Warum wir uns buchstäblich tot arbeiten können – und wie wir das verhindern
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Im Dauerstress: Wer im Burn-on-Modus lebt, hetzt von Aufgabe zu Aufgabe durch den Tag.
© Quelle: Luis Villasmil/Unsplash
Viele von uns, gerade wenn sie berufstätig sind, hetzen ohne Pausen durch den Tag, wollen möglichst viel schaffen und stehen ständig unter Druck. Das Problem: Ohne ausreichende Erholung kann der Dauerstress schwerwiegende Folgen haben. Kopfschmerzen, Schwindel, Herzrasen, Panikattacken gehören zu den häufigsten Beschwerden, die durch permanente Anspannung entstehen. Die Lösung: ein besseres Selbstmanagement.
Burn-on ist die Vorstufe zum Burn-out und beschreibt den Zustand chronischer Dauererschöpfung. Das bedeutet, dass man sich so lange durch eine Phase der Daueranspannung quält, dass man sich mehr oder weniger daran gewöhnt. Die Erschöpfung wird sozusagen verschleppt. Ein Phänomen, an dem in Deutschland mittlerweile mindestens 30 Prozent der Bevölkerung leiden. Die Gründe für den Burn-on-Zustand sind häufig Leistungsdruck, ein überhöhter Perfektionsanspruch sowie der Wunsch nach Erfolg und Anerkennung – Werte, die in unserer Gesellschaft extrem wichtig sind. Gepaart mit der ständigen Verfügbarkeit, der wir dank Smartphone, Internet und Co. ausgesetzt sind, ist es uns kaum möglich, abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Wir brennen einfach immer weiter.
Todesursache: Stress
Auf diese Weise laufen wir Gefahr, unserem eigenen Leistungsperfektionismus zum Opfer zu fallen und uns buchstäblich tot zu arbeiten. Für dieses Phänomen gibt es in Japan einen offiziellen Begriff: Karoshi. Damit bezeichnet man einen plötzlichen berufsbezogenen Tod. Todesursache ist meist ein durch Stress ausgelöster Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Besonders gefährdet sind Menschen, die fremdgesteuert durch den Tag hetzen. Sie befinden sich in einem permanenten Burn-on-Zustand, der nicht behandelt, sondern einfach ignoriert beziehungsweise narkotisiert wird. Zum Beispiel durch übermäßigen Alkohol- oder Koffeinkonsum, Streamingdienste. Das Resultat: Irgendwann geht gar nichts mehr. Dann folgt das Burn-out oder – wie mancherorts bereits in Japan zu sehen ist – Karoshi.
Dem Burn-on entkommen
Wer seine Zeit bewusst plant und selbstbestimmt, statt fremdgesteuert durch den Tag geht, kann der Burn-on-Falle entkommen. Dazu hilft es, den Tag in verschiedene Blöcke einzuteilen. Eine Phase gilt der Produktivität, in der wir fokussiert ohne Ablenkung und Multitasking an einer Sache arbeiten. Eine weitere Phase widmen wir der Entspannung und Erholung. Wer sich zum Beispiel eine ausgiebige Mittagspause ohne elektrische Geräte, dafür aber mit einem gesunden, nährstoffreichen Mittagessen, einem kleinen Nickerchen oder einem Spaziergang gönnt, macht schon vieles richtig.
Einsicht ist der erste Weg zur Besserung: Wer erkennt, dass er sich in einem permanenten Stresszustand befindet und unter diesem leidet, hat bereits den Grundstein für Veränderung gelegt. Jetzt heißt es: beobachten und nach und nach alle ungesunden Verhaltensmuster ausmerzen. Oft hilft es auch, den Gründen für den überhöhten Leistungs- und Perfektionsanspruch auf den Grund zu gehen. Eine Gesprächstherapie kann Klarheit bringen.
Da das Burn-on-Syndrom häufig schon seit vielen Jahren besteht, müssen Betroffene erst einmal wieder lernen, herunterzukommen und zu entschleunigen. Entspannungstechniken wie Yoga, Pilates oder auch Meditation können dabei helfen.
Nadine Nentwig arbeitet als Texterin, Bloggerin und Redakteurin. Ihre Erfahrungen hat sie in dem Ratgeber „Kluge Frauen scheitern anders“ verarbeitet.
In der Kolumne „Auf der Couch“ schreiben wechselnde Expertinnen und Experten zu den Themen Partnerschaft, Achtsamkeit, Karriere und Gesundheit.