Corona-Weihnacht: Katholische Kirche im Raum Göttingen wird kreativ

Die Pandemie hat vielen liebgewordenen Traditionen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkte, gemeinsames Adventssingen und Gänseessen sind in diesem Jahr nicht drin. Mit Sorge blicken viele Menschen auf Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage, manch einer bemüht für die bevorstehende Corona-Weihnacht schon Vergleiche zur Kriegsweihnacht. Mit hohem organisatorischem Aufwand, Zusatzangeboten und kreativen Ideen will die katholische Kirche dafür sorgen, dass aus dem Freudenfest kein Trauerspiel, aus der stillen keine einsame Nacht wird. In nahezu allen Kirchorten der Dekanate Göttingen und Untereichsfeld soll es Christmetten und Weihnachtsgottesdienste geben – allerdings mit begrenzten Besucherzahlen und vorheriger Anmeldung. An einigen Orten sind auch Outdoor-Gottesdienste geplant. Keine vollen Kirchen: Das emotional bewegende Thema sei noch mit vielen Unwägbarkeiten behaftet, sagt Johannes Broemann. Der Sprecher des Bistums Hildesheim geht derzeit davon aus, dass Gottesdienste mit jeweils an die örtlichen Gegebenheiten angepassten Hygienekonzepten stattfinden können. Bereits seit Pfingsten könnten für alle Gottesdienste online Plätze gebucht werden. Je nach Entwicklung der Infektionszahlen könnten sich die Regeln aber noch ändern. „Wir haben Ostern erlebt, was es heißt, wenn man nicht feiern kann“, sagt Pastor Matthias Balz als Ansprechpartner für die Kirchengemeinden St.Cyriakus (Duderstadt), St. Georg (Nesselröden) und St. Johannes (Seulingen): „Sonst sind die Kirchen am Heiligabend proppenvoll. Das wird dieses Jahr nicht möglich sein. Im Moment sind wir froh, überhaupt Weihnachtsgottesdienste anbieten zu können.“ Die solle es in in allen 17 Kirchorten geben – mit Ausnahme Seeburgs, wo ein Küster und ehrenamtliche Ordner fehlen. Auch für andere Orte werde noch weiter nach ehrenamtlichen Helfern gesucht, die auch wegen Einhaltung der Corona-Regeln eingesetzt würden. Live-Stream aus Basilika: Telefonische Anmeldungen für den weihnachtlichen Kirchgang seien ab 14. Dezember in den Pfarrbüros möglich, aber nur jeweils eine Anmeldung für einen Gottesdienst, teilt Balz mit. Die Plätze sollen nach dem Windhundverfahren vergeben werden. In der Duderstädter Basilika St. Cyriakus ist am Heiligabend um 17 Uhr eine Familienmesse vorgesehen, um 22 Uhr dann eine Christmette, die auch im Live-Stream übertragen wird. Balz weist auf reduzierte Besucherzahlen, Hygieneregeln, Masken- und Abstandspflicht hin. In den Kirchen gibt es markierte Plätze, das Besucherlimit wird nach jeweiliger Größe des Gotteshauses festgelegt. In der Basilika seien maximal 100 Besucher möglich, Familien könnten zusammensitzen, teilt Balz mit. Für den mehr als unwahrscheinlichen Fall, dass sich nur Einzelpersonen anmelden, würde die Besucherzahl auf 50 zusammenschrumpfen. Über die Weihnachtsfeiertage werden auch Basilika-Rundgänge mit Stationen zur Weihnachtsgeschichte, Krippenbesichtigung und dem Friedenslicht aus Bethlehem angeboten. Lesen Sie auch: Weihnachten im Corona-Jahr – ein Überblick für den Raum Göttingen Corona: Was wird aus den Weihnachtsfeiern in Göttingens Unternehmen? Warum viele „nur“ an Heiligabend in die Kirche gehen Duderstädter Basilika: Altarretabel nach Restaurierung zurück an seinem Platz Virtueller Rundgang durch die Basilika in Duderstadt Wie im Dekanat Untereichsfeld sind auch im Dekanat Göttingen in allen Kirchorten Gottesdienste geplant – indoor und outdoor. Vor der Göttinger Citykirche St. Michael soll es am Heiligabend um 18 Uhr ein „Wortgottesfeuer“ geben, einen Jugendgottesdienst rund ums Lagerfeuer. Auch Streaming-Angebote von Weihnachtsmessen sind in Planung, aber noch offen. Die Pfarrgemeinde Maria Frieden in Geismar bietet am Heiligabend ein Krippenspiel am Telefon an, die Pfarrgemeinde St. Paulus eine Erlebnis-Krippenfeier vor der St.