesehen, schließlich in Dransfeld das Gelände der Firma Ökohum (22 000 Quadratmeter) erworben. Mit Martina Hammerschmidt und Peter Spangenberg hat er den Altmetallhandel aufgebaut, hat täglich 22 Stunden gearbeitet, drei Jahre lang. 28 Kilo habe er in der Zeit verloren, stöhnt Reza und schüttelt den Kopf. Heute geht es ihm „super“. 9 Mio. Euro Umsatz macht der „Kupferkönig“ mit dem Recycling von Kupferkabeln (80% des Umsatzes) und mit dem An- und Verkauf von Altmetallen aller Art, Batterien und Katalysatoren.
Multikulti-Belegschaft
„Alles, außer Holz, Papier und Karton“, stellt er klar. 28 Mitarbeiter sind in der Firma tätig, eine Multikulti-Belegschaft – Deutsche, Russen, Kameruner, Iraner. 800 Tonnen Kabelreste werden im Monat per Hand vorsortiert. 50 Prozent der angelieferten Ware haben weniger als 40 Prozent Kupferanteil und gehen sofort Richtung China. Dort werden die Plastikanteile separiert und weiterverarbeitet. Kabelreste mit mehr als 40 Prozent Kupferanteil werden in Dransfeld geschreddert und mit Hilfe von Magneten von Eisenanteilen befreit.
Auf dem Förderband geht es in Schneidemühle und Siebanlagen. Am Ende bleibt das pure Kupfer als Granulat, Sand und Staub. Reza lässt das rote Gold durch die Finger rinnen und ist zufrieden. Und endlich hat er auch wieder Zeit für die Familie, die er gern verwöhnt und mit der er einmal im Jahr in die iranische Heimat reist. „Damit die Kinder ihre Kultur nicht verlieren“, ist ihm wichtig.