Sandra Sohnrey hat mehr als 60 alternative Präparate in ihrer Hausapotheke, so genannte Compositae oder auch Komplexmittel für die Tiere, Globuli für die Familie. Komplexmittel sind in der Tiermedizin zugelassen, sie enthalten, im Gegensatz zu den meisten Globuli, nachweislich Wirkstoffe. Pulsatilla, Echinacea, Arnika: welches Mittel gegen oder für was eingesetzt wird ist gar nicht so einfach.
"Das wichtigste in der Homöopathie ist, die Tiere ganz genau zu beobachten", erklärt Sohnrey. Um herauszufinden, wo das gesundheitliche Problem liegt, und vor allem, wo es seine Ursache hat, brauche man viel Zeit. "Zum Beispiel eine Euterentzündung, die ist ja meist nur die Spitze des Eisbergs, also das Symptom", sagt die Landwirtin.
Herauszufinden, was die Kuh krank gemacht hat, ist ihr Ziel. Denn: Wer seine Kühe gut beobachtet, kann laut Sohnrey schon frühzeitig herausfinden, dass es ihm nicht gut geht. Oft kann dann mit einer pflanzlichen Behandlung schlimmeres verhindert werden.
"Eine Euterentzündung kann sehr hartnäckig sein"
Wenn das einmal nicht gelingt, rufen die Sohnreys den Tierarzt und greifen auf konvenetionelle Therapien zurück. "Eine Euterentzündung kann sehr hartnäckig sein", sagt sie. Um den auslösenden Keim zu besiegen, muss es eben manchmal doch Antibiotika ins Tier.
Oft aber gelingt es der Landwirtin, bereits im Vorfeld zu verhindern, dass eines ihrer Rinder schwer krank wird. "Ich gucke ganz genau, ist das Futter das Probem, die Umgebung, irgendetwas anderes", sagt sie. Finde man das grundlegende Problem nicht, komme die Krankheit immer wieder.
Als Beispiel ennt sie einen kleinen Bullen, der trozu aller Bemühungen zu mickrig blieb und nicht richtig wachsen wollte. Das Tier, so fand sie heraus, kam mit seiner Artgenossen-Gruppe nicht klar, als er in ein andere versetzt wurde, gedieh er prächtig.
"Je entspannter der Stall, desto gesünder die Kühe"
"Wenn die Tiere Stress haben, geht das auf die Leistung", sagt auch Sandras Mann Volker. Im Stall der Sohnreys gibt es 100 Liegeflächen für 100 Kühe. "Je entspannter der Stall, desto gesünder die Kühe", sagt Volker Sohnrey. Und das heißt, sie geben auch mehr Milch.
Ihre ersten Erfolge hatte Sandra Sohnrey, nachdem sie ihren beiden Kinder homöopatisch behandelt und eine Mittelohrentzündung erfolgreich bekämpft hatte. Der erste Versuch im Stall: Kälber, die unter massiven Blähungen litten. Bei Rindern kann das zu schweren Koliken und zum Tod führen.
"Zwei Kälber hatten wir trotz Tierarzt bereits dadurch verloren", erzählt Sandar Sohnrey. "Mit Homöopathie habe ich dann einen durchschlagenden Erfolg erzielt", sagt sie, die beiden Kälber überlebten. Eine solche alternative Behandlung und viel Pflege bedeute aber auch, den ganzen Tag im Stall zu bleiben und immer wieder zu beobachten, wie die Kälber reagieren. Wenn ein Mittel nicht weiter hilft, muss man es wechseln.
"Damit der Nabel besser abheilt"
Um die richtige Pflanze gegen das richtige Leiden zu finden, wälzen die Sohnreys Bücher wie das "Homöopathische Repititorium". Im Stall der Sohnreys steht auch eine Kuh, derren Fruchtblase bereits geplatzt ist. Sie wird noch an diesem Tag ihr erstes Kalb bekommen und Arnika - "zur Stärkung, und damit der Nabel besser abheilt".
Generell möchten die Sohnreys "das Tier so früh wie möglich kriegen". Sandra Sohnrey: "Wenn der Fuß erst dick und geschwollen ist, helfen Quark und Tonerde nicht mehr". So früh wie möglich intervenieren, ausprobieren was hilft. "Bei Krankheiten, die schlagartig kommen, müssen wir zu konventionellen Mitteln greifen", so Sohnrey. Sie möchte, dass es Ihren Tieren gut geht. Denn: "Unsere Kühe sind unsere Haustiere".
Interview mit Prof. Betram Brenig: Pflanzenheilkunde wirkt, Homöopathie "zweifelhaft"
Homöopathie und pflanzliche Medikamente werden oft in einen Topf geworfen, doch der Unterschied ist immens. Die Wirkung homöopathischer Mittel ist wissenschaftlich nicht erwiesen - im Gegensatz zu der der Heilpflanzen. Bertram Brenig, Professor am Zentrum für Molekulare Biowissenschaften und Vorstand des Tierärztlichen Institutes erklärt, was wirklich wirkt. |
Kammer organisiert Seminare
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Northeim bietet derzeit ein Seminar zum Thema "Naturheilverfahren in der Rindviehhaltung" an. "Noch sind es wenige Viehhalter, die alternative Heilmethoden im Stall einsetzen", sagt Jörg Küste von der Kammer. "Der Großteil der elf Teilnehmer an dem Seminar sind Landwirtinnen aus Südniedersachsen", sagt er. "Viele von ihnen haben bereits gute Erfahrungen mit Homöopathie bei ihren Kindern gemacht", sagt Küster. Als erstes werden alternative Heilmethoden dann bei den Kälbern ausprobiert. Seit zehn Jahren biete die Kammer immer einmal Veranstaltungen zum Thema an. Noch, so Küster, ist ein kleiner Kreis von Bauern, der damit arbeitet. Aber: "Das Interesse steigt".
Foto: Hartwig