DIY und Geschlechterunterschiede

Heimwerken: Warum Frauen strukturierter vorgehen und Männer dem Akkuschrauber einiges abverlangen

Akkubohrer mit bürstenlosem Motor haben sich im Test als haltbarer und effizienter erwiesen.

Selbst ist die Frau: Heimwerkerarbeiten sind schon lange nicht mehr nur in Männerhand. Mit Leihmaschinen lassen sich etwaige physische Nachteile bei Frauen ausgleichen.

Sie ist die Letzte ihrer Art: Kerstin Weiser wurde 2016 zur Miss-Do-it-yourself gekürt. „Ich hatte Kurse bei der DIY Academy belegt und wurde angesprochen, ob ich mich dem Contest stellen möchte“, erzählt die 32-Jährige. Aus Neugierde machte sie mit und setzte sich mit ihrem handwerklichen Geschick unter vielen anderen Bewerberinnen durch. Seither ist sie als Botschafterin für das Thema Frauen und Heimwerken im Einsatz, beantwortet Presseanfragen und nimmt Auftritte auf Messen wahr. „Ich wollte Frauen ermutigen, selbst aktiv zu werden“, sagt sie.

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14 Jahre lang hatte die DIY Academy eine Miss-Do-it-yourself-Wahl durchgeführt. Damals sei es darum gegangen, mit dem Klischee, dass nur Männer gut heimwerken können, aufzuräumen, erläutert Kerstin Schmitz-Mohr, Vorstand der DIY Academy AG. „Die Gesellschaft hat sich aber geändert, das gezielte Fördern von Frauen ist nicht mehr notwendig“, sagt sie. Deshalb wurde der Contest vor sieben Jahren eingestellt.

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Interesse an speziellen Frauenkursen nicht mehr so hoch

Inzwischen zählen Baumärkte fast genauso viele Kundinnen wie Kunden. Auch die dort angebotenen Heimwerkenkurse verzeichnen viele Teilnehmerinnen. Zwar würden noch reine Frauenkurse angeboten, ihre Zahl sei aber seit Jahren rückläufig, berichtet Schmitz-Mohr: „2016 richteten sich noch rund 20 Prozent der Kurse ausschließlich an Frauen, aktuell ist es noch etwa jeder Zehnte. Das Interesse ist nicht mehr so groß und eine Trennung meist nicht mehr gewünscht.“ Für Frauen sei es auch nicht von Bedeutung, ob die Kursleitung weiblich oder männlich ist.

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Das ist die DIY Academy

Ihr Vorläufer wurde 1988 als Deutsche Heimwerker Akademie gegründet. 2002 erfolge die Umbenennung. Die DIY Academy bildet bundesweit kreative Selbermacher, Heimwerker und Hobbygärtner aus – in der Regel in Kooperation mit Baumärkten. Die Kursleiterinnen und Kursleiter besitzen in ihrem Handwerk viel Erfahrung und Know-how. In den Kursen geht es um die Vermittlung von Wissen in Theorie und Praxis, sie richten sich sowohl an Einsteiger als auch Fortgeschrittene. Auf der Website www.diy-academy.eu finden sich Onlineangebote, nützliche Tipps sowie Anleitungen und Anregungen für neue Do-it-yourself-Projekte.

Früher hingegen hatten viele Teilnehmerinnen Sorge, dass ihnen die Männer das Werkzeug aus der Hand nehmen. Außerdem hatten sie Angst davor, sich mit vermeintlich dummen Fragen zu blamieren. Das spiele heute kaum eine Rolle, sagt Schmitz-Mohr. Dennoch seien reine Frauenkurse noch immer sinnvoll, damit die eine oder andere Teilnehmerin die letzte Hürde nehmen könne, in das Thema Heimwerken hineinzukommen. Außerdem gebe es feste Frauengruppen wie die Landfrauen in Norddeutschland, die unter sich bleiben möchten und eigene Kurse buchten. Das Gleiche gelte für Männer, die beispielsweise im Baumarkt ihren Junggesellenabschied feierten.

