Niedersachsen: Schülerrat und Elternrat zweifeln faire Abi-Durchführung an

Als folgerichtig bezeichnet der Landesschülerrat Niedersachsen, der aus einer Interessenvertretug der niedersächsischen Schülerinnen und Schüler besteht, die von Bund und Ländern getroffene Entscheidung, die Schulen am Montag, 27. April, für die Abschlussjahrgänge zu öffnen. Denn es sei von essenzieller Wichtigkeit, sich angemessen auf die Prüfungen vorbereiten zu können, heißt es in der Mitteilung. Dies sei bislang nicht der Fall gewesen. Damit der Wiedereinstieg in den Schulalltag weiter gelingen, sei ein gemeinsamer Austausch mit den Beteiligten des Schullebens nötig. „Trotz zwei Wochen Vorbereitungszeit aufs Abitur gibt es Faktoren, die man nicht ausblenden oder bewältigen kann. Wir bezweifeln, dass eine wirklich faire Durchführung des Abiturs und anderer Abschlüsse möglich ist, respektieren jedoch die getroffenen Entscheidungen im Sinne eines bundesweiten Vorgehens“, sagt Florian Reetz, Vorsitzender des Landesschülerrates. Technischen Voraussetzungen schaffen: Bereits am Mittwoch, 22. April, soll es mit dem Lernen in den heimischen Wänden losgehen. Bis dahin müssen dringend flächendeckend die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, fordert die Interessenvertretung. Eine Benotung des digitalen Lernens wird aber vom Landesschülerrat weiter sehr kritisch gesehen. Das Vermitteln neuer Konzepte und Methoden sei digital wesentlich schwieriger, als wenn man im normalen Schulalltag einen direkten Gegenüber habe, dies hätten Erfahrungen gezeigt. Digitaler Unterricht könne die Folgen des Ausfalls höchstens mildern, aber niemals ersetzen. „Das Abwechseln von schulischem und digitalem Unterricht ist ein guter Ansatz und muss nun noch mit einem starken pädagogischen Konzept versehen werden", äußerte sich Ole Moszczynski, Vorstand des Landesschülerrates. Dabei müsse es für Schülerinnen und Schüler, die weiterhin nicht die Möglichkeit hätten, am Unterricht teilzunehmen, entgegenkommende und großzügige Einzelfalllösungen geben. Guter Anfang: „Die Entscheidung, den Risikogruppen die Möglichkeit zu bieten, zu Hause zu bleiben, ist hier ein guter Anfang. Jedoch muss zeitnah geschaut werden, wie sich dies auf die Unterrichtung auswirkt. Eine Benachteiligung der betroffenen Schülerinnen und Schüler muss ausgeschlossen werden", sagt Celina Kruithof, stellvertretende Vorsitzende des Landesschülerrates. Eine Eingewöhnungsphase müsse den Schülerinnen und Schülern zugestanden werden, die nun schrittweise wieder in den Unterricht einstiegen. Der Unterricht unter den strengen Hygieneschutzauflagen sei entsprechend belastend. Nicht aus dem Blick verloren werden dürfe auch das Kurssystem. Bei einer Aufteilung sei es wichtig festzustellen, ob und wie bei eventuellen Freistunden der Aufenthalt an den jeweiligen Schulen möglich ist. Die Bereitstellung von Räumen mit einer Internetverbindung wäre nach Ansicht des Landesschülerrates ein wichtiger Schritt. Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Landeselternratsvorsitzende Heine äußert sich: „Für und Wider der Abschlussprüfungen in der Corona-Pandemie ?