-Vinzenz-Kirche in Weende. Dort hat man sich für eine Stationskrippenfeier entschieden, an der von 16 bis 17 Uhr im Zehn-Minuten-Takt zeitversetzt jeweils zehn Familien teilnehmen können. Mehr Messen als sonst: „Wir haben Weihnachten im Visier, die Zahl der Gottesdienste wird erhöht, damit möglichst viele daran teilhaben und auswählen können“ sagt Dechant Wigbert Schwarze. Auf Dekanatsebene seien Ausschüsse gebildet, viele Gespräche mit den Pfarrern geführt worden. Vom Lagerfeuer bis zum erleuchteten Kirchenfenster in St. Godehard, vom Telefon- bis zum Hausgottesdienst würden die Kirchorte alles Mögliche versuchen, damit das Weihnachtsfest auch unter Corona-Bedingungen menschlich bleibe und Hoffnungszeichen aussende: „Soviel Kreativität habe ich selten erlebt.“ Kreativität beweisen auch die Kirchorte im Raum Gieboldehausen, nur Online-Streaming wird es dort nicht geben. „Wir haben alles abgedeckt, bieten am Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen mehr Messen als sonst an“, sagt Pfarrer Matthias Kaminski aus Gieboldehausen. In den größeren Kirchorten wie Rhumspringe und Bilshausen werde es zwei Messen geben, in anderen Orten wie in Renshausen auch Gottesdienste im Freien, in Bodensee am Heiligabend-Nachmittag einen Familiengottesdienst in einer Scheune. Nähere Informationen soll es in den aktuellen Pfarrbriefen und den Internet-Seiten der Kirchengemeinden geben. Hoher Organisationsaufwand: Die Organisation des schon immer mit hohem Personalaufwand verbundenen Weihnachtsfestes sei mit einem „Mordsaufwand“ verbunden und ohne den Einsatz ehrenamtlicher Helfer nicht machbar, merkt Kaminski an: „Vieles ist zu klären und zu organisieren – von der Herrichtung der Kirchen über Lüftung und Hygiene-Teams bis zum Organisten.“ Großen Respekt hat Kaminski „vor allen, die sich einbringen und engagieren, obwohl sie ja auch mit ihren Familien Weihnachten feiern wollen“. Zumeist seien es immer die gleichen, die viel Zeit opfern würden, um anderen eine Freude zu bereiten. In Weihnachten unter Corona-Bedingungen sieht Kaminski auch „eine Chance, über Vertrautes hinaus über den Sinn von Weihnachten nachzudenken und den Glauben neu zu entdecken“. Auch die Geburt Christi sei unter besonderen Umständen am Rande der Gesellschaft geschehen. Manche Freikirchen haben sich in diesem Jahr bei Gottesdiensten unzureichend gegen die Pandemie gewappnet und haben so zur Ausbreitung des Corona-Virus beigetragen. Die katholische Kirche geht schon seit Monaten auf Nummer Sicher – mit Hygienekonzepten, Abstand, Anmeldungen und Besucherbegrenzung. Das ist auch Weihnachten so, der Platz in den Kirchen wird trotz Erhöhung der Zahl der Messen aber nicht für alle ausreichen, einige Menschen den Kirchgang scheuen. Für sie hat die Bischofskonferenz eine Alternative ersonnen, die an die Hausgottesdienste der Amischen erinnert. Ein Flyer, der in einer Auflage von einer halben Million Exemplare gedruckt und auch zum Download im Netz bereitgestellt werden soll, enthält Instruktionen für eine „Hausliturgie“. Dazu gehören das Weihnachtsevangelium, Weihnachtslieder und Gebete. „Weihnachten findet statt – in welcher Form auch immer“, versichert Bischofskonferenzsprecher Matthias Kopp. ku Von Kuno Mahnkopf