Heimwerkende Frauen sind alles andere als exotisch

Auch Weiser sieht eine gesellschaftliche Veränderung: „Dass Frauen heimwerken, ist zwar noch nicht völlig selbstverständlich, aber auch nicht mehr exotisch.“ Für sie selbst war handwerkliches Arbeiten immer Teil ihres Lebens. Als Kind besuchte sie oft die Werkstatt ihres Großvaters, der als Stellmacher arbeitete. „Dort durfte ich alles ausprobieren“, berichtet sie. Später zog sie in dessen Wohnhaus ein und renovierte es von Grund auf – zusammen mit ihrem Lebensgefährten. Ob Fliesen verlegen, Wände verputzen oder Böden aufbereiten: Viele Arbeiten übernahm sie selbst. Ihr Know-how sei stets gewachsen, erzählt sie. Lediglich von Elektro- und Sanitärarbeiten habe sie die Finger gelassen.

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Heimwerken ist für Kerstin Weiser ein willkommener Ausgleich zum eher kopflastigen Beruf. „Ich sehe sofort, was ich geschafft habe“, freut sie sich. Außerdem könne sie unmittelbar aus Fehlern lernen. Hinzu kommt: Zu allem, was sie selbst gemacht hat, kann sie eine kleine Geschichte erzählen. In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis kennt sie viele Frauen und Männer, die gemeinsam Häuser renovieren oder Eigenleistungen beim Bau erbringen. „Das erste Mal, dass ich wahrgenommen habe, dass die Geschlechtergrenzen verschwimmen, war, als der Palettenmöbeltrend aufkam“, sagt Weiser. „Das war ein tolles Projekt für Paare.“

Männer setzen manchmal zu viel Kraft ein

Es sei eine neue Heimwerkengeneration herangewachsen, hat auch Schmitz-Mohr beobachtet. Das Publikum in den Kursen sei deutlich jünger geworden und in der Regel zwischen Mitte 20 und Ende 30 Jahre alt. Diese Generation besitze zwar vergleichsweise wenig Vorwissen, zeige aber ein verstärktes Interesse am Selbermachen. Dazu trugen nicht zuletzt die Corona-Pandemie, Themen wie Nachhaltigkeit und Trends wie Upcycling bei. Große Nachfrage besteht derzeit unter anderem nach Kursen, die vermitteln, wie kleine Reparaturen im Haushalt durchgeführt werden können.

Eine Erleichterung beim Heimwerken stelle die Vielzahl an Maschinen dar, die mittlerweile ausgeliehen werden könnten, sagt Weiser. Damit können Frauen meist vorhandene physische Nachteile im Vergleich zu Männern ausgleichen. Allerdings beobachtet sie immer wieder eine andere Umgangsweise der Geschlechter mit den Geräten: „Männer setzen manchmal zu viel Kraft ein, sie tun dem Akkuschrauber regelrecht weh.“

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Frauen gehen strukturierter an Projekte heran

Das ist aber nicht der einzige Unterschied beim Heimwerken zwischen den Geschlechtern. Beim Thema Garten zum Beispiel interessierten sich Frauen eher für Pflanzen und das Anlegen von Hochbeeten, sagt Schmitz-Mohr. Männer hingegen fokussieren sich auf technische Geräte wie Rasenmäher und Arbeiten wie den Bau von Terrassen.

Doch ganz gleich, um welche Tätigkeit es sich handelt, in einem Punkt scheint der Unterschied zwischen dem X- und dem Y-Chromosom eine grundsätzliche Rolle zu spielen – nämlich in der Art, wie ein Projekt oder eine Arbeit angegangen wird: „Wenn Möbel aufgebaut werden müssen, legen Männer sofort los, Frauen lesen erst die Beschreibung“, sagt Schmitz-Mohr. Die Folge: Männer sind zwar schneller fertig, aber ihnen unterlaufen mehr Fehler, die Nacharbeiten erfordern. So bleiben bei ihnen sonderbarerweise am Ende oft Schrauben übrig.

„Männer trauen sich grundsätzlich mehr zu“, meint auch Weiser. „Sie müssen der Erwartungshaltung gerecht werden, dass sie das schon können.“ Frauen hingegen hätten ein wenig mehr Respekt vor der Aufgabe, machten sich deshalb viele Gedanken und gingen planvoller vor. „Hinkriegen tun es am Ende beide, aber der Weg ist ein anderer“, bringt Schmitz-Mohr es auf den Punkt.

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