“ titelt der Landeselternrat Niedersachsen in seiner Mitteilung. Darin schreibt die Vorsitzende Cindy-Patricia Heine: „Im Kern wurden drei Wochen Schule bisher versäumt. Allerdings wurden auch die Prüfungen um 14 Tage verschoben, damit geht es also im Resultat um einen Zeitverlust von einer Woche. Schülerinnen und Schüler, die in der Vorbereitungszeit auf ihre Abschlussprüfungen erkranken, müssen diese versäumten Unterrichtsinhalte auch nacharbeiten und ihre Prüfung ablegen. Das ist also grundsätzlich zumutbar und zu bewältigen. Es entfällt die bisher gemeinschaftliche Vorbereitung des Lernens miteinander. Das wäre durch verschiedene Wege digitalen Austausches kompensierbar. Ab dem 27.04 beginnt die schrittweise Wiederaufnahme des Unterrichts, mit der Beschulung der Schülerinnen und Schüler, die vor den Abschlussprüfungen stehen. Erst nach zwei Wochen folgen die nächsten Jahrgänge. So wäre denkbar, dass die Schulen die Prüflinge in Kleingruppen intensiv vorbereiten – im Idealfall unter Einbeziehung des gesamten Kollegiums.“ Umsetzung abwarten: Abgewartet müssen ihrer Meinung nach die Umsetzung der notwendigen Hygienevorschriften. „Auch wenn wir davon ausgehen, dass diese umgesetzt werden können, besteht die Gefahr, das einzelne Schulen, aufgrund möglicher Infektionen in der Schüler- oder Lehrerschaft, unter Quarantäne gestellt werden. Damit wäre eine entsprechend vergleichbare Vorbereitung und die Durchführung der Abschlussprüfungen für die betreffende Schülerschaft nicht mehr möglich.“ Sollte dieser Fall tatsächlich eintreten, dann sollte eine weitere Verlegung der Prüfungen und eine Verschiebung der Termine und Zeitpläne zur Immatrikulation nicht ausgeschlossen werden. Unkritischer sieht sie eine Verlegung der Prüfungstermine. „Wir wollen darauf vertrauen, dass das Kultusministerium in dieser Frage seine Entscheidungen sorgfältig abwägt und eine gute Lösung für die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen findet“, hofft Heine. Notwendigkeit wird hinterfragt: Sie hinterfragt die Notwendigkeit von Abschlussprüfungen in der gegenwärtigen Situation vor dem Hintergrund, dass beispielsweise Schülerinnen und Schüler mit Familienmitgliedern im Haushalt leben, die zu den Risikogruppen zählen oder vielleicht selbst dazu gehören. „Ist es unter Beachtung der Bildungsgerechtigkeit und Vergleichbarkeit der erworbenen Abschlüsse überhaupt zulässig, Abschlussprüfungen durchzuführen?“, hinterfragt die LER-Vorsitzende kritisch. „Bei Schülerinnen und Schülern, die derzeit nicht vor den Abschlussprüfungen stehen, kann die Einhaltung curricularer Vorgaben unter den derzeitigen Umständen nicht erwartet werden. Zu Beginn eines jeden Schuljahres findet stets die Wiederholung und Vertiefung des bisher Erlernten statt. Das ergibt sich auch aus dem Spiral-Curricular unseres Schulsystems“, verdeutlicht Heine. Heine ruft zur Gelassenheit auf: Sie ruft weiter zur Gelassenheit auf. Ihrer Ansicht nach besteht trotz Corona-Krise weiter die Möglichkeit, Wissen zu vermitteln, auch wenn das derzeit in der geplanten Umsetzung des „Homeschooling“ noch nicht perfekt beziehungsweise vorerst nur mit Einschränkungen möglich sei. „Unter genau diesen Gesichtspunkten sollten wir eine offene Gestaltung des Lernens bis zu den Sommerferien in Betracht ziehen, fernab von den am Lehrplan festgelegten Vorgaben. Die pandemische Krise, in der wir uns befinden, offenbart, was schon seit Jahren bekannt ist: Die massiven Defizite im Bereich des digitalen Lernens. Nutzen wir die nun beginnenden Lernerfahrungen nachhaltig für einen digitalen Herbst“, appelliert Heine abschließend. 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Angemessene Vorbereitung - Landesschülerrat Niedersachsen zweifelt faire Durchführung des Abiturs an